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Künstliche Befruchtung mit 65: "Gefährlich, verboten und stigmatisierend"

Für andere betroffene Paare sei die Entscheidung der Berlinerin nicht fair, sagt Oberarzt Norbert Loacker.
Für andere betroffene Paare sei die Entscheidung der Berlinerin nicht fair, sagt Oberarzt Norbert Loacker. ©DPA, KHBG
Feldkirch - Eine 65-Jährige Deutsche erwartet nach einer künstlichen Befruchtung Vierlinge. Oberarzt Norbert Loacker, Leiter des Kinderwunschzentrums am LKH Feldkirch, fürchtet um die Gesundheit der Frau und Kinder - und dass die Schwangerschaft Paare mit Kinderwunsch in der Öffentlichkeit stigmatisiert.
65-Jährige erwartet Vierlinge

“Für mich ist das eine sehr schlechte Nachricht”, betont Oberarzt Norbert Loacker, Leiter des Kinderwunschzentrums am Landeskrankenhaus Feldkirch. Eine 65-Jährige Berliner Grundschullehrerin erwartet nach einer künstlichen Befruchtung außerhalb Deutschlands nun Vierlinge. Die künstliche Befruchtung sei in diesem Fall für ihn in jeder Hinsicht abzulehnen, der Frauenarzt befürchtet schwere Komplikationen.

Mehrfachschwangerschaften immer risikoreich

“Wir haben keine Erfahrungswerte zu den Auswirkungen einer künstlichen Schwangerschaft in diesem Alter”, aufgrund des hohen Alters müsse man Komplikationen erwarten. Hinzu kommt, dass sie Vierlinge erwartet. “Mehrlinge sind für jede Frau, auch eine junge, ein Risiko”, betont Loacker. Nicht nur dass Mehrlingsgeburten durchwegs Frühgeburten sind, steige die Gefahr bleibender Schäden bei Mutter und Kindern immens.

Die 65-Jährige ist Mutter von 13 Kindern und hat sieben Enkel.
Die 65-Jährige ist Mutter von 13 Kindern und hat sieben Enkel. ©Die 65-Jährige hat bereits 13 Kinder und sieben Enkel. – APA/DPA

Befruchtung mit 65 Jahren in Österreich “undenkbar”

In Österrreich sei eine solche Schwangerschaft nach einer künstlichen Befruchtung “undenkbar”. Das neue Fortpflanzungsmedizingesetz sieht bei einer künstlichen Befruchtung für die Eizellenspenderin ein Höchstalter von 30 Jahren, für die Eizellenempfängerin von 45 Jahren vor. Das Gesetz sei insgesamt modern, aber auch streng genug um Experimente zu verhindern. “Unser Ziel ist eine gute Schwangerschaft und eine natürliche Geburt”, betont Loacker. Dazu gehöre auch, Mehrlingsschwangerschaften nach Möglichkeit zu verhindern. Dies habe man bei einer künstlichen Befruchtung im Normalfall auch sehr gut unter Kontrolle.

Fall werfe schlechtes Licht auf künstliche Befruchtungen

Umso unverständlicher sei ihm der aktuelle Fall aus Berlin. Neben den gesundheitlichen Risiken für die werdende Mutter und ihre Vierlinge fürchtet er auch die öffentlichen Auswirkungen. “Für betroffene Paare ist es wichtig, gesellschaftlich angenommen zu werden”, erklärt Loacker. Solche Meldungen würden aber zu einem schlechten Bild von künstlichen Befruchtungen in der Öffentlichkeit führen.

Paare mit Kinderwunsch fürchten Ausgrenzung

Aus einem verständlichen Kinderwunsch würde dadurch die Furcht vor Stigmatisierung. Betroffene Paare müssten sich jedoch ihrem Freundes- und Familienkreis mit ihrem Kinderwunsch anvertrauen können, statt durch den Hintereingang in die Klinik schleichen zu müssen. Dass sich die 65-Jährige entgegen aller Bedenken eine Befruchtung erhalten hat und nun Vierlinge erwarte, führe aber genau zu so einer Situation.

 

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