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Ärztestreik: 50 Ärzte bei Kundgebung in Dornbirn

Dornbirn - Rund 50 Vorarlberger Mediziner haben sich am Montag aus Protest gegen die geplante Gesundheitsreform in der Fußgängerzone in Dornbirn rund um ein Rot-Kreuz-Zelt eingefunden, um die Bevölkerung zu informieren.  Interview mit Peter Wöß  Umfrage 
Ärztestreik in Dornbirn 

Die Ärzte führten an ihrem Aktionstag zudem kleinere Untersuchungen durch, etwa Blutdruckmessungen. “Die Leute zeigen durchwegs großes Verständnis für unseren Streik”, so Peter Wöß, Präsident der Ärztekammer für Vorarlberg. An dem Protest beteiligen sich laut Vizepräsident Michael Jonas rund 95 Prozent der Vorarlberger Ärzte. In den Ambulanzen der Vorarlberger Spitäler blieb der Andrang im Normalbereich.

“Knackpunkte” in dem Gesundheitspapier seien vor allem die Möglichkeit Einzelverträge abzuschließen und die auf fünf Jahre befristeten Verträge. “Über alles andere kann man mit uns reden”, so Wöß. Er fürchte eine Schwächung des einzelnen Arztes, der bisherige Gesamtvertrag sei einem Kollektivvertrag vergleichbar, dieser solle nun aufgelöst werden. “Das ist sozial bedenklich”, fand Wöß. Für die Ärztekammer steckten hinter den Plänen rein ökonomische Gründe. Man sei auch in der Ärzteschaft für Qualitätssicherung, aber bei den nunmehr ausverhandelten Regelungen handle es sich um “wirtschaftliche Effizienzkontrolle”. Die Ärzteschaft spreche sich für eine unabhängige Schiedskommission aus. Bei der Aut Idem-Regelung wolle man ein EDV-Tool, indem der behandelnde Arzt selbst das günstigste Medikament auswählen und verschreiben könne, so Wöß über die Vorschläge der Ärzte. Bedenklich fand Wöß auch die Zentralisierungstendenzen.

Sie habe Verständnis für den Streik der Ärzte, äußerte sich eine Passantin. Sie müsse täglich Medikamente nehmen, “und es hat so lange gedauert, bis ich richtig eingestellt war, ich nehme sicher keine anderen Tabletten”, so die Frau, der nicht bekannt war, dass chronisch Kranke von der Regelung ausgenommen sein sollen. Generell fühle sie sich zu wenig informiert über die geplante Reform, gab sie zu. Ein anderer Passant erklärte, als Leber-Transplantierter fühle er sich “als Patient benachteiligt”. Einsparen müsse man, aber “in der Verwaltung”, so der Mann. Ein weiterer Dornbirner meinte, er würde lieber höhere Sozialbeiträge bezahlen, “das käme allen zugute”. Dass die Ärzte sich wehren, finde er “ganz gut”. So sah es auch eine Dornbirnerin, die extra zum Aktionstag gekommen war. “Wir sitzen alle in einem Boot. Hier geht es doch nur noch um ökonomische Interessen”, erklärte sie.

Laut Wöß könnte es weitere Schließungstage geben, etwa am 26. und 27. Juni sowie von 7. bis 9. Juli. Er hoffe jedoch auf die Vernunft der Nationalratsabgeordneten, betonte Wöß in Anspielung auf die am Dienstag geplante Behandlung im Sozialausschuss. Das angekündigte Ärzte-Hearing sei “überhaupt das erste Mal”, dass die Vorschläge der Ärzte angehört würden. Bei der Kundgebung lagen auch Adresslisten der Parlamentarier auf, “damit sich die Patienten mit ihren Anliegen an sie wenden können”, hieß es bei der Ärztekammer.

Die anwesenden Mediziner nützten die Gelegenheit, die Gesundheitsreform untereinander ausführlich zu diskutieren. “Ich dachte 37 Jahre lang, ich sei ein Partner der GKK. Jetzt werde ich als geldgieriger Parasit hingestellt”, so ein erboster Bregenzerwälder Allgemeinmediziner. Das Papier sei von Personen ausgehandelt worden, die “keine Ahnung von Gesundheit haben”, so der Arzt. Er fürchtete zudem, dass unter diesen Bedingungen ländliche Praxen mangels Bewerbungen nicht nachbesetzt werden könnten, ebenso einer seiner Kollegen. “Wenn man eine Praxis auf dem Land eröffnet, dann sind Investitionen nötig. Wenn man nur einen Fünf-Jahres-Vertrag erhält, passt das nicht zusammen”, so der Mediziner. Seiner Tochter, die sich die Übernahme der Praxis überlege, werde er das “unter diesen Bedingungen” nicht empfehlen.

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