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Assad auf der Suche nach dem Westen

Jahrelang haben westliche Staatsmänner einen großen Bogen um die syrische Hauptstadt Damaskus gemacht. Präsident Bashar al-Assad galt als geächtet, seit sein Land der Beteiligung an der Ermordung des libanesischen Ministerpräsidenten Rafik Hariri im Februar 2005 verdächtigt wird.

Einer hat den Bann jetzt gebrochen: Der französische Staatschef Nicolas Sarkozy traf am Mittwoch in Damaskus ein. Assad lockte ihn mit einer Vermittlerrolle in den Friedensgesprächen mit Israel. Eigentliches Ziel der diplomatischen Offensive Assads dürften jedoch die USA und ein Ende der von Washington verhängten Sanktionen sein.

Der 42-jährige Assad, der perfekt Englisch spricht, hatte schon zum Amtsantritt vor acht Jahren Hoffnungen auf einen gemäßigteren Kurs geweckt. Er hatte in London studiert, wo er auch seine Frau Asma kennenlernte, die als Analystin für die US-Bank JP Morgan arbeitete. Nicht Präsident wollte Assad damals werden, sondern Augenarzt. Aber der Plan zerschlug sich, als sein Bruder Bassel 1994 bei einem Autounfall ums Leben kam. Damit wurde Bashar “Kronprinz” seines autoritär regierenden Vaters Hafez al-Assad. Er kehrte nach Syrien zurück und machte eine Blitzkarriere in der Armee.

Als Assad nach dem Tod seines Vaters mit 34 Jahren die Macht übernahm, schien in dem Ein-Parteien-Staat tatsächlich eine neue Zeit anzubrechen. Der junge Präsident mit dem schmalen Oberlippenbärtchen entließ politische Häftlinge, führte das Internet ein und ließ Debattierklubs oppositioneller Intellektueller zu. Doch der “Frühling von Damaskus” währte nicht lange. Die alte Garde fürchtete um ihre Besitzstände und drängte den Präsidenten zurück auf einen härteren Kurs.

In der Außenpolitik entpuppte sich Assad als Verfechter eines arabischen Nationalismus, der sich gegen die USA stemmte. Im Irak-Krieg stellte er sich hinter Saddam Hussein, und er unterstützt nach Erkenntnissen westlicher Geheimdienste neben der Hisbollah-Miliz im Libanon auch radikale Palästinensergruppen im Kampf gegen Israel. US-Präsident George W. Bush setzte Syrien alsbald auf die Liste der “Schurkenstaaten”. Wegen der Annäherung an den Iran sprach der israelische Regierungschef Ehud Olmert von einer “Achse des Bösen von Teheran bis Damaskus”.

Doch Assad kooperierte hinter den Kulissen auch mit Washington, das ihm eigentlich Unterstützung des Terrorismus vorwirft, bei der Suche nach Al-Kaida-Kämpfern. Angesichts der internationalen Kritik und der Protestbewegung im Libanon nach dem Hariri-Mord zog er die syrischen Truppen nach drei Jahrzehnten aus dem Nachbarland ab. “Ich bin nicht Saddam Hussein, ich will kooperieren”, versicherte er damals. Im Mai nahm er über die Türkei indirekte Friedensgespräche mit Israel auf und stellte direkte Verhandlungen in Aussicht – allerdings erst, wenn der langjährige Erzfeind Bush aus dem Amt ist.

Die Friedensverhandlungen haben allerdings ihren Preis: Assad will die Golan-Höhen zurück, die Israel 1967 erobert hatte. In dieser Frage werde er “keinen Zollbreit” nachgeben, sagte er im Sommer. Israel rief Europa zum Beginn des Sarkozy-Besuchs am Mittwoch dann auch auf, “in seinen Beziehungen mit Syrien sehr aufzupassen”. Denn außer “im Ton” habe sich Assads Politik bisher nicht wirklich verändert.

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