AA

Im Land der Lebenskünstler

Die Karibikinsel Kuba hat weit mehr zu bieten als Sonne, Salsa, Rum und Zigarren.
Eindrücke aus Kuba

Traumstrände, die Lichtjahre vom kubanischen Alltag entfernt liegen, eine mit UNESCO-Geldern herausgeputzte Hauptstadt voll kolonialem Charme, Menschen, denen trotz Rationierungskarten das Lächeln nicht vergeht – Kuba ist ein Reiseziel mit dem ganz besonderen Etwas. Samstagnachmittag in Havanna. Schwül lastet die Hitze auf den Gassen von Havanna Centro. Doch das hält die alte Dame im Kittelkleid nicht ab, ihren Körper den Salsa-Klängen anzuvertrauen, die aus einer der zahlreichen Bars zu hören sind. Wie zufällig gesellen sich Nachbarn zu ihr. Jeder scheint hier jeden zu kennen. Aufmunterndes Lachen, herzliche Gesten. Eine Flasche kursiert. Einer gibt eine Runde Zigaretten aus. Wenn unser Alltag schon ein mühsamer Kampf ist, Musik und Lebensfreude kann uns niemand nehmen, scheinen die Habaneros den staunenden Besuchern trotzig und selbstbewusst zu vermitteln.

Seit 1959 herrscht Revolution

Europäer, die nach Kuba fliegen, um die letzte Bastion des Sozialismus zu erleben, sind hin- und hergerissen. In ganz Havanna hängt kein einziges Werbeplakat. Was einzig beworben wird, ist die Revolution, die seit 1959 andauert. Leuchtreklame fehlt auch deshalb, weil man für die Währung der Einheimischen kaum etwas kaufen kann. Auch Müllberge sucht man vergebens. Dafür hängen an den Wäscheleinen heruntergekommener Stadtpaläste Dutzende Plastiktüten zum Trocknen aus – Kubaner verwerten so gut wie alles x-fach. Dass am Prado, der Prachtallee der Hauptstadt, die vom Parque Central bis zum Malecon führt, Taschendiebe und Drogendealer ihr Unwesen treiben, hört man noch immer äußerst selten. Kuba ist größtenteils sicher. Mit hohem Bildungsstandard und einer vorbildlichen medizinischen Versorgung hat die Karibikinsel Geschichte geschrieben. Doch der tägliche Überlebenskampf prägt das Land, in dem ein jeder nach der Fasson der Revolutionäre rund um Fidel Castro glücklich zu werden hat.


Alltag in Kuba

Lebensmittel, Kleidung und andere lebensnotwendige Güter sind bis heute rationiert. Pro Nase und Monat gibt es drei Kilo Reis, gleich viel Zucker, eine Handvoll Bohnen, mit Bohnenpulver gestreckten Kaffee und acht Eier. Leben kann davon niemand. Die Gehälter haben Symbolcharakter. Kubaner haben also Überlebensstrategien entwickelt, vor denen man als im Überfluss lebender Europäer nur den Hut ziehen kann. Da werden Balkone in Hühnerställe umgebaut, in der häuslichen Badewanne wird ein Schwein gehalten. Natürlich ist das alles streng verboten. Zum Schlachten kommt irgendein Bekannter. Und damit das Schwein nicht quiekt, durchtrennt ihm ein Chirurg vom staatlichen Hospital die Stimmbänder. Dieser ,,Nebenjob“ bringt ihm monatlich umgerechnet 50 Euro ein. Das ist mehr als sein Staatsgehalt.

