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Fall Paterno lässt vieles offen

„Selbst wenn die Vorwürfe stimmen, zählen sie vor Gericht nicht mehr.“ So dürftig also sieht der Schlussstrich aus. Mehr als drei Monate lag der Akt des bekannten Fernsehkaplans im Justizministerium.

Weil die Beamten dort Seite für Seite digitalisiert haben, so die Begründung. Bei geballter Prominenz wirft „die Zentrale“ freilich ganz gern einen prüfenden Blick auf die Entscheidung des Staatsanwalts. Schließlich wogen Person und Vorwürfe schwer.

„Nicht mehr geprüft“

GesternNachmittagbesiegelte nun ein Schriftzug in blauer Tinte dieses unselige Schlusskapitel einer glänzenden Karriere, die sich abseits kirchlicher Hierarchien vollzog. Die Vorfälle „sind verjährt“, sagt Staatsanwalt Franz Pflanzner. Und ob sie überhaupt zutrafen, „haben wir nicht mehr geprüft“.

Nächste Woche wird Pflanzner den Akt an die Diözese schicken. Die leitet das Bündel an den Vatikan weiter. Noch steht ja aus, ob die Glaubenskongregation ein eigenes Verfahren gegen Paterno einleiten wird. Aber das wird sie vermutlich bleiben lassen.

Nach kirchlichem Recht dauert es nach dem 18. Lebensjahr eines Opfers noch zehn Jahre, bis Anschuldigungen verjähren. Auch kirchlich dürfte der Fall damit „durch“ sein.

Paterno selbst hat am 17. September 2004 um seine Pensionierung angesucht. Bischof Klaus Küng gewährte das „mit sofortiger Wirkung“. Paterno ließ ausrichten, dass er allenfalls gut machen wolle, falls es etwas gutzumachen gebe. Mit dem Wiener Friseur Jürgen Türtscher, der öffentlich gegen ihn auftrat, söhnte er sich aus.

Heute lebt er schwer krank nahe Wien. Dieses Ende entspricht nicht seiner Laufbahn: Früher trieb er der Kirche die Schäfchen zu. Jetzt gehen zahlreiche der 2180 Vorarlberger Kirchenaustritte 2004 wohl auf sein Konto.

Allgegenwärtig

August Paterno, 1935 in Dornbirn geboren, erst Gerichtsschreiber, dann Buchhalter, 1966 als Spätberufener zum Priester geweiht. Rasch wurde er beinah allgegenwärtig.

Verkündete seit 1971 im Fernsehen in Sendungen wie „Christ in der Zeit“, „Paternos Nachtschicht“ oder „Fragen des Christen“ seine Frohbotschaft. Betreute im Radio die „Morgenbetrachtung“ und die “Ökumenische Morgenfeier“.

Trat mal eben rasch bei der „Millionenshow“ auf. Was die Spenden für gute Zwecke reichlich fließen ließ. Paterno zählte ja längst selber zu jener „Seitenblicke“-Gesellschaft, deren Seelsorger er war.

Er segnete in Gummistiefeln Rösser und trat 1993 im Kreise üppiger Blondinen im „Maxim“ auf. Schrieb Kochbücher über „Himmlische Genüsse“ und stopfte abends ins Faxgerät, was tags darauf als Kurzkommentar in Tageszeitungen erschien.

Zwei wie Feuer und Eis

August Paterno erwies sich allemal als erfrischendes Gegenstück zum St. Pöltner Bischof Kurt Krenn, der seine Glaubensgrundsätze lieber mit der Zuchtrute verbreitete.

Krenn kennt seinen Katechismus. Paterno kennt 1000 Witze, um die frohe Botschaft auch froh zu vermitteln. Jetzt sind beide fast zeitgleich und über dasselbe Thema gestolpert. Und derselbe Mann hat sie sanft, aber bestimmt aus dem Schussfeld der Öffentlichkeit bugsiert.

Kommende Woche wird Bischof Klaus Küng den „Akt Paterno“ nach Rom schicken. Damit auch die Glaubenskongregation endlich einen Schlussstrich zieht.

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