Ein Enthüllungsbuch über den Schulalltag an einer Wiener Brennpunktschule sorgt derzeit für Diskussionsstoff. Autorin Susanne Wiesinger, seit 30 Jahren Lehrerin in Wien und neun Jahre auch SPÖ-Lehrervertreterin, schildert in ihrem am Montag erschienenen Buch wie muslimische Schüler mit streng konservativem bis fundamentalistischem Gedankengut Unterrichtsinhalte zu beeinflussen versuchen. Auch sei eine selbsternannte “Kleidungspolizei” unterwegs und setze Mädchen muslimischen Glaubens unter Druck.
Schulinspektoren bestätigen die Darstellungen als zutreffend, wenn auch nicht so ausgeprägt wie es dargestellt werde. Die Wiener Schulbehörden verweisen auf seit Jahren laufenden Deradikalisierungsseminare und engagierte Lehrkräfte, kritisieren aber auch die gekürzten Mittel für die Integration von Schülern.
Vorarlberg spricht von Einzelfällen
Vorab, “Wiener Verhältnisse” habe man in Vorarlberg keine. Der Großteil der im April befragten Schulen wussten von keinerlei Problemen. Dennoch, gerade in den Städten gibt es mehrere Schulen, die einen hohen Anteil an Kinder mit Migrationshintergrund haben. Hier komme es laut den Lehrervertretern auch immer wieder zu Konflikten innerhalb und außerhalb des Unterrichts aufgrund kultureller und religiöser Themen. Gerhard Unterkofler, Vertreter der Pflichtschullehrer, fordert daher seit längerem Unterstützungspersonal für die betroffenen Schulen. Aus seiner Sicht sind viele der Probleme nicht in der Religion, sondern sozialen Ursachen und der familiären Kultur der Kinder geschuldet.
Maßnahmen gegen Radikalisierung
Elisabeth Mettauer-Stubler vom Landesschulrat Vorarlberg weiß ebenfalls von vereinzelten Schülern und Eltern, die mit extremen Einstellungen des politischen Islams auffallen. Hier handle es sich aber um Einzelfälle, auf die man als Schule jedoch reagieren müsse. Dafür gebe es ein breites Angebot: Speziell ausgebildete Beratungslehrer und Sozialarbeiter seien verfügbar. Hinzu komme seit drei Jahren eine gemeinsame Extremismusplattform von Land, IfS, Polizei, Offene Jugendarbeit und Landesschulrat für Prävention und gegenseitigem Austausch.
Aus dieser Plattform seien bereits Fortbildungsmaßnahmen für Lehrpersonal hervorgegangen, das IfS unterhalte auch eine Hotline, bei der Hinweise auf Radikalisierung abgegeben werden können (0800 20 20 44). Unterkofler betont ein Pilotprojekt des Landes, das nun an vier dieser Schulen starten soll. Diese arbeiten ein Konzept aus, wie auffälligen Schülern begegnet und geholfen werden könne. Dies gelte nicht nur für Radikalisierung und Schülern mit Migrationshintergrund, da auch andere Schüler betroffen seien.
Zusammenarbeit mit Eltern als Drahtseilakt
Aus Sicht des Lehrervertreters ist dabei die Arbeit mit den Familien und Schülern ein Drahtseilakt. Gerade die andauernde öffentliche Debatte könne bei den Betroffenen zu Abwehrhaltungen führen und damit erst recht eine Parallelgesellschaft schaffen. Als Beispiel könnten hier gerade radikale Christen dienen. Diese betreiben in Vorarlberg mehrere eigene Schulen. Denn in Österreich gilt keine Schulpflicht, sondern eine Unterrichtspflicht. Im Heimunterricht oder in eigenen Schulen können die Eltern so kontrollieren, was im Unterricht wie behandelt wird. So würde man die Kinder jedoch erst recht für die Mehrheitsgesellschaft verlieren.
Zugehen auf Moscheevereine
Unterkofler fordert daher auch eine verstärkte Zusammenarbeit mit den Vereinen, nicht zuletzt mit den Moscheevereinen. Gemeinsam könne man die Kinder und Jugendlichen, die viel Zeit in diesen Vereinen verbringen, besser erreichen um eine gelungene Integration und Deradikalisierung zu erreichen.
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