 
Unterwegs in Kuba

Improvisierungskunst, Musik und Rum, Lachen und Sinneslust – und nicht zuletzt die Devisen von Exilverwandten aus Miami und das Geld der Touristen helfen den Kubanern, ihren postsozialistischen Alltag mit all seinen absurden Hürden und Entbehrungen zu ertragen. Und nirgendwo stellt die Wirklichkeit alle Klischees derart in den Schatten als in der kubanischen Hauptstadt. Trinidad heißt ein koloniales Kleinod, das sich hinter den Escambray-Bergen an der Südküste versteckt. Seit die UNESCO das bildschöne Städtchen 1988 als Weltkulturerbe unter Denkmalschutz stellte, gehört es mit seinen prunkvollen Kolonialpalästen aus der Ära der Zuckerbarone auf jede Reiseroute. Santiago de Kuba versprüht wie keine andere Stadt in Kuba mehr karibisches Flair. Das liegt zweifellos an den überwiegend schwarzen Bewohnern. Über 350 Jahre importierten spanische Zuckerbarone Sklaven aus Afrika als Zwangsarbeiter. Erst 1886 wurde die Sklaverei offiziell abgeschafft.

Ein Wechselbad der Gefühle

Wer Kuba bereist, erlebt ein Wechselbad zwischen Schlitzohrigkeit und Liebenswürdigkeit, verblüffender Anmache und charmanten Komplimenten, hypnotisierenden Rhythmen und Revolutionsparolen, gekühlten Cocktails und bitterer Armut. Wie ein roter Faden zieht sich die herzliche Gastfreundschaft der Kubaner durch die Tage, die viel zu schnell verfliegen. Kuba mag manchmal verwirren. Kalt lässt die Karibikinsel niemanden, der bereit ist, die „Wundertüte der Widersprüche“ über sich ausschütten zu lassen.

 

Die alternde Diva Havanna
Im hohen Alter von über 500 Jahren ist die karibische Dame zwar etwas morsch und wackelig auf den Beinen, steckt aber noch immer voller Charme und Romantik. Havanna hat Piraten und Guerilleros in seinen Bann gezogen, Diktatoren wie Batista und Mafiosi wie Al Capone, aber auch Dichter und Schriftsteller wie Ernest Hemingway und Graham Greene. Kubas Hauptstadt zählt annähernd zwei Millionen Einwohner und ist das wohl größte Architektur-Museum der Welt. Strahlend blauer Himmel und kräftige Farben stehen in krassem Kontrast zu Verfall, morbidem Charme und sozialistischem Mangel.

Im Tal von Vinales
Wer auf Kuba einen reinen Badeurlaub bucht, verpasst die spannendsten Seiten der Insel. Im Westen laden die abwechslungsreiche Natur und die ertragreichsten Tabakplantagen zum Staunen ein. Wie ein Gemälde präsentiert sich die Landschaft im Tal von Vinales inmitten der Sierra de los Órganos: buckelige Kalksteinhügel erheben sich Elefantenrücken gleich aus der rostbraunen Erde der Tabakplantagen. Hier wächst der beste Tabak heran, der später in Form der „Cohibas“ weltweit Sehnsüchte stillt.

 

REISEINFOS

Staat: Sozialistische Republik mit Ein-Parteien-System (kommunistische Partei).
Anreise:  tägliche Verbindungen aus Europa nach Havanna und Varadero.
Einreise: Visum erforderlich
Sprache: Spanisch
Unterwegs:  Geführte Rundreisen (Studiosus), individuell per Taxi, Mietauto oder Bus (für Touristen mit viel Zeit und Nerven).
Beste Reisezeit: November bis März, Durchschnittstemperatur 25 Grad.
Geld:  Einheimische bezahlen in “Monade nacional”, für Touristen gilt der Peso cubano Convertible (CUC). Preisniveau rund 20 Prozent unter dem europäischen.
Unterkunft: Hotels, Privatzimmer (Casa particulares).
Weitere Informationen:  Kubanische Botschaft, Himmelhofgasse 40 a-c, A-1130 Wien, Tel. 01 8778198, Internet: http://emba.cubaminrex.cu/Austria

 

 

home button iconCreated with Sketch. zurück zur Startseite
  • VOL.AT
  • Reise national
  • Im Land der Lebenskünstler