Den offenkundig schwungvollen Medikamentenhandel belegt Weiss mit vertraulichen Dokumenten, die in Auszügen auch den VN vorliegen.
VN: Der Vorarlberger Ärztekammerpräsident hat dezidiert ausgeschlossen, dass heimische Ärzte in die Sache involviert sind.
Weiss: Aus meinen Dokumenten geht hervor, dass, genau so wie in anderen Bundesländern, auch Vorarlberger Ärzte von Pharmafirmen Gratismedikamente erhalten, wenn sie eine bestimmte Menge kaufen.
VN: Was ist an einem Rabatt verwerflich?
Weiss: Verwerflich finde ich, dass es sich teilweise um enorme Mengen handelt und das systematisch erfolgt. Es sind ja nicht nur Einzelaktionen. Es herrscht sozusagen ein ständiger Sommerschlussverkauf für Medikamente. Häufig wird die gleiche Menge an Medikamenten, die der hausapothekenführende Arzt kauft, noch einmal dazugeschenkt. Was ein deutlicher Hinweis dafür ist, dass die offiziellen Preise sowieso absurd sind. Und wir bezahlen, was letztlich nur dem Arzt zugute kommt.
VN: Es heißt aber, die Ärzte würden an den Medikamenten nicht viel verdienen.
Weiss: Natürlich verdienen die etwas. Der Arzt verschreibt ein Medikament, die Patienten lösen das Rezept wieder bei ihm ein und er verrechnet es vermutlich der Krankenkasse weiter. Aber daran ist, wie ich mit Erstaunen lernen musste, offenbar nichts Illegales.
VN: Wie sieht es mit der moralischen Seite aus?
Weiss: Für mich ist das ein klassischer Fall von Korruption. Juristisch gesehen scheint zwar nichts schief, aber das kann sicher nicht im Interesse der Krankenkassen, der Beitragszahler und der Volkswirtschaft sein. Zudem verschreiben hausapothekenführende Ärzte nach meinen Berechnungen um durchschnittlich 40 Prozent mehr Medikamente.
VN: Glauben Sie, die Patienten regt so etwas noch auf?
Weiss: Das regt die Leute natürlich auf, weil jeder sieht, wie viel er zahlen muss. Medikamente sind nach wie vor eine besondere Ware, würde ich meinen. Denn letztlich geht es auch um die Qualität der medizinischen Versorgung. Wenn ständig Sonderangebote in Apotheken und bei Ärzten laufen, ist anzunehmen, dass die Verlockung groß ist, Arzneimittel nicht unbedingt nach medizinischen Gesichtspunkten zu verschreiben.
VN: Und das alles soll niemand gewusst haben?
Weiss: Das kann ich mir nicht vorstellen. Was bis jetzt gelaufen ist, ging sicher mit dem inoffiziellen Segen der Politik über die Bühne.
VN: Die Gesundheitsministerin will den Geschenkwert auf 7500 Euro beschränken.
Weiss: Das zeigt doch schon um welche Summen es da geht. Und es bedeutet, dass es nicht unüblich ist und weit höhere Beträge im Spiel sind.
VN: Die Politik hat damit aber auch ungewollt Ihre Vorwürfe bestätigt.
Weiss: Richtig.
VN: Warum spielen Ihnen Mitarbeiter von Firmen solche internen Dokumente zu?
Weiss: Als Beitragszahler sind sie eben auch über solche Praktiken empört.
VN: Wie werden Sie jetzt weiter vorgehen? Weiss: Die Angelegenheit hat solche Wellen geschlagen, dass sich ständig Leute melden und mir weiteres Material zur Verfügung stellen. Und ich werde ganz sicher dran bleiben. Offenbar ist der Druck der Öffentlichkeit die einzige Möglichkeit, die Politik zu zwingen, in diesem Bereich etwas zu ändern.
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