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Auch in Polen beginnt eine Sterbehilfe-Debatte

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Die Mutter eines 40-jährigen Mannes, der nach einer Masern-Erkrankung an einer seltenen Komplikation leidet, fordert den Tod ihres Kindes. "Ich möchte Euthanasie für mein Kind. Lasst ihn wie die Italienerin Eluana (Englaro) würdig sterben".  Der Fall Eluana

Appellierte Barbara Jackiewicz gegenüber der polnischen Tageszeitung “Dziennik” (Montag-Ausgabe).

Die Krankheit habe zu einem irreparablen Hirnschwund geführt, sagen die Ärzte. Der Mann sei ohne Bewusstsein und habe seit 24 Jahren keinen Kontakt zur Außenwelt. Die Mutter fordert deshalb, dass die künstliche Ernährung eingestellt wird. “Kommt und seht Krzysiu”, appellierte die Mutter an Euthanasie-Gegner.

Nach Ansicht der Ärzte hat Krzysztof Jackiewicz, ähnlich wie die Italienerin Eluana Englaro, keine Chancen, dass sich sein Gesundheitszustand ändert. Gerade dieses Argument war für das italienische Oberste Gericht die Grundlage für dessen Präzedenzurteil. Obwohl es in Italien kein Recht auf Sterbehilfe gibt, erlaubte das Gericht auf Anfrage des Vaters, die künstliche Ernährung von Eluana zu beenden.

“In Polen gibt es dafür keine Chance”, betonte der ehemalige Vorsitzende des Verfassungstribunals, Andrzej Zoll, im Gespräch mit “Dziennik”. Er erklärte, dass kein polnischer Richter den Abbruch der Ernährung bewilligen würde.

Die Ethikerin und Philosophin Magdalena Sroda ist der Auffassung, dass Jackiewicz das Recht haben sollte, Euthanasie für ihren Sohn zu fordern. “Diese Geschichte soll eine ernsthafte Debatte über Euthanasie beginnen, die in Polen fehlt”, sagte Sroda gegenüber “Dziennik”. Der Abgeordnete der rechtsliberalen Regierungspartei PO (Bürgerplattform) Jaroslaw Gowin, Autor eines Gesetzesentwurfs zu Bioethik, gibt der Mutter jedoch keine Hoffnung. “Ich verstehe sie und habe Hochachtung für sie. Aber man kann nicht für ihren Fall das Recht ändern und Euthanasie zulassen”, erklärte Gowin gegenüber der Zeitung.

In der ersten Fassung des Bioethik-Gesetzes hatte Gowin Regelungen über ein sogenanntes Lebenstestament vorgesehen. Demnach bliebe es jedem Menschen vorbehalten, sich künftig bestimmten Heilprozeduren zu verwehren. Nach Medienkritik, dass solche Regelungen den Weg zur Sterbehilfe-Legalisierung frei machen können, wurde der Artikel umformuliert, so dass man sich gegen bestimmte Therapien nicht im Voraus widersetzen kann, sondern erst wenn man krank ist und der Patient von einem Arzt über seine Gesundheitslage informiert worden ist. Die Endversion des Gesetzes wurde dem Parlament noch nicht zur Debatte vorgelegt.

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