Was stimmt nicht mit unseren Lehrlingen?
Laut Zahlen des Arbeitsmarktservice Vorarlberg, waren im Juni über 1.100 freie Ausbildungsstätten verfügbar. Dem gegenüber waren nur rund 370 arbeitssuchende Jugendliche zu verzeichnen. Warum finden trotzdem so viele junge Menschen keine Lehrstelle? Für Anton Strini, Geschäftsführer des AMS Vorarlberg, liegt das vor allem an der fehlenden Beherrschung grundlegender Kulturtechniken, wie etwa Rechnen, Schreiben und Lesen: „ein Fliesenleger muss halt zumindest ausrechnen können, wie eine Fläche zustande kommt“ – sonst wird es auch mit der Fliesenlegertätigkeit schwierig.
Konzentration auf wenige Branchen
In dieselbe Kerbe schlägt Christoph Jenny, Direktor-Stellvertreter der Wirtschaftskammer Vorarlberg. Den Jugendlichen mangele es neben schulischen Kompetenzen auch am notwendigen sozialen Rüstzeug. Außerdem orientieren sich viele junge Menschen schlicht an den Bedürfnissen des Arbeitsmarktes vorbei. So übersteigt die Nachfrage nach Lehrstellen im IT-Bereich deutlich das Angebot, während in Tourismus, Handel und Verkehr sowie Elektronik und Metall eine große Lehrlingslücke besteht. Auch die Zahlen des AMS belegen einen seit Jahren gültigen Trend: Während Mädchen sich vor allem auf die Bereiche Verkauf, Büro/Verwaltung und Schönheitspflege konzentrieren, stehen bei den Jungen technische und handwerkliche Berufe hoch im Kurs.
Mangelnde Reife und traditionelle Rollenbilder als Ursache?
Mangelnde Flexibilität seitens der Jugendlichen lässt Marcus Mayer, Leiter der Lehrlings- und Jugendabteilung der Arbeiterkammer Vorarlberg, nicht als Argument gelten. Seiner Meinung nach macht es keinen Sinn, junge Menschen in einen bestimmten Beruf zu drängen. Die Stelle müsse immer auch zu den Neigungen und Interessen der Person passen, sonst leiden Motivation und letztlich auch das Arbeitsergebnis. Einen anderen Aspekt betont Christine Klas vom BIFO. In ihren Beratungen hat sie die Erfahrung gemacht, dass viele Jugendliche mit höchst unrealistischen Vorstellungen auf den Arbeitsmarkt kommen und den Ernst der Lage nicht erkennen. Ein Problem sieht sie auch in den vorherrschenden Rollenbildern, die in den Medien wie auch im privaten Umfeld vermittelt werden. So kommen Mädchen oft gar nicht auf die Idee, sich nach einem technischen Beruf umzusehen.
Frühe Berufsorientierung als Ausweg
Ziemlich einig sind sich die Experten, wenn es um mögliche Lösungen für das Problem geht. Entscheidend sei, dass sich die Jugendlichen möglichst früh ein Bild von den vorhandenen beruflichen Möglichkeiten machen können. Deswegen plädiert etwa die Wirtschaftskammer für eine umfassende Berufsorientierung bis zur neunten Schulstufe. Marcus Mayer von der AK unterstützt diese Forderung: „Berufsorientierung kann es nie genug geben.“ Christine Klas fordert gar eine freiwillige zehnte Schulstufe für jene Jugendlichen, die nachweislich noch nicht reif genug für den Arbeitsmarkt sind.
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