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Laudatio für Eva Grabherr: "Eine Brückenbauerin"

Markus Wallner und Andreas Rudigier strichen die Veränderungen heraus, die Eva Grabherr angestoßen hat.
Markus Wallner und Andreas Rudigier strichen die Veränderungen heraus, die Eva Grabherr angestoßen hat. ©VOL.AT/Hartinger
Bregenz. Liebevoll skizzierte Andreas Rudigier in seiner Laudatio den Weg von Dr. Eva Grabherr im Dienst der Pluralität. Landeshauptmann Markus Wallner würdigte die Veränderungen, die die Preisträgerin angestoßen habe.
Toni-Russ-Preis 2013 für Eva Grabherr

Man stelle sich vor: Ein Zugabteil. Zwei Fahrgäste sitzen drin. Da schieben neue Reisende die Tür auf und treten ein. Die „Alten“ müssen zusammenrücken. Ungern tun die das. Widerwille liegt im Raum. Das hier ist ihr Abteil, die anderen dringen ein. Es braucht Zeit, bis sich die vier aneinander gewöhnen.

Mit einem so alltäglichen Beispiel – bei Hans Magnus Enzensberger entlehnt – baut Andreas Rudigier eingangs seiner Laudatio die Bühne auf für das ewige Stück von Wanderung und Fremdenhass. Er könnte auch anders. Biblisch zum Beispiel. Josef, Maria und das Kind fliehen nach Ägypten. Dem Evangelisten ist das gerade Mal einen Satz wert. Die Kunst hat sich das farbiger ausgemalt. Und so findet das Motiv der „Ruhe auf der Flucht“ im alpenländischen Volksmund als „Maria Rast“ seinen Niederschlag. Apropos Maria Rast. „Sie wissen, Maria Rast sperrt zu. Die Asylsuchenden müssen weiter ziehen.“ Ein Teil der Gesellschaft brandmarkt sie als Kriminelle. Auch daran erinnert der Direktor des vorarlberg museums. Und blitzartig trägt das Thema große Aktualität und bedrückende Nähe zur Schau.

Minderheitserfahrungen

Diesem Thema hat Eva Grabherr ihr Leben verschrieben. Rudigier zeichnet das Bild des kunstbeflissenen Mächens inmitten einer fußballbegeisterten Familie. Er kokettiert mit ihrem Ur-Höchster Namen: Grabherr mit zwei „r“. Aber das hinderte sie nicht am Drang aufs internationale Parkett. Die Judaistin arbeitet in London, ist am Sprung nach Berlin. Da tut sich auf, was Grabherr ihr „Gelegenheitsfenster“ nennt.

Rudigier erinnert an den Verein „Aktion Mitarbeit“, der ab 1996 in die gesellschaftliche Entwicklung Vorarlbergs investiert hat. „Die Veränderungsbereitschaft seiner Gesellschaft ist das wirtschaftliche Standortpotential einer Region.“ Dabei darf aber niemand auf der Strecke bleiben. Die Menschenwürde Arbeitsloser war eines der frühen Themen des Vereins.

Diese „Aktion Mitarbeit“ legte nach 2000 den Fokus auf Zuwanderung. Und gewann Eva Grabherr dafür. „Hineinspüren lautete das Zauberwort.“ Fenab von publicityträchtigen Schnellschüssen machte sich Eva Grabherr daran, nicht Fürsprecherin der Migranten zu werden: „Sie sollten selber sprechen.“ Heute weisen 96 Gemeinden 120 Integrationsprojekte vor. Allen, die dahinter stehen, gebühre ein Teil dieses Russpreises, betont Rudigier. Mit der Wahl von Eva Grabherr habe die Jury „die Pluralität in der Mitte der Gesellschaft ankommen lassen“. Offen und respektvoll, selbstbewusst und doch bescheiden – so erlebe er Eva Grabherr. Dass „die Zukunft weiblich ist“, davon ist er überzeugt.

Wallner: “Eva Grabherr stieß Veränderungen an”

Engagement hat in Vorarlberg lange Tradition. Mit Eva Grabherr, betonte Landeshauptmann Markus Wallner, habe die Jury des Toni-Russ-Preises ein besonders glückliches Händchen bewiesen: Diese „würdige Preisträgerin“ habe die Entwicklung Vorarlbergs „in Fragen der Integration und des Zusammenlebens in den letzten Jahren maßgeblich mitgestaltet“.

Wie stark das westlichste Bundesland Österreichs in Integrationsfragen gefordert ist, untermauerte Wallner mit Zahlen: „Heute hat Vorarlberg nach Wien den zweithöchsten Migrantenanteil aller Bundesländer. Knapp ein Viertel aller Volkschülerinnen und Volksschüler spricht eine andere Muttersprache als Deutsch.“

Eine Brückenbauerin

Eva Grabherr nehme in ihrer Arbeit die Sorgen der Menschen ernst. Sie habe Veränderungen angestoßen und schlage Brücken. „Besonders eindrücklich ist dies etwa bei der Errichtung des islamischen Friedhofs in Altach passiert.“ Ihr Ziel sei „eine Begegnungskultur, die auf Respekt basiert“. Darin werde das Land sie „nach Kräften unterstützen“. (VN/Thomas Matt)

 

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