AA

Regisseur Philipp Stölzl über sein Bergdrama "Nordwand"

Mit Dreitagesbart, Brille und Laptop sieht Philipp Stölzl nicht gerade nach dem klassischen Bergfex aus. Dass der Regie-Tausend­sassa  nach seinem Debüt als Autorenfilmer mit "Nordwand" nun auch ein Bergdrama vorlegt, war dem 41-jährigen Deutschen aber wohl kaum in die Wiege gelegt.

“Bei der Beschäftigung mit dem Film bin ich richtig reingekippt”, schildert Stölzl im APA-Interview, “Mit meinem Kameramann war ich nach dem Dreh sogar am Eiger oben.”

Damit fand eine wechselvolle Auseinandersetzung zwischen Mann und Natur ihren passenden Abschluss. “Der Eiger ist ja der eigentliche Hauptdarsteller des Films”, erzählt Stölzl, “Er ist ein schwieriger, mühsamer, launischer Berg.” Das machte nicht nur die Dreharbeiten zu einer beständigen Zitterpartie, Wetterkapriolen verhinderten schließlich am Ende auch die minutiös geplanten Hubschrauber-Aufnahmen. “So wollte ich meine Beziehung zu ihm nicht beenden. Es war ein Projekt, das mich immerhin drei Jahre meines Lebens gekostet hat. Also musste ich nochmal rauf, um das ordentlich abzuschließen.” Das Resümee nach der grenzgängerischen Bergtour: “Es war physisch und psychisch extrem anstrengend: Mehr würde ich mir nicht zumuten wollen.”

Die Dreharbeiten, die sich stark an der wahren Tragödie rund um die versuchte Nordwand-Erstbesteigung 1936 orientierten, haben aber noch weitere Teammitglieder zu ganz persönlichen bergsteigerischen Herausforderungen inspiriert. Der deutsche Schauspieler Florian Lukas, der im Film den Bergsteiger Andi Hinterstoisser verkörpert, klettert inzwischen Routen mit einem Schwierigkeitsgrad von acht plus, sein Kollege Georg Friedrich – im Film als Edi Rainer Teil der konkurrierenden österreichischen Seilschaft, die in der “Mordwand” schließlich mit den Kollegen auf Gedeih und Verderb zusammengeschweißt wird – konnte beim Dreh seine Höhenangst überwinden. “Beim Bergsteigen ist es wie beim Golf”, sagt Stölz trocken, “jeder hat sein eigenes Handicap.”

“Nordwand” – Lebenskampf und Liebesgeschichte

Auch “Nordwand” hat ein Handicap: Der Film, der kommende Woche in Deutschland und Österreich startet, muss ein Erfolg werden. “Der Film ist dafür gemacht, dass er viele Leute erreicht. Er ist groß besetzt. Es ist eine sehr einfache Geschichte: Es geht rauf und wieder runter. Der Film zeigt den Kampf ums Leben und eine Liebesgeschichte. Es ist aber auch eine wahre Geschichte, die sich auch im Ausland sehr gut verkauft. Es war genau das, was ich wollte. Mein erster Film, “Baby”, war ja das glatte Gegenteil: ein Arthouse-Film und super kritisch. Aber keine Sau hat ihn angeguckt!” Das darf “Nordwand” nicht passieren. Der Film startet in Deutschland mit rund 350 Kopien.

Für die Breitenwirksamkeit hat man die wahre Geschichte ein wenig adaptiert: Die Frauenfigur, die von Johanna Wokalek verkörperte Bergsteiger-Freundin und Jung-Reporterin Luise, ist erfunden. “Ohne sie wäre es ein reiner Männerfilm geworden. Es braucht aber den tragischen Atem, das Publikum muss die Chance haben, zu trauern.”

“Orpheus”-Inszenierung bei den Salzburger Festspielen 2010

Philipp Stölzl will aber auch weiter Opern inszenieren. “Ich bin eher ein Opernfan als ein Opernkenner. Ich kann zwar Partituren lesen, nähere mich den Opern aber eher mit Leidenschaft als mit Fachwissen.” In Basel wird er den “Fliegender Holländer” inszenieren, in Berlin “Rienzi”. “Mich beflügelt der Wechsel zwischen Oper und Film. Ich bin von den Dreharbeiten zu ‘Nordwand’ direkt nach Salzburg zu den Festspielproben. Vom Dachstein (wo ein Teil der Dreharbeiten stattfand, Anm.) war es ja zum Glück nicht weit.” Die Arbeit an der Berlioz-Oper “Benvenuto Cellini” hat Stölzl in sehr guter Erinnerung: “Ich habe in Salzburg wahnsinnig gerne gearbeitet. Das ist sehr familiär, wie ein Sommerlager für Hochkulturfreaks.” Deshalb kommt er gerne wieder: 2010 wird er bei den Salzburger Festspielen Offenbachs “Orpheus in der Unterwelt” inszenieren. “Das ist fast ein Cross-Over-Projekt, eine Schauspielproduktion mit kleinem Orchester.”

(Das Gespräch führte Wolfgang Huber-Lang/APA)

home button iconCreated with Sketch. zurück zur Startseite
  • VOL.AT
  • Kultur
  • Regisseur Philipp Stölzl über sein Bergdrama "Nordwand"