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Stadtamt Bregenz: Skandal oder Ritsch im Recht?

Heftiger Gegenwind für Michael Ritsch und seine Personalentscheidungen im Bregenzer Rathaus.
Heftiger Gegenwind für Michael Ritsch und seine Personalentscheidungen im Bregenzer Rathaus. ©Paulitsch, Todorovic, Steurer, Schramm, Hartinger
Joachim Mangard (VOL.AT) joachim.mangard@russmedia.com
Die Personalentscheidungen von Neo-Bürgermeister Michael Ritsch stoßen in der Landeshauptstadt sauer auf. "Golden Handshake" für Stadtamtsdirektor Feurstein unter 120.000 Euro, Neos bringen Amtsbeschwerde gegen Ritsch ein.

Weißer Rauch in Bregenz? Wohl eher getrübte Nebelschwaden. Nachdem die Neue am Sonntag von der einvernehmlichen Einigung des scheidenden Stadtamtsdirektors Klaus Feurstein berichtet hat, gehen die Wogen hoch. Neo-Bürgermeister Michael Ritsch steht der Kritik gelassen gegenüber: "Ich erbe ein Amt und natürlich auch städtische Strukturen. Auf meiner Agenda steht ein Umbau dieser Strukturen, mehr in Richtung Bürger- oder Kultur-Service-Bereich. Natürlich gibt es auch Menschen, die diesen Weg nicht mitgehen wollen. Mit Klaus Feurstein haben wir aber eine beidseitig einvernehmliche Lösung gefunden. Und hier sprechen wir nicht von den gemutmaßten 400.000 Euro 'Ablöse'. Darüber herrscht auch zum Schutz gegenüber der langjährigen Führungskraft eine Schweigevereinbarung. Nur soviel sei verraten: Als Bürgermeister kann ich aktuell selbst über eine Summe von 120.000 Euro verfügen, ohne dass es durch Stadtvertretung oder Stadtrat muss. Weit entfernt also von der bereits angesprochenen Summe." Zunächst stand nämlich eine Summe von bis zu 400.000 Euro im Raum, da der Posten in die höchstmögliche Gehaltsstufe des Gemeindeangestelltengesetzes fällt.

"Ritschs Interpretation der Covid-Verordnung ist ein Armutszeugnis"

Trotzdem stößt der Personalentscheid auf heftige Kritik. Veronika Marte von der Bregenzer ÖVP lässt an der Vorgehensweise kein gutes Haar: "Nach der Ausschreibung und Bestellung von Florian Bachmayr-Heyda werden wir natürlich alles daran setzen, eine konstruktive Zusammenarbeit zu gewährleisten. Trotzdem bleibt unsererseits der Vorwurf stehen, dass der neue Bürgermeister mit Klaus Feurstein eine hervorragende und kompetente Führungskraft um jeden Preis loswerden wollte." Besonders die Auslegung der Covid-Verordnung des Landes, die dem Bürgermeister in Krisenzeiten mehr Entscheidungskompetenz ermöglicht, verurteilt Marte: "Dass dies durch eine eigenwillige Interpretation der Covid-Verordnung und der damit einhergehenden alleinigen Kompetenz des Bürgermeisters in Sachen Personalentscheidung einhergeht, ist ein Armutszeugnis. Aber man hat dieses Verhalten ja bereits in der Kultur- und Personal-Abteilung gesehen. Von der Stelle des Stadtplaners ganz zu schweigen. Wir hoffen nur, dass nicht weitere Mitarbeiter des Rathauses um ihren Job fürchten müssen."

Neos: Amtsbeschwerde gegen Ritsch

Einen Schritt weiter gehen die Neos, die gegen das Vorgehen des neuen Bürgermeisters juristische Schritte prüfen. Rechtsanwalt Dr. Wilfried Ludwig Weh hat auf der Bezirkshauptmannschaft Amtsbeschwerde gegen Michael Ritsch eingebracht. Kritisiert werden u.a. die eigenständigen, ohne vom Stadtrat legitimierten, Personalentscheidungen, Befangenheit und Fraktionsstellung von Kleinparteien. Neos-Stadtvertreter Alexander Moosbrugger findet deutliche Worte: "Der völlig unnötige und rechtswidrige Wechsel eines wieder bestellten Stadtamtsdirektors, der seine Aufgaben gut erledigt, und Rückhalt in der aktuellen Belegschaft hat, ist abzulehnen. Es zeichnet sich bereits jetzt ab, dass der Steuerzahler für die Hunderttausende von Euro, die dieser Vorgang kostet, nichts bekommt. Das Personal-Geschacher in der Strukturreform-Verpackung erweist sich bereits als teures Experiment. Das Ritsch bei 39 Infizierten in Bregenz die Covid-Notverordnung bemüht, um den Vorgang zu legitimieren und die zuständigen Gremien zu umgehen, zeigt deutlich, wie groß der Wille zur Zusammenarbeit ist. Ich hoffe sehr, dass nach der Klärung der Rechtsfragen durch die Gemeindeaufsicht in diesem Fall konstruktiv und vorwärts gerichtet an der Entwicklung von Bregenz weitergearbeitet werden kann." 

Weniger kritisch sieht die Situation Vizebürgermeisterin Sandra Schoch von den Grünen: "Durch diese im Landtag beschlossene Covid-Verordnung stehen dem Bürgermeister diese Entscheidungen zu. Ich glaube nicht, dass so manche eine Kritik derart deutlich ausgefallen wäre, wenn der Bürgermeister aus dem eigenen Lager kommen würde. Wir freuen uns auf jeden Fall auf eine konstruktive Zusammenarbeit mit dem neuen Stadtamtsdirektor."

Philipp Kuner (FPÖ) kann die Entscheidung des Bürgermeisters nachvollziehen: "Auch in der Privatwirtschaft ist es üblich, dass auf Führungswechsel weitere Personalentscheidungen folgen. Ob die Entscheidung die richtige war, wird sich dann weisen. Ich weiß auch nicht, ob zwischen Ritsch und Feurstein in der Vergangenheit Dinge vorgefallen sind, die eine weitere Zusammenarbeit unmöglich machen."

Dass die Arbeit für Michael Ritsch als Oberhaupt der Landeshauptstadt nicht einfach werden würde, war angesichts der Konstellation der Kräfte absehbar. Morgen feiert der "Bürgermeister für alle" seine ersten 100 Tage im Amt. Für Gesprächsstoff ist auf jeden Fall gesorgt, denn der Weiße Rauch im Rathaus ist längst einer steifen Seebrise gewichen.

(VOL.AT)

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