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Hauptschulen für Gesamtschulversuch

Schwarzach - Der burgenländische Landeshauptmann Hans Niessl (S) hat Unterrichtsministerin Claudia Schmied (S) burgenländische Hauptschulen für einen Versuch zur Gesamtschule angeboten.

Er sei dafür, dass „wir eine gemeinsame Schule der Zehn- bis 14-Jährigen mit starker innerer Differenzierung schaffen“, erklärte Niessl in einem Interview mit den „Vorarlberger Nachrichten“ (Mittwoch-Ausgabe).

„Ich bin gerne bereit, Unterrichtsministerin Schmied ein Angebot zu machen: Gemeinsam mit Bildungswissenschaftlern entwickeln wir einen Schulversuch, den wir in Hauptschulen in burgenländischen Bezirken, in denen es keine AHS-Unterstufe gibt, umsetzen“, konkretisierte Niessl seinen Vorschlag. „An diesen Hauptschulen nehmen wir eine stärkere Differenzierung vor und lassen in einzelnen Fächern auch Mittelschullehrer unterrichten“, so Niessl weiter. Bei der Beschäftigung von Landes- und besser bezahlten Bundeslehrern an einer Schule sieht der burgenländische Landeshauptmann kein Problem. „Wenn ich ein arbeitsloser Uni-Absolvent bin und die Möglichkeit erhalte, das eine oder andere Jahr an einer Hauptschule zu unterrichten, dann bin ich doch nicht unglücklich darüber!“, meinte Niessl.

Von einer Verlängerung der Volksschulzeit halte er nichts, so Niessl. Das sei der falsche Ansatz, man müsse schon im Kindergarten ansetzen. „Internationale Studien zeigen, dass man Defizite am Besten ausgleichen kann, wenn man schon im Frühkindbereich ansetzt“, betonte der Landeshauptmann, der dabei besonders an „Kinder aus bildungsfernen Schichten und Kindern mit Migrationshintergrund“ dachte.

Niessl erwartete sich von der Staatsreform unter anderem, dass Bildungsdirektionen eingerichtet würden, die für alle Bildungsfragen zuständig sein sollen. „Aus meiner Sicht sollte das eine Landesbehörde sein“, meinte der burgenländische Landeshauptmann. Die Länder seien gerne bereit, Kompetenzen zu übernehmen, das Entscheidende sei, dass es eine entsprechende Abgeltung dafür gebe, so Niessl.

VN-INTERVIEW: Der burgenländische Landeshauptmann zu Staatsreform und Schuldebatte

VN: Herr Landeshauptmann, was erwarten Sie sich von der Staatsreform?

Hans Niessl: Dass es zu einer Kompetenzbereinigung kommt, Landesverwaltungsgerichte geschaffen werden, der Bundesrat aufgewertet wird und Bildungsdirektionen eingerichtet werden.

VN: Was stellen Sie sich unter Bildungsdirektionen vor?

Niessl: Die Bildungsdirektionen sollen für alle Bildungsfragen zuständig sein – für alle Schulen, alle Lehrer, aber auch die Kindergartenaufsicht.

VN:Soll das eine Bundes- oder eine Landeseinrichtung werden?

Niessl: Aus meiner Sicht sollte das eine Landesbehörde sein.

VN:Sie sprechen sich also auch dafür aus, das Schulwesen zu „verländern“?

Niessl: Die Länder sind gerne bereit, Kompetenzen zu übernehmen. Das Entscheidende ist, dass es eine entsprechende Abgeltung dafür gibt.

VN: In „VN“-Interviews mit ÖVP-Landeshauptleuten haben sich zuletzt zwei Schulmodelle herauskristallisiert: Herwig van Staa (Tirol) will eine Gesamtschule mit innerer Differenzierung, Josef Pühringer (OÖ) eine Verlängerung der Volksschule auf fünf bis sechs Jahre.

Niessl: Ich halte nichts davon, die Volksschulzeit zu verlängern. Das ist der falsche Ansatz. Das Bildungssystem beginnt mit dem Kindergarten. Der Kindergarten ist die erste Bildungseinrichtung. Internationale Studien zeigen, dass man Defizite am besten ausgleichen kann, wenn man schon im Frühkindbereich ansetzt. Ich denke da etwa an Kinder aus bildungsfernen Schichten und Kinder mit einem Migrationshintergrund. Wir müssen also schon im Kindergarten ansetzen. In weiterer Folge bin ich dafür, dass wir eine gemeinsame Schule der Zehn- bis 14-Jährigen mit starker innerer Differenzierung schaffen.

VN: Bei den Koalitionsverhandlungen sind Sie für die SPÖ für das Bildungskapitel zuständig gewesen. Da ist die Gesamtschule mit der Volkspartei noch nicht möglich gewesen. Sehen Sie jetzt eine Bewegung?

Niessl: Das Umdenken ist offensichtlich. Es ist bemerkenswert, dass nach der steirischen und der Wiener nun auch die Tiroler ÖVP der gemeinsamen Schule der Zehn- bis 14-Jährigen einiges abgewinnen kann. Man muss das ja nicht von heute auf morgen machen. Ich bin gerne bereit, Unterrichtsministerin Schmied (SPÖ) ein Angebot zu machen: Gemeinsam mit Bildungswissenschaftlern entwickeln wir einen Schulversuch, den wir in Hauptschulen in burgenländischen Bezirken, in denen es keine AHS-Unterstufe gibt, umsetzen. An diesen Hauptschulen nehmen wir eine stärkere Differenzierung vor und lassen in einzelnen Fächern auch Mittelschullehrer unterrichten.

VN: Landes- und besser bezahlte Bundeslehrer an einer Schule – wie wollen Sie dieses Problem lösen?

Niessl: Wo soll das Problem sein? Wenn ich ein arbeitsloser Uni-Absolvent bin und die Möglichkeit erhalte, das eine oder andere Jahr an einer Hauptschule zu unterrichten, dann bin ich doch nicht unglücklich darüber!

VN:Zurück zur Staatsreform: Landeshauptfrau Burgstaller sagt, wenn es nicht gelingt, den Bundesrat aufzuwerten, solle er abgeschafft werden. Sehen Sie das auch so?

Niessl: Ich habe es eingangs schon gesagt: Man soll den Bundesrat aufwerten. Das ist mein persönlicher Zugang.

VN: Und wenn es nicht gelingt, ihn aufzuwerten?

Niessl: Na ja, belassen wir es dabei, positiv zu denken.

VN: Wenn Bund und Länder verhandeln, geht es letztendlich immer um Finanzen. Wäre da nicht eine Steuerhoheit für die Länder sinnvoll?

Niessl: Das sehe ich nicht so. Die Steuerkompetenz sollte weiter beim Bund bleiben. Ich sage das auch aus egoistischen Gründen: Das Burgenland zählt nicht zu den finanzkräftigsten Bundesländern. Die 60 Jahre im Schatten des Eisernen Vorhangs haben sich negativ ausgewirkt. Vom Finanzausgleich haben wir immer profitiert. Wenn man das System ändert, werden wir benachteiligt.

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