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"Lustenau war die schönste Zeit"

©Gepa
Toni Saarinen beendet nach elf Saisonen seine aktive Spielerkarriere. Mit ihm verliert die Eishockey-Szene einen Spieler, der das letzte Jahrzehnt die Nationalliga bzw. die INL mit seinem Spielstiel, seinem Spielwitz und seinen technischen Fähigkeiten prägte. In einem Interview stand er Martin Stadlober zur Verfügung.

Stadlober:    Vor einigen Tagen hast Du Dein Karriereende bekannt gegeben. Wie geht es Dir jetzt?

Saarinen:      Es ist ein ganz komisches Gefühl für mich. Einerseits ist eine gewisse Leere vorhanden ein bisschen Wehmut, andererseits bin ich nun im Nachhinein froh, diesen Schritt für mich gemacht zu haben. Bei den letzten Spielen – speziell beim Spiel in Feldkirch sowie bei jedem Training war es eine recht schwierige Zeit für mich. Ich wusste nicht, ist dies das letzte Spiel, ist dies das letzte Training mit meinen Kameraden. Dass ich diesen Schritt gemacht habe werde ich wohl erst in den kommenden Wochen realisieren. Es warten in weiterer Folge neue Herausforderungen auf mich. Ich freue mich darauf, bin gespannt aber ich muss auch zugeben, ich bin ein wenig nervös.

Stadlober:    Wie bist Du nach Lustenau gekommen?

Saarinen:      (Toni lacht). Tja, das war eigentlich eine komische Sache. Der EHC Lustenau suchte im Sommer 2005 einen neuen Center für sein Team. Jokke Myrrä spielte ja bekannterweise schon in Lustenau. Vom Vorstand des EHC bekam Jokke den Auftrag, seine guten Beziehungen nach Finnland spielen zu lassen. So hat er mich angerufen und mich gefragt, ob ich einen Mittelstürmer kenne, der gerne in Lustenau spielen würde. Nach einigen Momenten des Überlegens sagte ich ja, ich kenne jemanden – ich würde gerne nach Lustenau kommen. Ich hatte in der Saison 2004/05 eine schwierige Zeit bei den Pelicans und wollte mich verändern. Lustenau ist in Finnland eine gute Adresse und somit für mich das ideale Sprungbrett für den Weg ins Ausland. Grundsätzlich wollte ich eine Saison hier spielen – was herausgekommen ist wissen ja alle.

Stadlober:    Was waren Deine schönsten Momente?

Saarinen:      Das ist recht schwierig zu sagen. Sportlich gesehen waren es sicherlich die drei Meistertitel. Aber auch bei diesen Meistertiteln ist es schwierig, den schönsten Titel zu nennen. Einerseits war der erste Meistertitel sicherlich etwas ganz besonderes. Aber auch der dritte Titel war sensationell, denn bei diesem Titel durfte ich den Pokal als Kapitän entgegen nehmen.

Ein weiteres Highlight ist natürlich auch die Nachwuchsarbeit, für die ich mich in Lustenau eingesetzt habe. Ich habe einige junge Spieler bzw. ganze Mannschaften trainiert. In der vergangenen Saison spielte ich mit einigen dieser Jungs zusammen in der Kampfmannschaft. Es ist schön zu sehen, dass meine Arbeit im Nachwuchsbereich Früchte trägt.

Stadlober:    Gab es Rückschläge?

Saarinen:      Nein, mir fällt grundsätzlich kein extremer Rückschlag ein. Viele Spieler nennen schwere Verletzungen als einer der größten Rückschläge. In meiner Zeit als Spieler in Lustenau bin ich Gott sei Dank von schweren Verletzungen verschont geblieben.

Stadlober:    Hattest Du Angebote von anderen Teams in diesen 11 Saisonen?

Saarinen:      Ja, die hatte ich – mehr als eines. Einerseits ist für einen Profisportler das Gehalt die wichtigste Komponente. Andererseits muss sich aber ein Sportler am Ort seines Schaffens auch wohlfühlen um seine besten Leistungen abrufen zu können. Und in Lustenau fühlte ich mich sehr wohl. Schlussendlich bin ich froh, hier in Lustenau geblieben zu sein.

Stadlober:    Bei welcher Erinnerung kommt Dir ein Lächeln über die Lippen?

Saarinen:      Das sind einige Erinnerungen, eine lange Liste. Hier alle aufzuzählen wäre wohl zu viel des Guten. Für mich war jedes Spiel, jedes Training mit meinen Kollegen ein Lächeln wert. Ich liebe diesen Sport und bin immer mit positiver Energie auf das Eis gegangen.

Stadlober:          Mitspieler, mit dem Du am liebsten in der Linie gespielt hast?

Saarinen:            Das ist schwierig zu sagen. In diesen elf Jahren habe ich mit vielen sehr guten Spielern zusammen gespielt. Doch wenn Du mich so fragst waren dies sicherlich Jutte Vanhannen und Trevor Burgess. Jutte war einer der komplettesten Spielern. Er machte sehr viel Defensiv-Arbeit, sodass ich mich auf die Offensive konzentrieren konnte. Trevor war wohl einer der besten Verteidiger, mit denen ich in Lustenau zusammenspielte. Wir harmonierten sehr sehr gut. Er kannte meine Laufwege und spielte oftmals den langen öffnenden Pass. Ja, Jutte und Trevor waren extrem gute Nebenspieler.

Stadlober:          Welcher gegnerische Spieler machte Dir am meisten Sorgen bzw. war dein härtester Gegner?

