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Jugendgewalt: Weniger Verurteilungen in Vorarlberg

Erfreuliche Bilanz: Jugendgewalt in Vorarlberg nimmt laut Sicherheitsbericht für das Jahr 2014 ab. Wieso Jugendliche überhaupt brutale Gewalt anwenden, erforscht der Vorarlberger Soziologe Ferdinand Sutterlüty.
Thema Jugendgewalt: Soziologe Sutterlüty, Landesrätin Wiesflecker und Neustart-Leiter Ender.

Ferdinand Sutterlüty analysierte seine Gespräche mit straffällig gewordenen Jugendlichen in Berlin, in deren Lebenslauf zahlreiche Gewaltdelikte zu finden sind. In seinem Buch “Gewaltkarrieren” versucht der gebürtige Bregenzerwälder zu ergründen, warum Jugendliche oft so brutal gegen ihre Opfer losgehen.  “Hinter der Gewalt stecken keine rationalen Gründe”, sagt Sutterlüty, der an der Goethe-Universität in Frankfurt am Main lehrt. Oft haben die Gewalttaten eine lange Vorgeschichte, erklärt der Soziologie-Professor im VOL.AT-Interview.

Neustart in Vorarlberg: Ein straffreies Leben führen können

In Vorarlberg setzt Landesrätin Katharina Wiesflecker vor allem auf Prävention. Da die Gewaltkarrieren Jugendlicher oft in zerrütteten Familien beginnen, möchte sie besonders diese gefährdeten Familien unterstützen.

Doch Prävention funktioniert nicht immer. Im Jahr 2014 wurden in Vorarlberg rund 100 Jugendliche und junge Erwachsene wegen Gewalt gegen Leib und Leben gerichtlich verurteilt. In der Gruppe der 14- bis 21-Jährigen werden statistisch gesehen die meisten Delikte verzeichnet. “Diese Bevölkerungsgruppe weist die meisten Straftaten auf”, sagt Winfried Ender, Leiter von Neustart. Die Organisation Neustart hilft straffällig gewordenen Menschen beim Weg zurück in ein straffreies Leben. Nach intensiver Betreuung und mit zunehmender Reife lege sich laut Ender bei den meisten jungen Tätern die kriminelle Energie.

“Gewalt entsteht dort, wo viele eng aufeinander sitzen”

Einen etwas anderen Ansatz hat Rapper Tarpe, der in einem Block in der Harder Hofsteigstraße aufgewachsen ist. In seiner Jugend hing er oft mit 40 anderen Jugendlichen aus seiner Nachbarschaft ab. Der 22-jährige Vorarlberger war öfter in Raufereien verwickelt und folgert: “Gewalt entsteht oft dort, wo viele eng aufeinander sitzen”. Das thematisiert der Rapper auch in seinem neuen Lied: “Manche der Leute, die ich von früher kenne, sind heute im Knast.” Tarpe erzählt: “Meine Eltern waren immer für mich da, doch manchen fehlte zuhause eine starke Hand.”

Tarpe: “Jugendzentrum war mein zweites Zuhause”

Wenn die Erziehung zuhause scheitert, hilft seiner Meinung nach eine richtige Beschäftigung den Jugendlichen am besten, um Gewalt zu vermeiden. “Ich erinnere mich noch gerne an den Tag, als meine Freunde und ich mit Sozialarbeitern beim Sportplatz legal Graffiti sprühten. Dass Sozialarbeiter dabei waren, machte die Aktion nicht weniger cool. Damals war das Jugendzentrum mein zweites Zuhause. Ich hoffe, dass es immer noch solche Angebote für Jugendliche gibt.”

 

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