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EU: Irak-Krieg als "letztes Mittel"

Die fünfzehn EU-Staaten schließen einen Krieg gegen den Irak als „letztes Mittel“, Präsident Saddam Hussein zum Einlenken zu bewegen, nicht mehr aus.

In einer gemeinsamen Erklärung bei einem Sondergipfel zur Irak-Krise in Brüssel unterstrichen die Fünfzehn am Montagabend aber, dass die „völlige und wirksame Entwaffnung“ des Iraks auf „friedlichem Wege“ und unter Verantwortung der UN weiterhin das Ziel bleibe.
In der Erklärung fiel die ursprüngliche Warnung an Bagdad weg, die Zeit laufe aus. Auf diesem Passus hatte vor allem Großbritannien bestanden, während der deutsche Bundeskanzler Gerhard Schröder ihn als „unakzeptabel“ zurückwies. Schröder und Außenminister Joschka Fischer werteten die Erklärung als Bestätigung für den deutschen Kurs der Suche nach einer friedlichen Lösung. Schröder sprach auch von einem „großen Maß an Gemeinsamkeit“.

Die EU fordert aber, den UN-Inspektoren die Zeit und die Ressourcen zu geben, die sie nach Einschätzung des UN-Sicherheitsrates für die Durchführung ihrer Waffenkontrollen bräuchten. Der griechische EU-Ratspräsident Costas Simitis betonte nach dem Gipfel, die EU habe mit der Einigung signalisieren wollen, dass sie für den Frieden in der Welt eintrete. Dies habe die Bevölkerung Europas erwartet, wie die Massendemonstrationen vom Wochenende gegen einen Irak-Krieg zeigten.

Ein Krieg sei nicht unvermeidbar. Aber die Inspektionen ohne Kooperation des Iraks könnten nicht endlos weitergehen. Zuversichtlich zeigte sich Simitis, dass die USA die EU-Position berücksichtigen werden. Hätte Washington einen Alleingang gewünscht, hätte es dies schon lange machen können. Die USA wollten aber die UN hinter sich wissen.

Bundeskanzler Wolfgang Schüssel (V) zeigte sich „sehr befriedigt „von der gemeinsamen Erklärung. Dabei sei er vor der Sitzung noch „etwas skeptisch“ gewesen, da nicht einmal klar war, ob ein einheitlicher Text möglich sei. Doch habe es eine sehr sachliche Diskussion gegeben, da alle wussten, „wenn Europa nicht zu einer gemeinsamen Sprache findet, wird sich der Riss vertiefen“.

Es sei auch „gemeinsame Linie, dass alle im UNO-Sicherheitsrat vertretenen Länder und auch die EU als solche eine zweite UN-Resolution anstreben“, sagte Schüssel. Auch die friedlichen Demonstrationen vom Sonntag gegen den Krieg hätten einen „Eindruck hinterlassen“ und „Dinge bewegt“. Letztlich liege aber „der Schlüssel zu einer friedlichen Lösung in Bagdad“. Das dürfe man nicht vergessen.

EU-Kommissionspräsident Romano Prodi sprach von einer „richtigen Entscheidung zum richtigen Zeitpunkt“. Europa habe gezeigt, dass es vereint sei, seine Stimme müsse gehört werden. Zugleich bekräftigte er die Zusammenarbeit mit den USA. Der Außenpolitische Beauftragte der EU, Javier Solana begrüßte unter Anspielung auf Kritik des US-Verteidigungsministers Rumsfeld über das „alte Europa“, dass das „junge und nicht so junge Europa“ einen gemeinsamen Standpunkt gefunden habe.

Einig waren sich die Fünfzehn laut Simitis, dass internationale Konflikte durch die UN auf Basis des Völkerrechts gelöst werden müssten. Die Dauer der UN-Inspektionen im Irak und andere Maßnahmen müsse der Weltsicherheitsrat festlegen, nicht die EU. Die EU könne auch nicht für die EU-Mitglieder im UN-Sicherheitsrat entscheiden. Jeder habe dort das Recht, frei zu entscheiden. Diesen Dienstag will die griechische EU-Präsidentschaft die zehn Beitrittsländer gemeinsam mit Prodi und Solana über das Ergebnis des Gipfels unterrichten. Die Beitrittsländer hatten verstimmt auf den Beschluss der EU reagiert, sie nicht zum dem Treffen einzuladen.

Der britische Ministerpräsident Tony Blair warnte, der Irak werde entwaffnet werden – „ob friedlich oder mit Krieg“. Der französische Staatspräsident Jacques Chirac kritisierte den Brief der acht europäischen Länder, die sich mit den USA solidarisch erklärt hatten, als „gefährliches Vorgehen“. Er sei für die „Mini-Krise“ in der EU verantwortlich. „Sie haben die Gelegenheit versäumt, zu schweigen“, so Chirac.

Mehrere osteuropäische Staaten hatten sich einem Offenen Brief angeschlossen, in dem Großbritannien und Spanien ihre Verbundenheit zu den USA proklamierten und sich vor allem von Deutschland und Frankreich scharf abgrenzten. Polen, Tschechien und Ungarn hatten den Brief unterschrieben, die baltischen Staaten und andere Ex-Ostblockstaaten hatten gegenüber den Amerikanern ähnliche Bekundungen abgegeben. Der französische Präsident meldete auch Zweifel an dem Bestreben an, ein Regime mit Waffengewalt durch ein anderes ersetzen zu lassen. Es gebe zahlreiche Regime wie das irakische in der Welt.

Auch UN-Generalsekretär Kofi Annan, der am Dienstag in Rom den italienischen Ministerpräsident Silvio Berlusconi und im Vatikan Papst Johannes Paul II. treffen wird, drängte Saddam Hussein zur Zusammenarbeit mit der internationalen Gemeinschaft. Bagdad solle „sofort und proaktiv“ abrüsten. Die bisherige UN-Resolution nenne zwar keine Frist für die Abrüstung Iraks, allerdings könne der Sicherheitsrat zu einem bestimmten Zeitpunkt zu dem Eindruck gelangen, dass er seine Zeit verschwende, warnte Annan.

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