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Rechtlich falsch beurteilt: Neuerlicher Prozess

Richter hob Schuldsprüche auf
Richter hob Schuldsprüche auf ©Bilderbox
Innsbruck/Feldkirch - Zungenkuss ist keine sexuelle Handlung: Oberster Gerichtshof hob Feldkircher Urteil auf und ordnete eine neue Verhandlung an.

Seine achtjährige Schwägerin soll der 21-Jährige im Sommer 2013 in Vorarlberg mehrfach sexuell missbraucht haben. Deshalb wurde der Pole am 19. Februar am Landesgericht Feldkirch zu einer teilbedingten Haftstrafe von 24 Monaten verurteilt, davon acht Monate unbedingt.

Dabei wurde der Angeklagte vom Hauptanklagevorwurf des schweren sexuellen Missbrauchs von Unmündigen rechtskräftig freigesprochen. Das Schöffengericht war nicht davon überzeugt, dass der Erwachsene versucht hatte, mit dem Kind zu schlafen.

Rechtskräftig ist der Schuldspruch zum sexuellen Missbrauch von Unmündigen mit einer Strafdrohung von sechs Monaten bis fünf Jahren Gefängnis. Demnach hat der Angeklagte die Achtjährige mehrfach im Intimbereich berührt.

Aufgehoben hat der Oberste Gerichtshof (OGH) nun die Schuldsprüche zur sittlichen Gefährdung von Personen unter 16 Jahren und zum Missbrauch eines Autoritätsverhältnisses. Dazu hat das Höchstgericht in Wien eine neue Verhandlung in Feldkirch angeordnet. Dabei wird die Strafe neu zu bemessen sein. Sowohl der von German Bertsch verteidigte Angeklagte als auch die Staatsanwaltschaft haben gegen das nun aufgehobene Urteil Strafberufung erhoben.

„Unrichtig angewendet“

Bei der Beurteilung eines der angeklagten Vorfälle habe das Landesgericht „zum Nachteil des Angeklagten das Strafgesetz mehrfach unrichtig angewendet“. So begründet der Oberste Gerichtshof die angeordnete neue Verhandlung.

Der 21-Jährige soll der Achtjährigen Pornofilme vorgeführt und ihr dabei Zungenküsse gegeben haben. Das Landesgericht habe dazu beim Schuldspruch zur sittlichen Gefährdung von Personen unter 16 Jahren nicht begründet, warum es sich um Filme mit pornografischem Inhalt handle, bemängelt der OGH. Zudem würden Zungenküsse das Tatbild des Paragrafen 208 im Strafgesetzbuch nicht erfüllen. Denn dieses Delikt setze Handlungen vor dem Opfer voraus und keine unter seiner „körperlichen Beteiligung“.

Ein weiterer „Rechtsfehler“ ist für das Höchstgericht, dass das Erstgericht den seine kleine Schwägerin beaufsichtigenden Angeklagten wegen der Pornofilme und der Zungenküsse auch wegen des Missbrauchs eines Autoritätsverhältnisses schuldig gesprochen hat.

Denn ein Zungenkuss stelle „nach herrschender Auffassung“ noch keine geschlechtliche Handlung dar, die für einen Schuldspruch wegen Missbrauchs eines Autoritätsverhältnisses aber vorliegen müsste.

(Quelle: NEUE/Seff Dünser)

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