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"Österreich als Opfer Hitlerdeutschlands" erforscht

Bregenz – Ein Rot-Weiß-Rot-Buch sollte 1946 belegen, dass Österreich ein Hitler-Opfer gewesen wäre und die Österreicher gegen die NS-Diktatur wirksam Widerstand geleistet hätten.

Der Jurist und Historiker Ulrich Nachbaur hat die Entstehung des Rot-Weiß-Rot-Buchs erforscht und die über 30 Vorarlberger Beiträge editiert, von denen darin letztlich nur einer berücksichtigt wurde. Das Landesarchiv in Bregenz (Kirchstraße 28) lädt alle Interessierten zur Buchpräsentation am Mittwoch, 18. Februar 2009, um 17.00 Uhr, ein. Der Eintritt ist frei.

Im Vorfeld der Staatsvertragsverhandlungen veröffentlichte das österreichische Außenamt im Dezember 1946 ein Rot-Weiß-Rot-Buch. Es sollte dokumentieren, dass Österreich im Sinn der Moskauer Deklaration von 1943 tatsächlich als erster Staat Hitlers Aggressionspolitik zum Opfer gefallen sei und die Österreicher, wie gefordert, gegen die nationalsozialistische Gewaltherrschaft Widerstand geleistet hätten. Dem Rot-Weiß-Rot-Buch war kein nennenswerter politischer Erfolg beschieden. Größeres Interesse fand es erst wieder ab 1986 im Zuge der Waldheim-Debatte. Die Zeitgeschichtsschreibung wertet die Dokumentation heute überwiegend als eine Art “Evangelium des österreichischen Opfermythos”.

 

Von den über 30 Beiträgen aus und über Vorarlberg, die der Redaktion zugingen, fand im Rot-Weiß-Rot-Buch nur einer auszugsweise Verwendung. Die Berichte stammen größtenteils von Gemeinden, Bundesbehörden und Mittelschulen. Sie sind von unterschiedlicher Länge und Güte. Ein Bericht über Bartholomäberg gibt zum Beispiel Einblick in den Mikrokosmos einer Bergbauerngemeinde in den Jahren der Diktatur und des Krieges. Am Beispiel der Bergpfarre Brand wird der kleinliche Kirchenkampf nachvollziehbar. Mit Bescheidenheit berichtet der Bürser Bürgermeister Peter Winder über Bemühungen im Raum Bludenz, Widerstand zu leisten, der eigenen Weltanschauung treu zu bleiben und die Menschenwürde zu achten. Dramatisch, allerdings bereits im Wesentlichen bekannt, ist der Bericht über die Rettung der Illwerke im Montafon. Zum Teil sehr wertvoll sind die Statistiken, die das Landesgericht Feldkirch und das Bezirksgericht Dornbirn lieferten. Auch andere Beiträge bieten interessante Aspekte.

 

Ulrich Nachbaur hat diese Berichte nun unter dem Titel “Österreich als Opfer Hitlerdeutschlands” veröffentlicht und kommentiert – zudem einschlägige Dokumente zum “Rotbuchprojekt” selbst, das bisher noch kaum erforscht war. Deshalb zeichnete der Jurist und Historiker, der im Vorarlberger Landesarchiv arbeitet, auch dessen Entstehungs- und Wirkungsgeschichte nach.

 

Ulrich Nachbaur, Österreich als Opfer Hitlerdeutschlands. Das Rot-Weiß-Rot-Buch 1946 und die unveröffentlichten Vorarlberger Beiträge (Quellen zur Geschichte Vorarlbergs 11). Regensburg: Roderer Verlag, 473 Seiten, ISBN 978-3-89783-647-1, 38,00 Euro.

Weitere Informationen: www.landesarchiv.at.

 

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