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Innenminister Herbert Kickl brachte während Amtszeit viele Verschärfungen

Der scheidende Innenminister sorgte mit vielen Verschärfungen für Aufsehen.
Der scheidende Innenminister sorgte mit vielen Verschärfungen für Aufsehen. ©AP Photo/Michael Gruber
Als wohl umstrittenster Minister der FPÖ wird Herbert Kickl eingehen. Während seiner Amtszeit als Innenminister fuhr er vor allem in puncto Asylpolitik einen harten Kurs.
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Innenminister Herbert Kickl (FPÖ) war mit dem Ziel angetreten, einen harten Kurs in der Ausländerpolitik zu fahren. Neben Verschärfungen im Asylwesen setzte er das auch mit dem Aufbau einer eigenen Grenzschutzeinheit um. Für Spott sorgte sein Hang zur berittenen Polizei, für Sorgen seine Aussagen zum Rechtsstaat und zu den Menschenrechten. Überschattet wurde seine Amtszeit von der BVT-Affäre.

Kickl auch als Innenminister der “Scharfmacher”

Kickl, der schon in seiner Zeit als Oppositionspolitiker für stets scharfe Worte und auch Wahlkampfslogans berühmt bzw. berüchtigt war, änderte sein Auftreten als Minister nur äußerlich. Während die Jeans dem grauen Anzug wichen blieb die Rhetorik nahezu unverändert. Auffallend war dies vor allem bei seinen Parlaments-Auftritten, bei denen er die Kritik der Opposition stets wortgewaltig zurückwies. Seitens seiner Gegner brachte ihm das den Vorwurf der Respektlosigkeit ein.

Gleich zu Beginn sorgte sein Plan, die berittene Polizei wieder einzuführen, für viel Spott der Gegnerschaft. Anfang 2018 besuchte er deswegen auch die Münchner Reiterstaffel und ließ sich bereitwillig als Reiter auf einem der dortigen Pferde ablichten und schuf damit ein bis heute ein beliebtes Motiv für Karikaturisten. Im Oktober des Vorjahres begann dann die Ausbildung von Pferden und Reiter, der erste Einsatz war für Mai 2019 geplant. Neben Diskussion um Kosten und Sinnhaftigkeit des Projekts bescherte ihm die Idee auch scharfe Kritik von Tierschützern.

Pferdestaffel und “Puma” als Großprojekte

Neben der Pferdestaffel setzte Kickl beim Sicherheitsthema auch auf die öffentlichkeitswirksame Schaffung einer neuen Grenzschutzeinheit namens “Puma”. Dazu ließ der Ressortchef – gemeinsam mit dem Bundesheer – auch große Grenzschutzübungen abhalten. Medienwirksam versammelten sich Ende Juni 2018 im steirischen Spielfeld rund 500 Polizisten, 220 Soldaten sowie teils schweres Gerät wie der Radpanzer “Pandur” und Hubschrauber des Innenministeriums und des Bundesheeres zur Demonstration der Einsatzbereitschaft.

Für Kritik sorgte nicht nur die vor leeren Grenzübergängen abgehaltene Übung selbst, sondern auch der Titel der Veranstaltung (“Pro Borders”). Denn dieser Begriff wurde zuvor schon von den als rechtsextrem eingestuften Identitären genutzt. Deren Chef Martin Sellner frohlockte damals auch ob dieser Tatsache: “Unsere Demoparolen werden Truppenübungen ;) #proborders”, schrieb er damals auf dem Kurznachrichtendienst Twitter. Eine Nähe zu den Identitären wurde Kickl während seiner Amtszeit auch immer wieder vorgeworfen, trat er doch davor im Jahr 2016 (noch als FPÖ-Klubobmann) am rechten Kongress der “Verteidiger Europas” als Gastredner auf, bei denen auch die Identitären teilnahmen.

Harter Kurs in Asylpolitik

Stolz war Kickl auf gesetzliche Verschärfungen im Fremdenrechtswesen – und darauf, dass in seiner Amtszeit der Abbau der sich stapelnden Asylanträgen voranschritt. Bei seiner Jahresbilanz Anfang 2019 meinte der Minister dazu, der “Turbo” sei “gezündet” worden. Damals wurde verkündet, dass 95 Prozent der Anträge seit 2015 erledigt seien und die Verfahrensdauer auf sechs Monate gesunken sie.

