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Dann BIN ich ja ein Mörder: Walter Manoschek und die Nazis

Ob die Aussage "Dann BIN ich ja ein Mörder" des NS-Kriegsverbrechers Adolf Storms, der ohne Befehl 60 jüdische Menschen erschießen ließ, bereits ein Geständnis ist, darüber wurde u.a. diskutiert.
Ob die Aussage "Dann BIN ich ja ein Mörder" des NS-Kriegsverbrechers Adolf Storms, der ohne Befehl 60 jüdische Menschen erschießen ließ, bereits ein Geständnis ist, darüber wurde u.a. diskutiert. ©Bandi Koeck
Bludenz. (BK) Der Verein AllerArt stellte in der Reihe "Diskurs direkt - die letzten Zeugen" den äußerst sehenswerten Dokumentationsfilm "Dann bin ich ja ein Mörder" von Walter Manoschek vor, der eigens dafür aus Wien angereist war.
Walter Manoschek präsentiert seinen Film

Professor Walter Manoschek ist Sozialwissenschafter und außerordentlicher Professor an der Uni Wien und kein eigentlicher Filmemacher. Er beschäftigt sich seit über 20 Jahren mit den Auswirkungen des Nationalsozialismus und der Judenverfolgung. “Seine Dissertation über die Judenvernichtung in Serbien arbeitete auf, was geschah” sagte Dr. Markus Barnay vom ORF Landesstudio vor versammeltem Publikum in der Remise über den Ehrengast. Manoschek recherchierte über die Waldheim-Affäre genauso wie den Kladovo-Transport. Seine bekanntesten Forschungen widmeten sich der Wehrmachtsjustizu und den Desserteuren. “Dank ihm gibt es beim Wiener Ballhausplatz ein Denkmal für Desserteure, die auch rehabilitiert wurden” so Barnay.

Der Dokumentarfilm von 2008 beschäftigt sich über die letzten Tage des Krieges, also mit dem, was vor genau 70 Jahren in Österreich passiert ist. Am 29. März 1945 wurden im burgenländischen Deutsch Schützen ca. 60 ungarisch-jüdische Zwangsarbeiter von drei Männern der Waffen-SS erschossen. Einer der mutmaßlichen Mörder war SS-Unterscharführer Adolf Storms, der für diese Tat niemals zur Rechenschaft gezogen wurde. 63 Jahre nach der Tat gelang es Walter Manoschek Storms zu interviewen. In den Gesprächen mit Storms, mit tatbeteiligten HJ-Führern und Juden, die das Massaker überlebten, wurde das Verbrechen rekonstruiert und Fragen nach dem Vergessen, dem Verdrängen und der  Verantwortung gestellt. Storms leugnete seine schrecklichen Taten bewusst oder unbewusst, dessen ist sich Manoschek, der etwa 16 Stunden mit dem Massenmörder verbrachte, bis heute unschlüssig. Bevor der Prozess 2009 gegen Storms eröffnet werden konnte, verstarb Storms, der bis zu seinem Lebensende durch und durch Nazi war.

Im Anschluss an den Film gab es eine rege Diskussion mit Walter Manoschek. Die österreichische Justiz versagte kläglich, was die Verurteilung von NS-Verbrechen angeht. “Eine Demokratie aufzubauen und gleichzeitig 100.000 Nazis zu verurteilen, das geht nicht” waren sich Manoschek und Barnay einig.

Die letzte Veranstaltung der Reihe findet am 30. Juni um 19.30 Uhr in der Remise in Bludenz statt. Zeitzeugin Helga Pollak-Kinsky wird aus ihrem “Theresienstädter Tagebuch” lesen.

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