In den vergangenen zehn Jahren wurde der Absatz der Produkte allerdings immer schwieriger. Der Betreiber der Werkstatt, der Wiener Blinden- und Sehbehindertenverband, zog nun Konsequenzen: Sie wird verkauft oder gänzlich geschlossen.
An und für sich hat der Produktkatalog der Blindenwerkstätte einiges zu bieten: Rund 150 verschiedene Besen und Bürsten werden hier hergestellt, die Palette reicht von Seltenheiten wie Schrankbesen bis zur ordinären Schuhbürste. Sie sind allesamt handgefertigt und versprechen damit eine Lebenserwartung von bis zu 20 Jahren.
Wegfall von staatlichen Unterstützungen
Dass die Qualitätsprodukte so lange halten, ist letztendlich auch eines der zahlreichen wirtschaftlichen Probleme, mit denen die Betreiber zu kämpfen haben, wie der Obmann der Wiener Landesgruppe des Österreichischen Blindenverbandes, Friedrich Zorn, berichtete. Einbußen bescherte der Werkstatt vor allem der sukzessive Wegfall von staatlichen Unterstützungen. Ein Beispiel:
Früher kaufte das Bundesheer Bürsten und Besen aus der Blindenwerkstatt. Mit solchen Investitionen ist es allerdings schon seit längerem vorbei. Heute kauft man bei der öffentlichen Hand ja nur mehr dort, wo es am billigsten ist, weiß Zorn aus leidvoller Erfahrung zu berichten.
Ein weiteres Schäuflein legte ein Protest der EU gegen die Prämien für Abnehmer von Produkten aus geschützten Werkstätten nach. Konnten Betriebe sich früher bis zu 15 Prozent des Kaufpreises rückerstatten lassen, wurde diese Regelung für wettbewerbsverzerrend befunden und abgeschafft. Die Liste ließe sich beliebig fortsetzen, so Zorn. Unterm Strich blieb eine marode finanzielle Lage, die sich in den vergangenen zehn Jahren weiter verschärfte. Für den Verein, der sich hauptsächlich durch Spenden finanziert, war diese Situation nicht länger zu halten.
“Schließung ist beschlossen”
Vergangenen Samstag fiel schließlich in einer außerordentlichen Sitzung die Entscheidung über die weitere Zukunft der Werkstatt, sagte Zorn: Die Schließung ist beschlossen worden. So alles gut geht, bedeutet dies allerdings noch nicht das endgültige Aus für den Betrieb: Ein privater Käufer, der mit Produkten aus geschützten Werkstätten handelt, will die Werkstatt übernehmen. Ein genauer Zeitpunkt wurde allerdings noch nicht fixiert.
In der Werkstätte selbst ist die Stimmung gedämpft. Der Großteil der Arbeiter ist bereits in den Urlaub geschickt worden, der vor der möglichen Übernahme konsumiert werden muss. Als einer von wenigen sitzt Ernst Riesner noch an seinem Platz, und misst mit den Händen Bündel von Perlonfäden ab, um sie anschließend mit Draht an einem Bürstenstiel zu fixieren. Es ist wichtig, dass man die Menge genau erwischt, erzählt der Handwerker lächelnd. Ein Dutzend fertige Exemplare liegen bereits vor ihm im Regal. Pro Bürste braucht man mit der Hand rund eine halbe Stunde, weiß seine Kollegin Hedwig Reder:
Das Schöne an der Arbeit ist, dass man am Abend merkt, was man geleistet hat.
Wem hier gekündigt wird, der hat mit hoher Wahrscheinlichkeit große Probleme, wieder eine Beschäftigung zu finden: Man gehört dann ja zum alten Eisen, meint Brigitte Fellinger, nach eigenen Angaben schon seit 30 Jahren da. Außerdem: Was sollt ma zu Hause auch machen?
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