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Land verärgert über Biosprit

Diesel, Benzin, Super und Super Plus: Bald soll die Sprit-Palette um Super E10 erweitert werden.
Diesel, Benzin, Super und Super Plus: Bald soll die Sprit-Palette um Super E10 erweitert werden. ©VOL.AT/Roland Paulitsch
Schwarzach - Die E10-Pläne von Umweltminister Berlakovich stoßen in Vorarlberg auf Ablehnung.
Berlakovich besteht auf E10

Es ist eine paradoxe Diskussion, die rund um das Thema Biotreibstoff E10 im Gange ist. Aus Gründen der CO2-Reduktion will Umweltminister Nikolaus Berlakovich (ÖVP) mit Herbst E10 in Österreich einführen – kann mit diesem Argument abseits der Agrarbranche aber keine Mitstreiter für sein Vorhaben gewinnen. Die Kritiker – die mit Greenpeace, ARBÖ, Caritas und AK bunter nicht sein könnten – finden hingegen auch in Vorarlberg regen Zuspruch.

Grüne mit Anfrage

Unter dem Motto „Nahrung gehört auf den Teller, nicht in den Tank“ fordern etwa die Vorarlberger Grünen im Zuge eines Antrags die Landesregierung auf, beim Bund gegen die Einführung von E10 zu intervenieren. „Eine verantwortungsbewusste Politik sollte die Energie- und die Verkehrswende fördern, nicht die Agroindustrie“, poltert Energiesprecher Bernd Bösch. Bereits der Begriff „Biosprit“ sei nämlich eine Lüge. „In Wirklichkeit werden beste landwirtschaftliche Flächen für die Pflanzentreibstoffproduktion verschwendet, Regenwälder abgeholzt, Grundnahrungsmittel verknappt und verteuert – für die Millionen Menschen, die den Großteil ihres Einkommens für Nahrung ausgeben, auf ein tödliches Niveau“, kritisiert der Grüne scharf – und findet Unterstützung bei der Arbeiterkammer.

Die geplante Einführung von E10 würde laut AK die Preistreiberei bei Nahrungsmittelrohstoffen verstärken und Spekulationen anheizen. Die Folgen: Für Lebensmittel müsste der Konsument tiefer in die Tasche greifen. 51 Millionen Euro Mehrbelastungen kämen damit jährlich auf die Konsumenten in Österreich zu, so die AK-Berechnungen. „Ich sehe nicht einen Grund, der für E10 spricht. Wir sind strikt dagegen“, betont AK-Konsumentenschützer Paul Rusching gegenüber den VN. Profitieren würden ausschließlich große Agrarbetriebe. Es sei paradox, dass man hierzulande offenbar nicht aus den Fehlern der Nachbarn lernen wolle, verweist Rusching auf das Beispiel Deutschland.

Flop in Deutschland

Denn dort darf Biosprit getrost als Flop bezeichnet werden. Aus Angst um ihre Motoren haben viele Autofahrer den Treibstoff mit zehn Prozent Ethanolanteil boykottiert, obwohl er in Deutschland billiger angeboten wird als herkömmliches Benzin. Vor allem ältere Fahrzeuge oder rund zehn Prozent des Bestands hätten Probleme mit E10. Als weitere Ursache für das Debakel wurde unter anderem die mangelnde Aufklärung ausgemacht. Der deutsche Entwicklungsminister Dirk Niebel fordert bereits die Abschaffung des Biosprits.

Nicht grundsätzlich ablehnen will E10 hingegen der ÖAMTC. „Man muss das Thema vorsichtig angehen“, sagt Sprecher Jürgen Wagner. Dazu zähle eine umfassende Informationskampagne genauso wie klare technische Rahmenbedingungen und regulierende Mechanismen. „Wenn man merkt, dass Biotreibstoff auf Kosten der Lebensmittelproduktion geht, muss man einschreiten können“, stellt Wagner klar.

Aggressiver geht man beim ARBÖ gegen Biosprit vor. Mit „Tanke Mais um keinen Preis“ hat der Autofahrerclub eine Unterschriftenaktion gegen die Einführung von E10 gestartet. Was nämlich passiere, wenn die Treibstoffproduktion in Konkurrenz zu Nahrungsmitteln trete, werde derzeit am Beispiel USA deutlich. Die aufgrund von Dürre verursachten Missernten treiben die Getreidepreise weltweit massiv in die Höhe, Experten warnen vor Hungerkatastrophen. Für den ARBÖ sei deshalb klar: „Ein voller Magen hat Vorrang vor einem vollen Tank.“

Stichwort E10

Superbenzin E10 Mit Herbst 2012 soll Superbenzin mit einem Bioethanolanteil von maximal zehn Prozent an den heimischen Tankstellen verkauft werden. Die Produktbezeichnung lautet E10. Die Beimischung von Ethanol zum Benzin hat zwei Vorteile: Bioethanol wird aus Pflanzen, also regenerativen Quellen, gewonnen und reduziert damit den CO2-Ausstoß. Zuckerrüben, Zuckerrohr oder Weizen sind typische Ausgangsstoffe für Bioethanol. Durch die Verwendung von nachwachsenden Biokraftstoffen werden außerdem die Erdölreserven geschont. Allerdings wird auch davor gewarnt, dass die Umwandlung von essbaren Pflanzen in Sprit die Lebensmittelpreise in die Höhe treiben kann. Das würde vor allem die Ärmsten treffen. Und: Der Energiegehalt von Ethanol ist niedriger als der von Benzin aus Erdöl. Das führt dazu, dass Autos bei der Umstellung auf E10 mehr verbrauchen. Die Mineralölindustrie spricht von zwei Prozent.
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