Dornbirn/Innsbruck. Alles außer langweilig. Das ist der bescheidene Wunsch, den jeder Mensch zu einem Museumsbesuch erwartungsvoll mitbringt. Eine kundige Führung durch ehrwürdige Räumlichkeiten mit herausragenden Exponaten soll anregend sein und keinesfalls ermüden. Dass das genauso gilt für einen Besuch auf Schloss Ambras in Innsbruck, ist der Kunstvermittlerin Carmen Oberberger kein Dorn im Auge. Ganz im Gegenteil. Langeweile kommt bei einem Rundgang mit ihr nicht auf. Selbst dann, wenn die Dornbirnerin außerhalb des Schlosses über ihre Arbeit dort spricht, wähnt man sich mittendrin, zurückversetzt ins 16. Jahrhundert. Denn genau vor 450 Jahren hielt Ferdinand II. seinen feierlichen Einzug in Innsbruck. Als Sohn Kaiser Ferdinands I. entwickelte er dort eine höfische Repräsentationskultur. Der humanistisch gebildete Fürst trug sogar ganz wesentlich zur Verbreitung der Renaissance in Mitteleuropa bei.
„Ich ordne jeweils spontan ein, welches Publikum ich bei einer Führung gerade anspreche“, sagt die sprachgewandte Frau mit feinen Sensoren. Sie informiert nicht nur, sie weiß ihr Auditorium zu unterhalten. Das Wissenswerte aus vergangener Zeit macht sie lebendig in Verbindung mit aktuellem Geschehen. Etwa eine Stunde lang erzählt die Wahl-Innsbruckerin Faszinierendes über den Habsburger Regenten und was ihn ausmachte. „Immerhin war Ferdinand II. eine der bedeutendsten Sammlerpersönlichkeiten der Geschichte“, betont Carmen Oberberger. In der „Kunst- und Wunderkammer“ mit Exotischem aus fernen Ländern oder den „Rüstkammern“ mit blank polierten Rüstungen begeistert die Vermittlerin zuverlässig jeden Besucher. Ihr wichtigster Hintergrund für die erfolgreiche Vermittlung ist das Studium. Es braucht außerdem Talent und man muss der richtige Typ sein für diesen Job, ist sie überzeugt. Früchte trage auch etwas Bühnenerfahrung von früher. Dieses Rüstzeug holte sich Carmen im Ballett der Musikschule unter der Leitung der Tanzpädagogin Edith Betzler. „Kurz gesagt: Ich habe gefunden, was ich machen möchte“.
Das älteste Museum der Welt
Für seine berühmten Sammlungen ließ der Renaissance-Fürst ein Museumsgebäude errichten, das bis heute erhalten geblieben ist. Sein Sammlungskonzept war bahnbrechend für die Entwicklung des Museumswesens überhaupt. Die Kunstvermittlerin lässt aufhorchen: „Wir haben auf Schloss Ambras das älteste Museum der Welt“. „Unsere diesjährige Großausstellung ist eines der wichtigsten österreichischen Kulturereignisse des Jahres“, ergänzt die 37-Jährige. Kein Wunder also, wenn die Jubiläumsausstellung, die bis 8. Oktober täglich von 10 bis 17 Uhr geöffnet ist, mehr Gäste anlockt als je zuvor. Da sind zum einen individuelle Besucher, die die Führung als bunt zusammengewürfelte Gruppe machen. Eine vermeintlich homogene Gruppe, wie etwa Historiker, stellen wieder ganz andere Ansprüche an die Vortragende. Sie weiß natürlich auch, dass im Gegensatz dazu Schüler besondere Wünsche oder Fragen mitbringen, wenn erst mal das „Null-Bock auf-gar-nix-Gesicht“ verflogen ist. Sie erinnert sich da an ihre eigene Schulzeit im Bundesgymnasium Dornbirn. „Wir machten Exkursionen nach Zürich oder München, aber leider nie nach Innsbruck. Dabei wäre das so naheliegend, weil das Gebiet Vorarlberg früher durch die Verwaltung mit Tirol eng verbunden war.“
Nach der Matura am BGD begann die Hatlerin ein Doppelstudium Kunstgeschichte und Pädagogik an der Universität Innsbruck. Wichtig ist für sie zunächst die Arbeit, die sie 2003 als Schloss-Aufsicht begann. Seit nunmehr zehn Jahren macht Oberberger Führungen als Kunstvermittlerin. Mit ihrem historischen Arbeitsplatz identifiziert sie sich, schlüpft gleichsam in eine Rolle nicht nur dann, wenn sie zu passender Gelegenheit auch ein höfisches Kostüm überzieht. Beim Schlossfest gibt sie die Edeldame, bekleidet mit einem prächtigen Gewand, das ein spezieller Kostümverleih aus Italien liefert. „Die Leute sagen, das passe zu mir.“ Aber nein, leben hätte sie damals nicht wollen, auch nicht auf dem Schloss. „Die Frauen wurden aus dynastischen Gründen verheiratet – nüchtern betrachtet ist das wirklich nicht toll.“ Im Vergleich zu einem komischen Ehemann war das Haller Damenstift eine gute Option für fromme Frauen des Hochadels, meint Carmen Oberberger. Da hatten die Damen ein freies Leben, konnten ihre Entscheidungen selbst treffen und hatten vermutlich auch keine Langeweile.
Carmen Oberberger, geboren 11.2.1980
Aufgewachsen in Dornbirn mit zwei Brüdern
Matura am BGD, Studium der Kunstgeschichte und Pädagogik
Beruf: Kunstvermittlerin auf Schloss Ambras
Hobby: Auf Flohmärkten nach Schätzen suchen
Weitere Infos zum Jubiläumsjahr auf Schloss Ambras: www.ferdinand2017.at
Hinweis – falls nicht schon ausgebucht: VN Erlebnisreise am 31. August – Silberbergwerk und Schloss Ambras.
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