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27 weitere Opferberichte

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Feldkirch - Zweite Welle an Gewaltopfern – Historiker sollen "zügig" ans Werk.

Seit der Kinder- und Jugendanwalt Michael Rauch vorige Woche in den VN 13 Fälle von schwersten körperlichen, seelischen und sexuellen Missbräuchen an ehemaligen Heimkindern pub­lik gemacht hat, stand sein Telefon nicht mehr still. „Anfang Jänner war unser Stand 30 Fälle von Gewalt- und Missbrauchsopfern.“ Bis gestern kamen 27 neue Meldungen hinzu.

Gespräche angeboten

Diesen 27 Personen, die nach eigenen Angaben als Kinder oder Jugendliche Leid erfahren haben, bietet die Opferschutzkommission des Landes nun persönliche Gespräche an. „Wir haben die Meldungen in einer ersten Einschätzung nach Alter, Dringlichkeit und Therapiebedarf geordnet.“ Die ersten zehn Gesprächstermine hat Michael Rauch für die kommenden Tage vereinbart. 13 Opfern von schwerer Gewalt hat das Land vor einer Woche eine Entschädigungszahlung in Höhe von insgesamt 235.000 Euro zugesprochen.

Historische Aufarbeitung

Die Steuerungsgruppe der Opferschutzkommission hat gestern die historische Aufarbeitung dieses grausigen Vorarlberger Erziehungskapitels besprochen. Universitätsdozent Dr. Wolfgang Weber vom Vorarlberger Landesarchivhat einen Vorschlag unterbreitet. LR Greti Schmid will nun in Abstimmung mit ihrer Kollegin Andrea Kaufmann Methodik und Expertengruppe benennen. „Fest steht, es soll eine zügige Aufarbeitung erfolgen.“

Zur Strafe in Unterhosen in Volders vorgeführt

Rankweil. Ein 59-jähriger gebürtiger Rankweiler war anderthalb Jahre lang in Kleinvolderberg untergebracht. Der Mann stammt aus einer Südtiroler Auswandererfamilie. Seine Erinnerungen lesen sich drastisch: „Die Zöglinge wurden teilweise mit Schlägen geweckt. Auf das Flüchten der Jugendlichen wurde massiv reagiert. So wurde allen Jugendlichen nach der Rückkehr eine Glatze geschnitten, teilweise wurden sie unter eine kalte Dusche gestellt. Zur Strafe bzw. Abschreckung wurden die Jugendlichen nur mit Unterhose bekleidet im Dorf ,vorgeführt‘.“

Stichwort

Kleinvolderberg. Bis 1972 wurden verhaltensauffällige Jugendliche aus Vorarlberg häufig in geschlossenen Anstalten untergebracht. In der Fürsorgeerziehung gab es für Jugendliche neben dem Kinderdorf lediglich den Jagdberg in Schlins, wo jedoch nur schulpflichtige Knaben Platz fanden. Mädchen kamen in Erziehungsanstalten nach Kramsach und Schwaz in Tirol, ältere Jugendliche nach Kleinvolderberg in Tirol. Der Volksmund gab dieser Erziehungsanstalt rasch den Übernamen „Kleinfolterberg“. Die historische Aufarbeitung der Geschehnisse gestaltete sich schwierig, da die Heimakten aus den Heimen Kleinvolderberg, Schwaz, Westendorf und Kramsach-Mariatal offenbar vernichtet wurden. Kleinvolderberg war großteils mit bis zu 120 Burschen belegt. Das Heim wurde Ende 1990 geschlossen.

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