Kickl erfreute sich dabei auch daran, dass die Zahl der Asyl-Anträge weiter deutlich zurückgegangen war, nämlich von 24.735 im Jahr 2017 auf 13.400 im Jahr 2018. Außerdem wurde in seiner Amtszeit die Zahl der Außerlandesbringungen deutlich gesteigert. Auffällig dabei war, dass die Zahl der zwangsweisen Abschiebungen mit plus 47 Prozent 2018 deutlich stärker gestiegen war als jene der freiwilligen Ausreisen mit neun Prozent.

Und auch das mit September 2018 in Kraft getretene Fremdenrechtsänderungsgesetz brachte Verschärfungen: Seitdem kann Flüchtlingen bei ihrer Ankunft u.a. bis zu 840 Euro Bargeld abgenommen werden, auch gibt es die Erlaubnis zur Prüfung von Handys, um etwa die Reiseroute prüfen zu können. Garniert wurden das harte Vorgehen von öffentlichkeitswirksamen Aktionen: Vor allem die Umbenennung der Asyl-Erstaufnahmezentren in “Ausreisezentren” samt Schildertausch sorgte für viel Wirbel.

Gesenkter Stundenlohn als “Abschiedsgeschenk”

Und ganz zum Schluss, kurz vor seinem unfreiwilligen Abgang, hinterließ der Minister dann noch ein “Abschiedsgeschenk”: Am Dienstag nach Auffliegen der Ibiza-Affäre erließ er die Verordnung zur Senkung des Stundenlohns für Asylwerber für gemeinnützige Tätigkeiten auf 1,50 Euro. Allzu langen Bestand könnte diese vermutlich keinen haben, könnte der kommende Minister doch sofort wieder die Aufheben anordnen.

Für Aufregung sorgte Kickl auch Ende Jänner dieses Jahres, als er angekündigte, Grundregeln wie die Menschenrechtskonvention hinterfragen zu wollen. Vielfach seien das “irgendwelche seltsamen rechtlichen Konstruktionen, teilweise viele, viele Jahre alt aus ganz anderen Situationen heraus entstanden” über die er eine Debatte führen möchte: “Denn ich glaube immer noch, dass der Grundsatz gilt, dass das Recht der Politik zu folgen hat und nicht die Politik dem Recht.” Kritik wies der Minister freilich zurück und bekannte sich zu 100 Prozent zum Legalitätsprinzip. Andererseits verwies er darauf, dass die Gesetze eben von der Politik gemacht würden und diese dann von der Justiz vollzogen würden.

Davor – im September 2018 – wurden auch Vorwürfe laut, Kickl würde Zensur der Medien anstreben. In einem Mail aus dem Ministerbüro wurden die Landespolizeidirektionen “angeregt”, die Kommunikation mit bestimmten Medien auf “das nötigste (rechtlich vorgesehene) Maß zu beschränken”. Später hieß es, das Mail stamme von einem Ministeriums-Sprecher, Kickl sei “weder Auftraggeber noch Empfänger dieser Mitteilung”, auch nicht sein Kabinett. Tags darauf distanzierte sich der Minister von diesem Schreiben, Oppositions-Kritik, die von einem “Frontalangriff auf die Pressefreiheit” sprach, wies Kickl im Nationalrat als “Aufplustern” zurück, die Vorwürfe würden “jedem Tatsachensubstrat” widersprechen.

BVT-Affäre überschattete Amtszeit

Überschattet wurde Kickl Amtszeit von Beginn an von der Affäre im Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismus (BVT). Ermittlungen gegen BVT-Beamte samt einer Hausdurchsuchung BVT (die später seitens der Gerichte für illegal erklärt wurde) und der gescheiterte Versuch Kickls, BVT-Direktor Peter Gridling aus dem Amt zu entfernen brachten den Dienst auch international in schiefes Licht. Geheimdienste anderer Staaten reduzierten daraufhin den Kontakt mit den österreichischen Kollegen offenbar aufs Notwendigste.

Schwer in Kritik stand auch der von Kickl eingesetzt Generalsekretär Peter Goldgruber. Im zur BVT-Affäre gehörigen U-Ausschuss entlastete dieser seinen Ressortchef freilich, was Kickl auch half, die Affäre besser als erwartet zu überstehen. Kickls Versuch, Goldgruber noch im letzten Moment (nach Auffliegen der Ibiza-Affäre) zum Generaldirektor für die öffentliche Sicherheit zu befördern, scheiterte jedoch: Bundespräsident Alexander Van der Bellen verweigerte die Ernennung.

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(APA/Red)

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