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Jetzt spricht der Angeschossene

Am Donnerstag fand die Kantonspolizei St. Gallen den Revolver, mit dem Urs von Aesch auf den vermeintlichen Zeugen schoss. Nun gewährte der 46-Jährige dem St. Galler Tagblatt erstmals ein Gespräch.

Der Revolver wurde bei einer spezifischen Feinsuche auf dem möglichen Fluchtweg von Von Aesch zwischen dem Hartmannswald und der Billwilderhalde in einem Waldstück entdeckt, wie die St. Galler Kantonspolizei am Donnerstag mitteilte.

Viel diskutiert und spekuliert wurde über den 46-jährigen N.N.*, der am 31. Juli von Urs von Aesch angeschossen wurde. Zum Teil wurde er sogar als möglicher Komplize gehandelt. “Alles Unsinn”, sagt der 46-Jährige im Exklusiv-Gespräch mit dem St. Galler Tagblatt:


Danach tätigt N.N. am 31. Juli in Ottos Warenposten Einkäufe. Um 10.32 Uhr zahlt er, die Zeit steht auf der Quittung. Mit seinem alten Auto fährt er den Bürerstich hinauf, als am Armaturenbrett plötzlich die Öllampe rot aufleuchtet. Darum hält N.N. beim Bürerwald an, um nach dem Öl zu sehen. In diesem Moment galoppiert ihm ein Pferd entgegen. Er will es aufhalten. Es gelingt ihm nicht. Das Pferd rennt in ein Auto und wird dabei schwer verletzt. “Eine äusserst blutige Sache”, sagt die Polizei dazu.

N.N. zieht sich über sein dunkelblaues T-Shirt eine orange Sicherheitsweste an und regelt bis zum Eintreffen von Polizei und Feuerwehr den Verkehr. Gegen 11.30 Uhr fährt er nach Hause. Über diesen Unfall berichtet die Polizei nicht; er verschwindet rund um die Ereignisse um das verschwundene Mädchen und den angeschossenen N.N. in der Bedeutungslosigkeit.

Der Unfall beschäftigt N.N. so sehr, dass er am Mittag nochmals an die Unfallstelle fährt. Nachdem er sie besichtigt hat, fährt er mit dem Auto die wenigen Meter ins Hartmannshölzli um eine Zigarette zu rauchen. “Dort habe ich den weissen Renault Trafic gesehen”, erzählt N.N. weiter. Der Lieferwagen war rückwärts gegen die Autobahn, nahe beim Wildschutzzaun parkiert. Unweit von der Stelle, an der am vergangenen Samstag Ylenia gefunden wurde.

“Plötzlich stand – wie aus dem Nichts – Urs Hans von Aesch neben mir und hat mich angesprochen”, sagt N.N. “Er wirkte sehr sympathisch und freundlich. Nur, mindestens eine Hand hatte er immer hinter dem Rücken.”

“‘Es riecht hier so gut nach Pilzen’, sagte Von Aesch zu mir, worauf ich ihm antwortete: ‘Mit Pilzen kenne ich mich nicht besonders gut aus.’ Aber weil mein Vater früher ein begeisterter Pilzsammler war, kenne ich durchaus noch den einen oder anderen Platz, wo man Pilze findet.” N.N. bietet Von Aesch an, ihm den einen oder anderen Platz zu nennen und bittet ihn, ihm die Telefonnummer zu geben, damit er ihn anrufen könne. Später stellte sich heraus, dass die Nummer falsch war.

“Plötzlich änderte sich Von Aeschs Gesichtsausdruck um 180 Grad. Er nahm beide Hände hinter dem Rücken hervor und hatte auf einmal eine Waffe in einer Hand. Er schoss auf mich. Zuerst einmal, dann rannte ich davon. Er schoss weiter. Ich glaube, es waren fünf Schüsse. Irgendwann war ich an der Hauptstraße, wo mich eine Frau in ihrem Auto mitnahm und ins Spital fuhr”, erzählt N.N.

“Nein, etwas Verdächtiges habe ich nicht gesehen. Nur das Auto und Von Aesch und sonst gar nichts”, sagt N.N. “Nichts vom Kickboard und schon gar nichts von einem Mädchen.”

“Heute vermute ich, dass Von Aesch der Meinung war, ich hätte gesehen, wie er das Mädchen oder das Kickboard vergrub, und er wollte mich als Zeugen loshaben. Vielleicht dachte er aber auch, ich sei ein Polizist; ich trug ja ein dunkelblaues T-Shirt und in meinem Auto war noch die orange Sicherheitsweste zu sehen.”


Quelle: St. Galler Tagblatt

*Name von der Redaktion geändert

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