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China steigt auf

China ist zur viertgrößten Wirtschaftsnation der Erde aufgestiegen. Nach einer neuen wirtschaftlichen Erhebung, die den Dienstleistungssektor und kleinere Betriebe besser erfasst, ist die Wirtschaft bis zu 20 Prozent größer als bisher angenommen.

Die genauen Zahlen wird die Nationale Statistikbehörde am Dienstag in Peking verkünden. Durch die Korrektur steht China nun nach den USA, Japan und Deutschland auf Platz vier der größten Volkswirtschaften der Erde. Bisher war das Reich der Mitte als sechstgrößte Volkswirtschaft eingestuft worden. Zudem belegen die Zahlen, dass Chinas Wirtschaft stärker als bisher angenommen durch Konsum und weniger durch Investitionen angetrieben wird.

Die statistische Anpassung war notwendig, da viele Dienstleistungen in kleinen privaten Betrieben, Geschäften, Restaurants, Reisebüros, Friseursalons und Unterhaltungsstätten unterschätzt worden waren. Hier werden lieber weniger Einnahmen berichtet, um Steuern zu sparen. Die Grauzonen konnten jetzt bei dem ersten wirtschaftlichen Zensus seit fast einem Jahrzehnt landesweit besser erfasst werden. Nach offiziell unbestätigten Presseberichten wurden zwischen 2000 und 2400 Milliarden Yuan (Renminbi), umgerechnet 206 bis 240 Milliarden Euro, mehr Wirtschaftsleistung entdeckt.

Die Weltbank hat Chinas Statistiker bei der Erhebung methodisch beraten. „Wir glauben, dass es eine wesentliche Verbesserung gegenüber dem ist, was vorher gemacht worden ist“, sagte der Chef-Ökonom der Weltbank für China, Bert Hofman, in Peking. „Das schnelle Wachstum kleinerer Unternehmen ist am schwersten zu erfassen.“ Der Zuwachs ist vor allem im Dienstleistungsbereich zu finden, doch sieht Hofman höhere Zahlen in allen Sektoren.

Chinas rasantes Wirtschaftswachstum von mehr als neun Prozent in diesem Jahr stützt sich auch weniger auf Investitionen als bisher gedacht. Der Anteil der Investitionen am Bruttoinlandsprodukt dürfte von 45 auf 37 Prozent fallen, wie Jonathan Anderson von der Schweizer Investmentbank UBS in Hongkong errechnete. China ähnelt damit Ländern wie Südkorea, Japan und Hongkong, als diese auf einer vergleichbaren Entwicklungsstufe gestanden haben. „Das ist ein viel angemesseneres Niveau, das mit historischen Zahlen anderer asiatischer Länder übereinstimmt und vom makroökonomischen Standpunkt weniger überhitzt ist“, kommentierte Anderson.

Der Ökonom sieht sich durch die Korrektur der Statistik bestätigt, da er schon länger argumentiert hat, dass Chinas Bruttoinlandsprodukt völlig unterschätzt sei und um 20 Prozent höher angegeben werden müsste. Der Dienstleistungssektor und der Konsum dürften wesentlich größer sein als bisher angenommen, was Einschätzungen entgegen läuft, dass die heimische Nachfrage „chronisch schwach“ sei. Die Menschen in Chinas Städten haben mehr Geld in den Taschen als bisher bekannt.

„All diese Anpassungen unterstützen unsere Einschätzung, dass China makroökonomisch keineswegs ein chronisches Überangebot hat und auf seinem Weg nach vorn nicht von einer „harten Landung“ bedroht ist“, argumentierte Anderson. „Vielmehr erwarten wir mittelfristig durchschnittlich starke Wachstumsaussichten.“

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