Panzer voller Luft - Attrappen finden reißend Absatz

Aufblasbare Panzer, Kampfflugzeuge und Kanonen der tschechischen Firma Inflatech finden reißenden Absatz. Ob sie auch in der Ukraine eingesetzt werden, wollte Geschäftsführer Vojtech Fresser am Montag nicht sagen. Allerdings habe das Geschäft im vergangenen Jahr um mehr als 30 Prozent zugenommen.
100-Kilo-Panzer aus Kunstseide
Inflatech schneidert die Waffenattrappen aus Kunstseide und anderen leichten Materialien. Trotzdem wiegt ein falscher Panzer bis zu 100 Kilogramm. Um ihn zu entfalten und aufzubauen, brauchen vier Soldaten etwa zehn Minuten.

"Wenn man kein Fernglas zur Hand nimmt, kann man aus 150 bis 200 Metern Entfernung nicht mehr unterscheiden, ob es sich um echte Technik oder eine Attrappe handelt", sagt Fresser. Viel wichtiger sei es indes, die Wärme- und Radarsignatur vorbildgetreu nachzuahmen. Wie genau das geschieht, will er nicht verraten. Nur so viel: Eine eigens konstruierte Vorrichtung sorge dafür, dass die Bereiche warm seien, die warm sein sollten.

Ein Köder für den Feind
Die Attrappen können als Köder für feindliche Geschosse dienen. Der Trick besteht darin, für Drohnen, Wärmebildkameras und Radar des Feindes den Eindruck zu erwecken, sie hätten ein hochwertiges Ziel aufgespürt. Das soll den Gegner dazu verleiten, mit teuren Raketen und Marschflugkörpern auf bessere Luftballons zu schießen. Die Produkte von Inflatech, wie aufblasbare Kampf- und Schützenpanzer, kosten umgerechnet zwischen rund 10.000 und 100.000 Euro.
Derzeit produziert Inflatech in Decin (Tetschen) nahe der Grenze zu Deutschland pro Monat etwa 50 aufblasbare Täuschungsmanöver. Das Unternehmen hat auch eine Attrappe des US-Mehrfachraketenwerfers Himars im Angebot. Im vergangenen Sommer hatte das russische Militär immer wieder stolz berichtet, Himars-Systeme zerstört zu haben.

150 Millionen Euro Umsatz
Angefangen hatte das Unternehmen 2014 als Garagenfirma, die zeitweise auch Hüpfburgen für Kinder herstellte. Dass zwei seiner Mitgründer ursprünglich aus Russland stammen, sieht Fresser nicht als Problem an. Sie seien längst in Tschechien integriert. Geliefert wird an Nato-, EU- und Partnerstaaten. Inzwischen habe die Firma 20 Mitarbeiter - bald sollten es doppelt so viele sein. Für dieses Jahr rechne man mit einem Umsatz von mindestens 150 Millionen Euro. In der strukturschwachen Region an der Grenze zu Sachsen ist das viel Geld.

In der Ukraine? Kein Kommentar
Fresser will nicht direkt sagen, ob die Ukraine Inflatech-Produkte nutzt, um die russischen Invasoren zum Narren zu halten. Er drückt sich lieber so aus: "Ich kann mir vorstellen, dass wir einem Partnerland, das in Schwierigkeiten steckt, aufblasbare Köder schicken, wenn wir es unterstützen wollen. Oder es hat sie schon und falls nicht, wird es sie sicher bald bekommen."

Eine Kosten-Nutzen-Rechnung
Ursprünglich wurden die Attrappen entwickelt, damit Soldaten daran trainieren können. Pro Stück kosten sie bis zu knapp 100.000 Euro. Das sei zwar teuer, sagt Fresser, aber ein echter Panzer könne 20 Mal so viel kosten. Wer den Gegner dazu verleite, seine teueren Raketen auf so etwas zu verschießen, sei wirtschaftlich der Sieger.
Fresser rechnet damit, dass das zweistellige Umsatzwachstum seiner Firma noch drei bis fünf Jahre anhält. Eigentlich würde er lieber Kinderspielzeug bauen, sagt er. "Aber zuerst müssen wir dafür sorgen, dass es eine sichere Welt für sie gibt. Dann werden wir hoffentlich zu zivilen Projekten zurückkehren können."

Auch Russland nutzt "Ballons"
Im Ukraine-Krieg sind aufblasbare Militärfahrzeuge auch auf der russischen Seite bekanntes Know-how zur Täuschung des Gegners. Bereits 2009 berichtete die staatliche Nachrichtenagentur Ria Nowosti über Attrappen von russischen Kampfpanzern der Typen T-72 und T-80, vom Flugabwehrsystem S-300 und Su- und MiG-Kampfjets. Auch strategische Raketensysteme wie Iskander oder Topol-M versucht Moskau demnach mit den Nachbildungen zu schützen.
Russische Militärblogger berichteten, dass es spezielle Einheiten in der russischen Armee gebe, die sich auf solche Täuschungsmanöver spezialisiert hätten. Auch im Krieg würden die Geräte eingesetzt. Ende Januar teilte der ukrainische Generalstab mit, dass die russischen Truppen im Gebiet Saporischschja versuchten, mit aufblasbaren Panzern eine größere Präsenz vorzutäuschen.
(AP/DPA)
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