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"Atempause" bei Gen-Zulassungen in der EU gefordert

Deutschland will die Gentechnikzulassungen in der EU vorerst stoppen. Österreichs Umweltminister Josef Pröll ist für klare Regeln, EU-Landwirtschaftskommissarin Fischer Boel warnt vor den Folgen eines Zulassungsstopps.

In der Diskussion um Gentechnikzulassungen in der EU plädiert Deutschland für ein vorübergehendes Aussetzen der Verfahren: Landwirtschaftsminister Horst Seehofer forderte die Kommission am Montag auf, ein neues Prozedere vorzuschlagen.

Sein österreichischer Amtskollege Josef Pröll plädierte für eine “Atempause in der Frage, wie gehen wir mit Gentechnikzulassung, der Aufhebung nationaler Verbotsregelungen und der Koexistenz in Europa um, um diese auf einheitlichere Beine zu stellen”, wie er am Rande des Agrarministertreffens in Brüssel sagte. Dort war unter anderem das Thema Zulassungen von gentechnisch veränderten Organismen (GVO) diskutiert worden.

Für Seehofer sind die bisherigen Regeln “bedenklich”, da sie die Vorbehalte der Bevölkerung gegen Genprodukte nicht ausreichend berücksichtigten. “Das sollte man jetzt erstmal stoppen und schauen, ist das Verfahren so in Ordnung”, sagte der Minister in Brüssel. Zuvor hatte sich auch Umweltminister Sigmar Gabriel für eine Überarbeitung der Vorgehensweise ausgesprochen.

Ob “ein Moratorium oder etwas anderes” für einen besseren Umgang mit GVO-Zulassungen notwendig sei, werde man sehen, sagte Pröll auf Journalistenfragen, ob er wie Seehofer für einen Zulassungsstopp sei. Er orte aber generell “Zeichen für eine gentechnisch kritische Auseinandersetzung in der EU-Kommission”.

EU-Landwirtschaftskommissarin Fischer Boel warnte dagegen vor den Folgen eines Zulassungsstopps. Bereits jetzt liege der Mais-Preis in Europa 55 Prozent über dem der USA, die im Gegensatz zu Europa voll auf Gentechnik setzten, sagte Fischer Boel. Laut einer Kommissionsstudie könnte die zu einem Rückgang der Produktion von Schweinefleisch und Geflügel in der EU bis 2010 um mehr als ein Drittel führen. Damit müsste Fleisch aus Ländern und von Tieren eingeführt werden, die mit in der EU nicht zugelassenen Futtermitteln gefüttert sind, sagte die gebürtige Dänin.

Auch bei der drohenden Aufhebung der österreichischen Importverbote für zwei genmanipulierte Maissorten habe die EU-Kommission “offenbar doch etwas kalte Füße bekommen”, so Pröll. Die WTO-Frist zur Entscheidung wurde nach Verhandlungen der Brüsseler Behörde mit den USA, Kanada und Argentinien, die die EU wegen des früheren Gen-Moratoriums geklagt haben, – wie berichtet – auf 11. Jänner verlängert – dann könnten Strafzölle auf Europäische Produkte erhoben werden. Die Kommission werde sich zunächst mit der Studie, beschäftigten, mit der Österreich begründet, warum die Importverbote aufrecht bleiben, können, ohne WTO-Regeln zu verletzen. Auch vielen anderen sei “nicht wohl bei der Risikobewertung in freier Natur”.

Pröll betonte, er fürchte sich auch nicht vor “Strafzahlungen oder sonstigem” und forderte mit der WTO “Tacheles” zu reden. Es könnten nicht ständig politische Entscheidungen und bestimmte ökologische und soziale Kriterien mit Drohgebärden konterkariert werden. Es dürfe nicht versucht werden, damit Zugang für ein Produkt zu erzwingen, “dass in Österreich und Europa so nicht erwünscht ist”.

Der Landwirtschaftminister kritisierte neuerlich die Europäische Agentur für Lebensmittelsicherheit (EFSA), die zu wenig transparent sei und nicht ausreichend auf wissenschaftliche Bedenken von nationalen Behörden eingehe. Es gehe auch nicht an, dass sich zwar eine Mehrheit der Länder gegen eine Aufhebung des heimischen Importverbotes ausgesprochen habe, dass das aber nicht reiche. Ebenso wenig könnten die Mitgliedstaaten verpflichtet werden, Verbote aufzuheben und es gleichzeitig weiterhin keine EU-weiten Regeln für Haftungen bei einer unabsichtlichen Kontaminierung mit GVO gebe. “Ich bin kein militanter Gentechnikgegner, aber wenn man zulassen will, muss es klare Regeln geben, die für alle gelten müssen”, forderte er.

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