Saarinen:            In meinen elf Jahren in Österreich gab es natürlich sehr viele gute Gegenspieler. Wenn Du mich aber so fragst war es wohl Remi Royer, der in Salzburg und in Feldkirch spielte.

Stadlober:          Wie siehst Du die Entwicklung in der Liga?

Saarinen:            Die Liga bzw. das Niveau bei den Leader-Teams ist in den letzten Jahren enorm gestiegen. Früher war es viel einfacher, eine herausragende Leistung abzuliefern. Heute musst Du bei den Spielen an die Grenzen gehen. Viele der Legionäre die neue in die Liga kommen, sind vom Niveau und von der Schnelligkeit der Spiele überrascht. Früher hatten viele Teams eine Top-Linie, eine mittelmäßige zweite und eine eher schwache dritte Linie. Wenn Du heute vorne mitspielen möchtest, musst Du über mindestens drei ausgeglichen starke Linien verfügen. Sonst gibt es nicht mehr viel zu holen.

Stadlober:          Wie schaut es aus mit der Entwicklung beim EHC Lustenau?

Saarinen:            Auch bei Lustenau ist das Niveau ständig gestiegen. Nicht um sonst sind wir in den letzten elf Jahren dreimal Meister und einmal Vizemeister geworden. In der Organisation ist das Problem, dass es sich um eine relativ kleine Gruppe handelt. Wichtig wäre, die Organisation auf eine breitere Basis zu stellen. Aber ich bin mir sicher, dass sich dies auch noch verbessern wird. An dieser Stelle kann ich nur an alle Fans und Interessierte appellieren, den Verein auch in der Organisation zu unterstützen.

Als Spieler fühlte ich mich vom ersten Tage an richtig gut aufgehoben – dies ist nicht selbstverständlich, wie ich von einigen Spielern nicht nur in Österreich, sondern auch aus Finnland hörte. In Lustenau sind wir sehr gut aufgestellt – einen sensationellen Betreuer super Physio und so weiter. Für einen Spieler ist dies eine sehr tolle Voraussetzung – die Spieler können sich voll und ganz auf das Eishockeyspielen konzentrieren.

Stadlober:          Was sind Deine Gedanken zur vergangenen Saison?

Saarinen:            Die Saison ist noch nicht lange beendet und somit ist es recht schwierig, eine objektive Rückschau machen zu können. Die Saison 2014/15, als wir Meister wurden, ist nahezu perfekt abgelaufen – wir waren mit unseren Leistungen sehr zufrieden und jeder klopfte uns auf die Schultern. Im Hinterkopf erwartest Du dir auch in der kommenden Saison die gleiche Leistung.

Wenn es dann nicht von Anfang an perfekt läuft, beginnst Du nachzudenken und baust Dir einen Eigendruck auf – dies kann nie gut gehen. Auch mit meinen Leistungen war ich in der vergangenen Saison nicht immer zufrieden – das Toreschießen klappte nicht mehr so wie in den vergangenen Jahren. In dieser Zeit dachte ich mir dann, ich muss der Mannschaft anderweitig helfen – mehr in der Defensive zu arbeiten und sich in den Dienst der Mannschaft zu stellen. Schlussendlich sind wir jedoch ins Finale eingezogen und somit war es doch keine verkorkste Saison.

Stadlober:          Wie gestaltet sich Deine persönliche Zukunft?

Saarinen:            Es ist noch zu früh um Pläne für die Zukunft zu schmieden – ich benötige nun ein wenig Zeit für mich, Zeit zum loszulassen und diese Zeit werden ich mich auch nehmen um mir über meine Zukunft Gedanken zu machen.

Stadlober:          Und da war da noch …

Saarinen:            (lacht) Ja, da ist auf jeden Fall noch … Es gibt so viele Leute, bei denen ich mich bedanken möchte, bei Spielern, Funktionären, Fans und vielen vielen Menschen, die ich in meiner Zeit in Lustenau kennen gelernt habe. Hier jemanden herauszuheben, wäre unfair gegenüber allen anderen und somit werde ich dies auch nicht tun. Vielleicht noch ein Satz, der vieles zusammenfasst: Ich habe mein Herz für Lustenau gegeben und sehr sehr vieles zurückbekommen.

Stadlober:          Danke für das Interview.
Toni Saarinen:

Geb. Dat.:        6. August 1976

Geburtsort:    Hämeenlinna (Finnland)

Familie:            Jaqueline Rudics (Freundin)

Tochter Floora (3 Jahre)

Sohn Nemo (2 Jahre)

Sohn Kaspian (1 Jahr)

Vereine:          1994 – 1998:          HPK (Finnland)

1998 – 2005:          Pelicans Lahti

2005 – 2016:          EHC Lustenau

Highlights EHC:

Spiele EHC:            360 Spiele

Tore EHC:               202 Tore

Assists EHC:           502 Assists

2005/2006              Meister Nationalliga

2008/2009              Meister Nationalliga

2014/2015              Meister Internationalliga

 

2007/2008              Punktebester Nationalliga (100 Punkte)

2008/2009              Punktebester Nationalliga (83 Punkte)

 

2006/2007              Assistbester Nationalliga (71 Punkte)

2007/2008              Assistbester Nationalliga (73 Punkte)

2008/2009              Assistbester Nationalliga (56 Punkte)

2011/2012              Assistbester Nationalliga (46 Punkte)

2012/2013              Assistbester Internationalliga (35 Punkte)

2014/2015              Assistbester Internationalliga (31 Punkte)

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