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Prüfung auf Herz und Nieren

Man kann schon von einer Punktlandung sprechen, die Bernhard Wittwer, der die Montagearbeiten in der Kaverne leitet und seinem Team in den letzten Wochen gelungen ist.


Rechtzeitig vor dem Wintereinbruch sind die letzten relevanten Maschinenteile über den Straßenweg in die Maschinenkaverne gelangt und konnten an ihrem Bestimmungsort installiert werden. In den letzten vier Baujahren war der Wettergott gnädig und gewährte dem Projekt jeweils bis Weihnachten die Zugänglichkeit über die Silvretta-Hochalpenstraße, bevor der Schnee diese bis ins Frühjahr wieder verbarg. Darauf wollten sich Wittwer und seine Kollegen aber nicht verlassen und trafen die entsprechenden Vorkehrungen.

So wurden auch die beiden schwersten Bauteile des Obervermuntwerks II erfolgreich an ihren finalen Standort transportiert. Um die beiden Transformatoren in die Trafokaverne
zu bringen, war allerdings eine ganze Menge Denkarbeit gefragt. 200 Megavolt-Ampere beträgt die Leistung der beiden Trafos, die unbefüllt – also ohne Trafoöl – das stolze Gewicht von 152 Tonnen auf die Waage bringen.

Mit einem Spezialzug reisten die bei den genau nach der Vorstellung der Illwerke-Ingenieure gefertigten Trafos nach Rodund. In der Nacht ging es auf einem Tieflader weiter bis zum
Kopswerk II. Von dort führte die Reise auf einem Selbstfahrer über die vielen Serpentinen der Silvretta-Hochalpenstraße hinauf und hinein in die Maschinenkaverne.
Rundd reieinhalb Meter breit, viereinhalb Meter hoch und sieben Meter lang ist ein solcher Trafo und bringt gemeinsam mit dem Selbstfahrer rekordverdächtige 200 Tonnen
auf die Waage. Der Transportstartete in der Nacht und dauerte bis in die Vormittagsstunden hinein. In der Maschinenkaverne wurde der Trafo auf die bereits zu einem früheren Zeitpunkt verlegten Schienen gehoben, um dann an den Bestimmungsort gezogen werden zu können.

In den Transformatoren wird der über den Generator erzeugte Strom entsprechend „transformiert“, um ihn möglichst verlustfrei aus dem Kraftwerk ins Tal und zum Umspannwerk zu transportieren.

Maschine 1 bereit, Maschine 2 beinahe
Wenn das Obervermuntwerk II Ende 2018 ans Netz geht, werden zwei horizontal, also liegend, eingebaute Maschinen mit einer Leistung von insgesamt 360 Megawatt in Betrieb sein. Bevor es aber soweit ist, müssen diese auf Herz und Nieren getestet werden. „Die kommenden Monatesind für alle Beteiligten eine ganz besondere Zeit“, so Bernhard Wittwer, „denn jetzt stellt sich heraus, ob das, was sich die Ingenieure über Monate und Jahre ausgedacht, konstruiert und errechnet haben, auch tatsächlich so funktioniert, wie man sich das vorgestellt hat.“ Vergleichsmöglichkeitenaus der Praxisgibt es ganz wenige, so der Diplomingenieur, denn Maschinen dieser Art gibt es weltweit nur wenige.

Die Maschinen, die aus Turbine, Kupplungen, Generator und Pumpe bestehen, werden in diesen Wochen fertiggestellt. Bei der ersten Maschine finden noch Verkabelungsarbeiten statt. Sie ist aber soweit, dass die Trockeninbetriebsetzung bereits begonnen hat. Das bedeutet, dass ohne Wasser getestet wird, ob alle Komponenten funktionstüchtig sind. Bei der zweiten Maschine ist man
planmäßig noch nicht ganz so weit: Hier ist man aktuell dabei, die Wellen aufeinander auszurichten, sodass dann die Kupplungen eingebaut werden können. Auch wenn diese Maschinen die „Hauptdarsteller“ beim Pumpspeicherkraftwerk Obervermuntwerk II sind, ginge ohne die so genannten „Nebenanlagen“ gar nichts. Die Rede ist beispielsweise von der Eigenversorgung für das Kraftwerk, Ölversorgungs- und Kühlwasseranlagen oder der Lenzpumpenanlage, die das Bergwasser und Wassereintritte in der Kaverne am tiefsten Punkt sammelt und wieder in den Vermuntsee pumpt. Viele dieser wichtigen Komponenten sind bereits fertiggestellt und funktionsbereit.

Abstimmung für Inbetriebsetzung
Sämtliche Arbeiten sind derzeit darauf ausgelegt, dass im März 2018 das so genannte „Erste Drehen“ stattfinden kann. Dann wird die Maschine das erste Mal unter Realbedingungen, also
mit Wasser, in Bewegung gesetzt. Besonders wichtig ist daher die genaue Koordination aller beteiligten Firmen. Täglich finden Abstimmungsbesprechungen statt, damit alle genau wissen, wer gerade woran arbeitet. Für die Inbetriebsetzung braucht es eine ganze Menge an Spezialisten. Daher arbeiten die Ingenieure aktuell fieberhaft am Feinschliff für den Inbetriebsetzungsplan.

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