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Pflichtschule nicht genug - Ausbildungspflicht bis 18 kommt

Pflichtschule ist nicht genug
Pflichtschule ist nicht genug
Der Ministerrat hat am Dienstag die schon länger angekündigte "Ausbildungspflicht" für junge Menschen bis 18 in Richtung Parlament geschickt. Das Ziel: Ab 2017/2018 soll es keinen Jugendlichen mehr geben, der nach Abschluss der Schulpflicht keine weiterführende Ausbildung absolviert.

Damit soll ein “schlechter Start ins Berufsleben” vermieden werden, so das Sozialministerium in einer Information.

Bundeskanzler Christian Kern (SPÖ) bezeichnete dies als ein “besonders wichtiges Thema”, das derzeit 16.000 Jugendliche betreffe. “Hier werden Karrieren geschaffen, die durch ein ganzes Berufsleben hindurch belastet sind”, man müsse versuchen, diesen Kreislauf – Bildungsabbruch, Hilfsarbeit und Arbeitslosigkeit – zu durchbrechen. Auch Vizekanzler Reinhold Mitterlehner (ÖVP) zeigte sich zufrieden über die “gemeinsame Vorgangsweise” der Regierung in diesem Thema. Man habe durchaus Diskussionsbedarf gehabt, “jetzt sind wir so weit, ich sehe das sehr positiv.”

Sozialminister Alois Stöger (SPÖ) feierte am Dienstag einen “Meilenstein”. Er hofft, mit der Ausbildungspflicht einen wesentlichen Faktor zur Armutsvermeidung geschaffen zu haben. “Wer nur einen Pflichtschulabschluss hat, wird dreimal leichter arbeitslos und viermal öfter Hilfsarbeiter”, erklärte er in einer Aussendung. “Das können wir nicht akzeptieren.” Mit dem neuen Gesetz vermeide man frühzeitige Bildungsabbrüche und damit, dass die jungen Menschen “dann unter niedrigem Einkommen sowie starker Betroffenheit von Arbeitslosigkeit und Armut leiden müssen”.

Eltern werden in die Pflicht genommen

Im ersten Jahr wird die Ausbildungspflicht für rund 5.000 Jugendliche gelten, schätzt das Sozialministerium – jene also, deren Pflichtschulzeit mit dem Schuljahr 2016/17 endet. Wer dann keine weiterführende Schule besucht, eine Lehre beginnt oder anderweitige Qualifizierungsmaßnahmen wahrnimmt, wird ein Fall für das neue Gesetz.

In die Pflicht genommen werden zuvorderst die Erziehungsberechtigten, die melden müssen, wenn ihre Kinder keine Ausbildung machen. Als Ansprechpartner dafür dienen bereits bestehende Koordinierungsstellen, die dafür aufgestockt werden. Auch Schulen, Arbeitsmarktservice, Sozialministeriumservice, Lehrlingsstellen etc. sollen regelmäßig Meldung erstatten. Wenn der betreffende Jugendliche vier Monate danach keine Ausbildung begonnen hat, gilt das als “Bildungsabbruch”, und er wird von der Koordinierungsstelle kontaktiert.

Lehrabschluss gilt als Pflichterfüllung

Ziel ist es, die Jugendlichen so weit zu coachen, dass sie weitere Bildungsschritte setzen. Die Palette der Möglichkeiten ist dabei breit. Lehre – auch außerbetrieblich -, Schulbesuch oder Privatunterricht, AMS-Kurse oder weitere in einem speziellen “Perspektiven- oder Betreuungsplan” festgelegte Maßnahmen gelten als Pflichterfüllung. Wer vor 18 einen Beruf erlernt hat, ist damit aus der Pflicht entlassen – denn das Ziel, dass jeder eine Qualifikation über den Pflichtschulabschluss hinaus hat, sei damit erreicht.

In letzter Konsequenz sind auch – analog zum Schulpflichtgesetz – Verwaltungsstrafen der Erziehungsberechtigten vorgesehen. Sie bewegen sich zwischen 100 und 500 Euro, im Wiederholungsfall von 200 bis 1.000 Euro. Allerdings sei Bestrafen nicht vorrangig, betont das Sozialministerium. Die Strafbestimmungen werden auch erst im Jahr 2018 wirksam.

Asylwerber sind ausgenommen

Waren behinderte Jugendliche im Begutachtungsentwurf noch ausgenommen von der Ausbildungspflicht, gilt sie nun auch für diese Gruppe. Nicht darunter fallen dagegen junge Asylwerber. Ausnahmen gibt es auch, wenn z.B. Jugendliche Kinderbetreuungsgeld beziehen, ein Freiwilliges Soziales Jahr bzw. Präsenz-Zivildienst leisten, erkrankt sind oder sonstige “berücksichtigungswürdige Gründe” vorliegen.

Die Kosten beziffert das Sozialministerium mit 57 Millionen Euro pro Jahr im “Vollausbau”. Die höheren Ausgaben würden sich mittel- und langfristig aber jedenfalls rentieren, wird versichert, erhofft man sich doch, künftig beim Arbeitslosengeld und anderen Sozialleistungen sparen zu können.

Das Gesetz braucht eine Zweidrittelmehrheit im Parlament, da es eine Verfassungsbestimmung enthält. Somit sind die Stimmen entweder von Grünen oder FPÖ nötig.

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