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"Gehe deinen Weg, es gibt kein Zurück!"

Nhut La Hong: "Ich habe Vorarlberg nie wirklich verlassen!"
Nhut La Hong: "Ich habe Vorarlberg nie wirklich verlassen!" ©APA
Schwarzach - Ländle-Unikat mit Vietnam-Wurzeln: Mit Herz und Humor trotzt Designer Nhut La Hong allen Widrigkeiten.

WANN & WO: Du bist mit 14 Jahren vor dem kommunistischen Regime aus Vietnam geflohen und nach Bregenz gekommen. Welche Erinnerungen hast du an deine Jugend in Vorarlberg?

Nhut La Hong: Ich habe sehr schöne Erinnerungen an die Zeit, als ich mit meiner Familie nach Vorarlberg gekommen bin. Es war sehr harmonisch und ich habe mich wohl gefühlt – vor allem weil wir in Österreich, besonders in Vorarlberg, herzlich und mit offenen Armen aufgenommen wurden. Mir ist es sehr leicht gefallen, mich zu integrieren, ich wollte mich so schnell wie möglich anpassen.

WANN & WO: Wie hast du deine Schulzeit erlebt?

Nhut La Hong: Zu Beginn wurde ich aufgrund meiner fehlenden Deutschkenntnisse in eine Volksschulklasse mit Sieben- und Achtjährigen gesteckt. Von der Körpergröße her passte ich zwar gut in diese Klasse, aber ich machte sprachlich so schnelle Fortschritte, dass ich bereits nach einem Monat doch in die vierte Klasse der Hauptschule aufsteigen und mit Gleichaltrigen zusammen lernen konnte.

WANN & WO: Wie kamst du nach der Flucht insgesamt zurecht?

Nhut La Hong: Natürlich befanden wir uns anfangs in einer Notsituation. Die Flucht vor dem kommunistischen Regime war kein einfacher Schritt – wer will schon seine Heimat verlassen? Damals war allerdings eine andere Zeit. Es gab kaum Flüchtlinge, auch generell viel weniger Immigranten als heute. Ich glaube, ich hatte es damals einfacher, die Sprache zu lernen und mich zu integrieren, als ich es vielleicht heute hätte. Aber: Wo ein Wille, da ein Weg.

WANN & WO: Du engagierst dich mit deiner Arbeit für Flüchtlinge, aktuell mit einer T-Shirt-Kollektion. Wie stehst du zur derzeitigen Flüchtlingssituation in Österreich?

Nhut La Hong: Im Leben gibt es immer Situationen, die unvorhersehbar sind. Ich finde, dass wir Menschen, die in Notlagen geraten sind, helfen müssen. Am besten wäre es aber, die Unterstützung vor Ort so zu leisten, dass sie gar nicht erst zur Flucht gezwungen sind.

WANN & WO: Du hast ursprünglich eine Lehre als technischer Zeichner begonnen, bist dann aber ohne das Wissen deiner Eltern nach Wien, um Karriere in der Modebranche zu machen. Hast du es je bereut, Vorarlberg verlassen zu haben?

Nhut La Hong: Nein! Aber ich habe Vorarlberg nie wirklich verlassen. Vorarlberg ist mein Zuhause, wo ich aufgewachsen bin, wo meine Eltern gelebt haben und wo meine Geschwister leben. Ich bin nach Wien gegangen, um meinen Lebensweg fortzuführen – und das sollte man nie bereuen!

WANN & WO: Was verbindet dich heute mit Vorarlberg?

Nhut La Hong: Vietnam ist meine Heimat, aber in Bregenz bin ich „dahoam.“

WANN & WO: Du bist heute eine feste Größe in der Wiener Society. Inwiefern hast du dein Leben als Promi anpassen müssen?

Nhut La Hong: Man muss sich absolut nicht anpassen, man erkennt die Vorteile eines Lebens in der Öffentlichkeit. Ich fühle mich geehrt, dass meine Leistungen an-erkannt werden.

WANN & WO: Was würdest du selbst als deine größte Leistung bezeichnen?

Nhut La Hong: Ich unterscheide nicht wirklich zwischen einzelnen Leistungen, ich bin stolz auf das, was ich bisher erreicht habe. All das zusammen macht La Hong aus, so bin ich.

WANN & WO: Dein modisches Experiment, Kollektionen für den Diskonter Hofer zu machen, war wirtschaftlich kein Erfolg, nach zwei Kollektionen war Schluss. Wie gehst du mit solchen Rückschlägen und Misserfolgen um?

