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Kobane geht uns alle an: Ein Vorarlberger Kurde berichtet

Pascal Pletsch (VOL.AT) pascal.pletsch@russmedia.com
Schwarzach - Zwei spontane Protestkundgebungen von Kurden gab es diese Woche in Vorarlberg Tahsin Akcakoca ist Obmann des kurdischen Vereins in Vorarlberg und sprach mit uns über Kobane, die Rolle der Türkei und den Protest im Land.

Tahsin AkcakocaTashin Akcakoca ist Kurde, 25 Jahre alt und lebt seit mittlerweile fünf Jahren in Vorarlberg. Er ist der Obmann des mesopotamischen (kurdischen)  Kulturvereins und er war maßgeblich an den beiden Protestaktionen in Bregenz und beim ORF Funkhaus in Dornbirn beteiligt.

Lage in Kobane prekär

“Die Situation in Kobane ist äußerst prekär. Seit mehr als drei Wochen kämpfen kurdische Truppen gegen den Ansturm des ISIS. Mittlerweile habe  die islamistischen Terroristen einen Belagerungsring um die Stadt gezogen und die kurdischen Kämpfer wehren sich mit aller Kraft gegen ein weiteres Vordringen”, so Akcakoca. Das größte Problem sieht der junge Mann in der Tatsache, dass den Truppen schwere Waffen und Nachschub fehlen: “Die ISIS sind gut ausgerüstet und verfügen über gepanzerte Fahrzeuge, gegen die unsere Kämpfer mit ihren Gewehren nicht ankommen.” Zwar ist mittlerweile der Großteil der Bevölkerung in die Türkei geflohen, sollte ISIS die Stadt aber erobern würde es dennoch ein Massaker unter den verbliebenen Einwohnern und Kämpfern geben. Ein Szenario, dass auch von internationalen Beobachtern so gesehen wird. “Sie warten jeden Tag auf den Tod”, schildert Akcakoca die dramatische Situation.

Türkei muss in die Pflicht genommen werden

Die Kurden würden nicht erwarten, dass ausländische Bodentruppen sie im Kampf unterstützen. Da aber die Türkei den Grenzübergang bei Kobane abgeriegelt habe, könnten frische kurdische Kämpfer, die bereit stehen würden, ebensowenig nach Kobane gelangen, wie neue Waffen. Auf der anderen Seite würden knapp 30 Kilometer entfernt ISIS Kämpfer ungehindert von der Türkei nach Syrien einreisen, ohne das die türkische Regierung etwas dagegen unternehme. Hier müsse die Welt und vor allem Europa Druck auf die Türkei ausüben, ihre Unterstützung des ISIS aufzugeben.

Keine Vorarlberger Kurden im Kampfgebiet

Momentan befänden sich keine kurdischen Kämpfer aus Vorarlberg im Kampfgebiet, man organisiere aber Hilfslieferungen in Form von Medikamenten und Geld, die auch direkt an die richtigen Stellen gehen. Dies sei wichtig, denn die offiziellen Hilfslieferungen würden leider größtenteils nicht bei den Betroffenen ankommen, sondern in der Türkei verschwinden. Hier achte man sehr darauf, dass die selbst gesammelten Hilfsgüter auch über eigene Kanäle direkt an ihr Ziel kommen.

Protestaktionen gehen weiter

Nach den zwei spontanen Protestkundegebungen in Bregenz und Dornbirn, findet nun am Samstag um 16 Uhr (VOL.AT wird live berichten) eine angemeldete Demonstration in Bregenz statt. Treffpunkt ist der Seeparkplatz neben dem Bahnhof. Auch hier tritt der mesopotamische Kulturverein als Veranstalter auf, aber für Akcakoca wäre es wichtig, dass nicht nur Kurden auf diese Art Druck auf die Öffentlichkeit ausüben, sondern möglichst viele Menschen egal welcher Herkunft. “ISIS ist kein kurdisches Problem, sondern in erster Linie ein Problem von uns allen”, so Akcakoca.
Wichtig ist für die Veranstalter zu betonen, dass die Demonstration friedlich abläuft. “Wir verurteilen Gewalt und wollen friedlich und demokratisch auftreten”, distanziert sich der Kurde auch von den Steinwürfen auf das Konsulat am vergangenen Montag Abend. Man wolle dies nicht entschuldigen, hier seien wohl offenbar die Emotionen bei Einigen hochgekocht. Derartige Aktionen würden am Ende aber nur der Sache schaden und seien deshalb abzulehnen.

 

 

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