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Wird es viele Enteignungen geben, Herr Rüdisser?

Rüdisser im VOL.AT-Talk.
Rüdisser im VOL.AT-Talk. ©VOL.AT/Rauch
Das Land Vorarlberg hat ein neues Raumplanungsgesetz präsentiert, das zum Teil heftig kritisiert wurde. LSth. Karlheinz Rüdisser war im Livetalk zu Gast.
Raumplanungsgesetz: Rüdisser im Talk
So will Land gegen Baulandhortung vorgehen
Die ursprünglichen Pläne

Die wichtigsten Eckpunkte umfassen etwa zeitlich vorgegebenen Bauverpflichtungen, verpflichtende räumliche Entwicklungskonzepte und Größenbegrenzungen beim Kauf von Grundstücken. “Die Zeit ist vorbei, in der es einen Freibrief für Baulandhortung gab”, sagte etwa Landeshauptmann Markus Wallner.

Zu den markantesten Änderungen in diesem Zusammenhang zählt die Einführung eines Erklärungsverfahrens beim Erwerb von unbebauten Baugrundstücken nach dem Grundverkehrsgesetz. Dementsprechend kann Bauland nur erworben werden, wenn der Käufer – eine natürliche oder juristische Person – sich bereit erklärt, dieses innerhalb einer Frist von zehn Jahren zu bebauen. Tut er das nicht, hat er das Grundstück der Gemeinde zum Kauf anzubieten. Ansonsten sind Sanktionen bis hin zur Versteigerung möglich.

Gerade diese Punkte haben mitunter Kritik im Ländle hervorgerufen. Wir haben LSth. Karlheinz Rüdisser dazu zu einem Gespräch ins VOL.AT-Studio eingeladen. Vorab stellte Rüdisser fest, dass das Gesetz eingedenk des dafür notwendigen Prozederes voraussichtlich am 1. März 2019 in Kraft treten werde. Die Frage, ob es bis dahin nicht zu einer Flut an Anträgen kommen werden, verneinte Rüdisser. Dies vor allem deshalb, weil die Anträge in der Kürze der Zeit nicht bearbeitet werden könnten.

Können Familien überhaupt noch Grund für ihre Kinder sichern?

In Zukunft muss Baugrund ja innerhalb von 10 Jahren bebaut werden, ansonsten drohen Sanktionen. Was ist nun aber mit Familien, die Baugrund für ihre Kinder kaufen wollen? Rüdisser: Verhindert werden solle die Hortung von gewidmetem, nicht aber bebautem Land. Privatpersonen dürften einmalig 800 Quadratmeter Baugrund erwerben, und seien von der Erklärungspflicht ausgenommen. Das sei so geregelt, eben damit Eltern Grund für ihre Kinder erwerben könnten.

Wird es oft zu Enteignungen kommen?

Dass es oft zu Enteignungen komme, glaubt Rüdisser nicht. Das könnte höchstens dann eintreten, wenn man erkläre, in 10 Jahren bauen zu wollen und das dann nicht tue. Dann allerdings würden eine Reihe von Sanktionen greifen. Die erste Möglichkeit aber sei, dass man das Haus der Gemeinde zum Verkauf anbiete – zum Verkehrswert. Auch hier sei der Gedanke, mögliche Spekulationen hintanzustellen. Wenn man sich dann weigere zu verkaufen, könnte es tatsächlich zu einer Versteigerung kommen. Rüdisser gibt aber zu bedenken, dass es Ausnahmen geben werde – etwa, wenn man nicht ursächlich für die Nicht-Bebauung verantwortlich gemacht werden könne. Beispielsweise, wenn die Verfahren länger dauern.

Räumlicher Entwicklungsplan: Können sich Gemeinden noch selbst entwickeln?

Auf den räumlichen Entwicklungsplan angesprochen meint Rüdisser, dass dieser auf jeden Fall Sinn mache. Man habe in der Vergangenheit zuwenig planvoll gehandelt, hier seien dann die Probleme entstanden – etwa, was nicht-verdichtete Bebauung anbelange. Ziel sei es, klare Siedlungsgrenzen zu setzen und zu verdichten. Man könne nicht alles planen, aber es sei wichtig zu wissen, in welche Richtung man sich entwickle. Die Gefahr, dass man Gemeinden die Möglichkeit nehme, sich selbst zu entwickeln, sieht Rüdisser nicht.

Bodenfonds: Das sagt Rüdisser zu der Kritik

Für viel Diskussionen hat auch der geplante Bodenfonds gesorgt: “Strategische Flächen” sollen hier vom Land gesichert werden. Die Frage, ob das noch marktwirtschaftlich sei, beantwortet Rüdisser wie folgt: Kaufe das Land nicht, würde ihm Laissez Faire vorgeworfen, kaufe man, laute der Vorwurf, dass man in die Marktwirtschaft eingreife. Hier bestünden wichtige öffentliche Interessen. Wer den Bodenfonds verwalte, sei indes noch nicht beschlossen. Denkbar wären eine GmbH, oder auch eine Genossenschaft, an der das Land beteiligt sei. Derzeit sei man noch in einer “Überlegungsphase”.

Rüdisser betont in dem Gespräch aber auch, dass es gelte, genügend leistbaren Wohnraum in Zukunft zu sichern. Das Land und die Wohnbauträger engagierten sich hier sehr stark, man habe die Errichtung von Wohnungen von 300 vor noch wenigen Jahren auf nunmehr 500 gesteigert. Aufgrund der überhitzten Bauwirtschaft würde aber jede zusätzliche Bauleistung die Preise weiter nach oben treiben. Derzeit setze das Land verstärkt auf Systembau und nachhaltiges Wohnen – Rüdisser nennt Beispiele von 65-Quadratmeter-Wohnungen um 500 Euro inklusive Betriebskosten.

Landesgrünzone: Rüdisser deutet Verkleinerung an

Auf die Landesgrünzone angesprochen sagt Rüdisser, dass dies kein Naturschutzgebiet sei. Sie sei 1979 aus dem Gedanken heraus entstanden, dem unbegrenzten Ausfransen der Siedlungsränder entgegenzuwirken. Denn an den Siedlungsrändern wäre der Baugrund immer billiger, was zur Folge hätte, dass Siedlungen weniger kompakt würden. Es stelle sich aber auch die Frage, ob die Landesgrünzone in dem Ausmaß, in dem sie geplant wurde, noch zeitgemäß sei.

Werden die Maßnahmen Bauen günstiger machen?

Insgesamt hofft die Landesregierung, dass die gesetzten Maßnahmen das Bauen in Vorarlberg günstiger machen. Es sei aber so, dass in Gegenden mit hoher Lebensqualität – der Landesstatthalter führt als Beispiele auch Wien, die Schweiz oder Deutschland an – die Preise steigen. Mittels Wohnbauförderungen habe man bereits versucht, gegenzusteuern.

Rüdissers Meinung zu Nachverdichtungen

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