Nhut La Hong: Dem muss ich widersprechen, die Kooperation mit Hofer war ein großer Erfolg! Zweimal wurden innerhalb einer Woche eine sechsstellige Anzahl von Kleidungsstücken verkauft. Ich würde auch jederzeit wieder eine Kooperation mit Hofer oder einer ähnlichen Firma eingehen. Bis heute werde ich immer wieder gefragt, wann es denn wieder eine Hofer-Kollektion gibt. Aber um auf die eigentliche Frage nach Rückschlägen zurück zu kommen: Manchmal widerfahren dir Dinge im Leben, vor denen du dich nicht schützen kannst. Zum Beispiel der Brand in meinem Atelier oder der große Wasserschaden, als ich damals im zweiten Bezirk war. Ich kann sehr gut mit solchen Ereignissen umgehen. Es ist passiert und es kann jedem passieren.

WANN & WO: Diese Ereignisse haben dich 2015 in den Firmen- und Privatkonkurs geführt – das war sicherlich ein schweres Jahr für dich. Wie startet man nach so einem Tief wieder durch?

Nhut La Hong: Gehe deinen Weg weiter – es gibt kein Zurück! Das Leben ist ein Weg, einfach aufstehen und unbeirrt dem Ziel folgen.

WANN & WO: Hast du in deinem bisherigen Leben eigentlich mehr Unterstützer oder mehr Bremser kennengelernt?

Nhut La Hong: Bremser interessieren mich nicht, Unterstützer brauchen wir immer, um Ziele erfolgreich zu erreichen.

WANN & WO: Wie ernst nimmst du Kritik?

Nhut La Hong: Kritik finde ich generell schlecht. Ich nehme gerne Tipps an. Kritik, ob negativ oder positiv, bringt Menschen oft nicht weiter. Meine Kunden und Kundinnen geben mir das beste Feedback. Sie sind diejenigen, die mich inspirieren. Sie tragen meine Kreationen.

WANN & WO: Welche Mode und welche Marken trägst du selbst am liebsten?

Nhut La Hong: Ich wähle meine Kleidung nicht anhand von Marken aus, sondern nach der Optik. Jedoch sind mir in der Mode drei Aspekte sehr wichtig: Erstens die Qualität – von Material und Ausführung, zweitens Fair Trade, drittens Nachhaltigkeit und damit auch Umweltfreundlichkeit.

WANN & WO: Wer ist dein modisches Vorbild und warum?

Nhut La Hong: Meine modische Vorbilder sind primär meine Kunden. Mode ist reine Geschmackssache. Wichtig ist, dass Mode Spaß macht. Sie ist kein Mittel zum Zweck. Sie verschönert unser Aussehen.

WANN & WO: Welcher Promi benötigt ein modisches Make-over von dir?

Nhut La Hong: Viele! Aber das müssen die jeweiligen Personen selbst erkennen. Wenn jemand Bedarf hat, gebe ich ihr bzw. ihm gerne meinen Rat.

WANN & WO: Wie siehst du deine modische Zukunft?

Nhut La Hong: In Zukunft habe ich vor, in meiner Mode die Mischung zwischen europäischer und asiatischer Kultur verstärkt einzubringen. Du hast sicher in der ORF-Show „Willkommen Österreich“ gesehen, wie ich ein aus einem Jahrhundert alten japanischen Kimono gefertigtes Dirndl mit traditioneller Ausführung (Metamorphose) präsentiert habe?

WANN & WO: Das habe ich. Du hast in der Sendung zu Stermann und Grissemann gesagt, du hättest keine Zeit für dich. Stimmt das noch?

Nhut La Hong: Naja, in meinem Leben gibt es einfach keine Grenze zwischen Arbeit und Privatem. Meine Arbeit ist kein Beruf, sondern eine Berufung!

WANN & WO: Hast du Zeit für eine Partnerschaft, für die Liebe?

Nhut La Hong: Selbstverständlich! Für das, was man schätzt und liebt, ist immer Zeit.

WANN & WO: Du umgibst dich gerne mit schönen, großen Frauen. Wie stehst du zur Weiblichkeit?

Nhut La Hong: Ich umgebe mich generell mit selbstbewussten Menschen. Sie können auch klein sein.

Wordrap

Glück: Rechtzeitig Chancen erkennen und wahrnehmen! Mode: Wie man sich kleidet. Familie: Geschenk des Himmels. Geld: Notwendig, um Dinge in Gang zu setzen. Vietnam: Meine Heimat. Vorarlberg: Mein Zuhause. Schönheit: Ist Gesundheit. Vorbild: Von jeder Begegnung lernen!

Zur Person

Name: Nhut La Hong
Geboren: 12. Dezember 1967 in Saigon, Südvietnam
Beruf: Modeschöpfer
Wohnt in: Wien (aus Vorarlberg)

(WANN &WO)

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