Die Erdogan-nahe Union europäisch-türkischer Demokraten (UETD) startete eine Umfrage unter 1270 türkischstämmigen Österreichern, wie “Die Presse” berichtet. Befragt wurden die Teilnehmer unter anderem zu ihrem Verhältnis zu Österreich und unter welchen Umständen sie das Land verlassen würden. Das Ergebnis: 53,5 Prozent wären sofort bereit, das Land zu verlassen. Weitere 39,8 Prozent wollen vorher noch auf ein entsprechendes Angebot warten. Für diese knapp 40 Prozent müsste das so aussehen: 43,8 Prozent würden Österreich verlassen, sofern sie 100.000 Euro bezahlt bekommen würden. 16,6 Prozent wollen 50.000 Euro. 27,6 Prozent würden sich mit einer Summe zwischen 10.000 und 20.000 Euro begnügen und ein weiteres Drittel möchte individuell verhandeln.
Auf die Frage, wo man gerne leben würde, gaben 88,8 Prozent die Türkei an. Als Grund für den Frust nennen 84,5 Prozent die zunehmende Islamophobie. 42,7 Prozent geben an, mittlerweile nicht mehr in Österreich leben zu wollen. Nur 2,4 Prozent beschreiben ihre Situation als „sehr gut“, wie “Die Presse” berichtet.
Offener Brief sorgte für Aufsehen
Ein offener Brief der Migrantenliste NBZ (Neue Bewegung für die Zukunft) sorgte ja Ende August für reichlich Aufsehen – von Österreich habe die NBZ mehr Empathie erwartet. Das türkische Volk habe vehement gegen die “Zermürbung der Demokratie” gekämpft, daher hätte Österreich der Türkei klar und deutlich beistehen müssen. Insbesondere Außenminister Sebastian Kurz (ÖVP) wird von der NBZ scharf ins Visier genommen. Kurz’ Aussagen seien an “Feindseligkeit” gegenüber der Türkei und den Österreichern mit anatolischen Wurzeln kaum zu übertreffen. Weiter heißt es, die Aussagen von obersten Instanzen würden Fremdenhass anfachen. Der Brief endete mit dem Hinweis, dass “dutzende Arbeiterinnen und Arbeiter dazu bereit wären Österreich mitsamt ihren Familien zu verlassen.” Voraussetzung dafür wäre, dass sie ihre bisher einbezahlten Sozialleistungen und die Beiträge in die Pensionskasse zurückbekommen würden.
FP-Landesparteiobmann Reinhard Bösch nimmt diesen Vorschlag sehr ernst. “LH Wallner und Außenminister Kurz sind aufgefordert, das Angebot der türkischen Community ernst zu nehmen und unverzüglich über das Sozial- und Finanzministerium in Verhandlungen zu treten, in welcher Form die finanziellen Forderungen von Seiten türkischer Mitbürger, die sie als Voraussetzung für das Verlassen unseres Landes nennen, berechtigt seien und in Folge auch darauf einzugehen”, sagt Bösch in einer Aussendung der Ländle-FPÖ.
Gross: Worte Abrüsten
Auch die Vorarlberger Grünen haben zum offenen Brief “Neuen Bewegung für die Zukunft” Stellung genommen. Klubobmann Adi Groß fordert zu einer “Abrüstung der Worte” auf.
VP-Frühstück: Verhandlungen denkbar – Politik hält niemanden zurück
VP-Klubobomann Roland Frühstück nahm im Gespräch mit VOL.AT zu der Causa Stellung. “Ich bin doch überrascht, dass ein aus meiner Sicht nicht unerheblicher Anteil unserer türkischen Community es in drei Generationen offensichtlich nicht geschafft hat, sich bei uns so zu verwurzeln, dass sie nicht den Lockrufen erliegt”. Er glaube nicht, dass es richtig sei, dass man in Österreich türkische Innenpolitik mache. Zu dem konkreten Vorschlag der NBZ meint er, es habe immer wieder Rückführungsprojekte gegeben – und man solle dies ruhig wieder verhandeln. Hier sei der Innenminister schon “dran”. “In irgendeiner Form hat bei diesem Teil der türkischen Community die Integration nicht ganz funktioniert”.
Wallner: “Kein Platz für türkische Innenpolitik in Vorarlberg”
In der Beantwortung des offenen Briefs der Arbeiterkammfraktion NBZ durch Landeshauptmann Markus Wallner fordert dieser in aller Klarheit dazu auf, die türkische Innenpolitik nicht nach Vorarlberg zu tragen: „Die türkische Innenpolitik hat in Vorarlberg keinen Platz“. Der Landeshauptmann ortet mangelnden Integrationswillen und fordert von der türkischen Gemeinschaft ein klares Bekenntnis zu Vorarlberg und seinen Werten. Wallner erinnert die türkischen Spitzenvertreter in Vorarlberg an ihre unmittelbare Verantwortung, wenn es um ein friedliches Zusammenleben in Vorarlberg geht.
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