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Lichthunde

Ulrich Gabriel
Ulrich Gabriel

Vor kurzem ist mir ein Lichthund begegnet. Lichthunde treten jetzt häufiger auf. Es gibt zwei Sorten: den Straßenlichthund und den Hauslichthund. Beide werden nur in der Nacht sichtbar, am Tag verschwinden sie. Hier mein erstes Erlebnis: Ich gehe nächstens um ca. sieben oder acht Uhr auf einen „besinnlichen Adventspaziergang“. Da zeichnet sich auf dem Gehsteig eine dunkle Gestalt ab und kommt auf mich zu. Neben ihr, knapp über dem Boden schwebt ein leuchtendes Kränzchen am Band, fliegt voraus oder hinten nach oder sonst ungeplant herum und leuchtet neongrün. Blinki, blinki. Zuerst glaube ich, es handle sich um einen fliegenden Adventskranz oder um eine ausgekommene Engelsdrohne. Nein. Es ist ein Frauli mit Lichthund. Kurz darauf lese ich im Internet die Aufklärung: „Halten Sie ihren geliebten Hund in hoher Sichtbarkeit und Sicherheit: Das blinkende Halsband kann superleuchtendes Licht bieten und Ihrem Hund hohe Sichtbarkeit draußen während des Gehens halten, besonders am frühen Morgen, abends und in der Nacht oder in einer Umgebung mit schlechtem Licht. Mit diesem Hund-Sicherheitshalsband können Sie und Ihr Hund gut von anderen Hundwanderern, Autos, Läufern und Radfahrern gesehen werden“.

Ich frage: Wann kommt mir die Advent-Lichtkatz, wann die Leuchtkuh mit Flügelchen, wann das E-Lichtrad mit Pensionistenblinker entgegen? Im Advent wird ohnedies die ganze grausige Stadt mit Lichtkitsch zugeschüttet, damit man die Lego-Architektur nicht sieht.

Das zweite Erlebnis: Befindet sich ein romantisch veranlagter Fremder auf einem Nachtspaziergang um die 0815-Häuslein des verhüttelten Dornbirn, kommt ihm vielleicht dabei das Gedicht „Markt und Straßen sind verlassen, still erleuchtet jedes Haus“ in den Sinn. Da macht es plötzlich „WUSCH!“. Ein automatischer Hauslichthund (Suchscheinwerfer) taucht ihn in grelles Licht, als wär er ein Dieb. Setzt er seinen Weg fort, macht es „WUSCH! WUSCH! WUSCH!“ Jetzt jagen ihn weitere heimische Hauslichthunde, die ganze Hauswachhundmeute.

Der hiesige Volk geht drum lieber auf den klebrigen Marktplatz zum Dernier-cri-stkindlemarkt und glühweint sich in die Advent-Besinnungslosigkeit. Fröhlich schremmen hier die Fidelen Mülltaler, die Knastelruher Fratzen, die Paldsauer, Hansi Hinternsteher und DJ Fötzi die „himmlische Ruh“ dazu und übertönen sogar die Kirchenglocken.

„Liebe erleuchtete Gemeinde“, sagt der heimische Lichtheiler vor dem selbstgebastelten Krippele mit Batterielämpele: „Verschließen wir die Augen und lasset uns singen: „Wir werden immer blöder, jeden Tag ein Stück. Wir merkens nicht wie schnöder, das ist ein Glück. Blöde bleiben gleich blöd oder schrumpeln ein, wir werden immer blöder, ganz von allein.“ Und bitte nicht vergessen: Kerzen löschen!

(Ulrich Gabriel)

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