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Kein anonymes Sparen mehr

Österreichs Sparbuch-Anonymität fällt am 1. November.

Die Sparbuchanonymität fällt – in Raten. Ab 1. November 2000 muss sich auch in Österreich jeder Sparer bei Eröffnung eines Sparbuchs bei der Bank ausweisen. Der gleiche Stichtag gilt für neue Einzahlungen auf die bestehenden rund 25 Millionen Anonym-Konten. Abgehoben werden kann von anonymen Sparbüchern noch bis 30. Juni 2002 auch ohne Ausweisleistung. Auf diese Eckpunkte für ein neues Bankwesengesetz (BWG) haben sich heute, Freitag, Finanzminister Karl-Heinz Grasser und die Chefs der Großbanken verständigt.

Grasser sagte nach dem Banken-Gipfel, dass bei mehr als 25 Millionen anonymen Sparbüchern in Österreich die schützenswerten Interessen der Sparer und „technische Übergangsfristen“ berücksichtigt werden müssten. Als kleine „Eisberglösung“ wird die eineinhalb Jahre länger dauernde weiterhin anonyme Kontobehebung von ihm ausdrücklich nicht betrachtet.

Mit dem geplanten Gesetz zur Beendigung der Anonymität schaffe man nicht nur eine EU-konforme, sondern weltweit akzeptable Lösung. Grasser sprach von einem „Signal an die Staatengemeinschaft“. Obwohl die Sanierung dieses Themas trotz 11 Jahre dauernder Aufforderungen durch die FATF von früheren Regierungen auf die lange Bank geschoben worden sei, verabschiede man sich von der Anonymität jetzt „mit einer Träne im Auge“. Grasser kündigte für die Sparer einige Trostpflaster an.

Nach Vorweisen eines amtlichen Lichtbildausweises soll das Sparbuch als legitimiert gelten, hieß es heute. Die Banken schließen daraus, dass damit die einmalige Ausweisleistung ausreicht. Auch nach dem Ende der Anonymität bleibe die finanzielle Sphäre der Sparer durch das Bankgeheimnis geschützt, betonten Grasser und die Bankenchefs. Nur die Bank kennt die Identität des Inhabers.

Niemand müsse sich Sorgen um seine Einlagen machen, betonte Grasser, da das Bankgeheimnis jetzt schon eines der strengsten der Welt sei. In der Strafprozessordnung soll dennoch festgehalten werden, dass das Bankgeheimnis nur dann durchbrochen werden kann, wenn es konkreten Tatverdacht gibt – nur auf richterliche Anordnung.

Geplant sind einige Begleitmaßnahmen: Von diesem November an bis zum 30. Juni 2002 sollen Schenkungen von anonymen Sparbüchern, die üblicherweise im Familienkreis stattfinden, schenkungssteuerbefreit gestellt werden. Vereinbart wurde auch, dass alle Steuerschulden, die vor der Einführung der Zinsendbesteuerung (Jänner 1993) angefallen sind, amnestiert werden. Dafür seien also weder Steuern zu zahlen noch Strafen zu fürchten. Die Banken werden im Fall des Ablebens des Bankkunden von der Meldepflicht ans Finanzamt befreit.

Keine gröberen Konsequenzen als den nachdrücklichen „Passzwang“ gibt es für Nachzügler: Anonyme Sparbücher, die nicht bis zum 30. Juni 2002 legitimiert sind, werden von den Banken auf (gesonderten) Konten geführt, über die erst nach Vorlage des Sparbuchs samt Ausweis verfügt werden kann. Das Eigentumsrecht wird ja nicht berührt.

Sparer, die im Zusammenhang mit den bevorstehenden Sparbuch-Deklarierungspflichten befürchten, ihr Geld könnte bei allzu später Legitimation „gesperrt“ werden oder gar irgendwie verfallen, wurden von der Kreditwirtschaft eindeutig beruhigt: Kein Schilling wird verfallen, niemand würde irgend etwas „konfiszieren“, sollten Fristen versäumt werden. Die normale „Kapitalverjährungsfrist“ von 30 Jahren wurde auch in der geltenden Praxis nicht beansprucht. Werden alte Sparbücher entdeckt, so zahlen die Banken auch Jahrzehnte danach an die Inhaber aus.

Die OECD-Arbeitsgruppe gegen Geldwäscherei (FATF) hatte Anfang Februar ein allerletztes Ultimatum gesetzt: Österreich würde per 15. Juni 2000 automatisch aus der FATF ausgeschlossen, falls nicht bis 20. Mai eine Gesetzesänderung erstellt werde, die die Sparbuch-Anonymität aufhebt. Spätestens ab Juli 2002 darf es laut FATF in Österreich kein einziges anonymes Konto mehr geben. Am 15. März steht eine erste Verhandlung vor dem EuGH an, die EU hat Österreichs Sparbuchanonymität (aber auch die „Eisberglösung“ für Wertpapierkonten) schon seit Jahren im Visier.

Die Bankenchefs wünschen, dass nun zunächst die FATF mit Sitz in Paris von dem Maßnahmenpaket unterrichtet wird, und zwar nicht nur auf Beamtenebene, wie beigefügt wurde. Die Kosten der Reform wurden von den Banken noch nicht duchgerechnet, da vieles von Details abhänge, sagte Walter Rothensteiner namens der Bundeskreditsektion.

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