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Frau Balldini, wie stehen Sie zu Affären?

©Tomm Lamm
Barbara Balldini verdreht mit ihrem Kabarett aktuellder Schweiz den Kopf. Mit W&W sprach sie über Schlampen, Sex im Ländle und GenY.

WANN & WO: Haben die Vorarlberger guten Sex?

Barbara Balldini: In Vorarlberg gibt es interessante Phänomene: von absolut prüde bis extrem offen – es gibt alles. Im Ländle wird das meiste SM-Material verkauft. Mehr als in allen anderen Bundesländern. Auch wenn wir nach außen hin so „körig“ und lieb sind, irgendwo muss man sich ja auch ausleben. Vorarlberger sind nicht harmlos, sie sind schon gut drauf.

WANN & WO: Eines ihrer Bücher heißt „Einmal Schlampe – immer Schlampe“. Worum geht es darin?Barbara Balldini: Die klassische Mama-Papa-Kind-Situation auf ewig ist in unserer Zeit schon eher selten. Das haben mir auch viele Leute geschrieben. Deswegen behandelt das Buch verschiedene Lebensvarianten. Das reicht von einer Dreier-Beziehung über eine Frau mit zwei Männern bis hin zu heimlichen Liebschaften, Affären. Es erzählt von sexuellen Vorlieben, auch von Perversion. Das Leben ist eben bunt.

WANN & WO: Das Wort „Schlampe“ scheint bei Ihnen sehr präsent zu sein, obwohl der Begriff in unserer Gesellschaft negativ besetzt ist.

Barbara Balldini: Fakt ist, dass eine Frau, die lebt, wie sie will und sich nimmt, was sie braucht, sofort als Schlampe abgestempelt wird. Während ein Mann, der dasselbe macht, als Held gilt – ein Schlamperich (lacht), oder ein Gigolo. Für mich ist das Wort ganz einfach nicht negativ besetzt, das ist nur eine Frage der Einstellung. Wünschenswerter wäre für Frauen vielleicht die Bezeichnung „Gigola“, das klingt fröhlicher.

WANN & WO: Wie definieren Sie eine „Schlampe“?

Barbara Balldini: Eine Frau, die viel Erfahrung in der Sexualität hat, mit möglichst vielen Partnern.

WANN & WO: Würden Sie sich selbst als „Schlampe“ bezeichnen?

Barbara Balldini: Ich glaube, die anderen würden mich als Schlampe bezeichnen. Als ich jünger war, hätte man das bestimmt behaupten können. Mittlerweile fühle ich mich eher wie eine erfahrene, ältere Diva. Aber wie gesagt, die Bezeichnung ist für mich nicht negativ behaftet.

WANN & WO: Wie stehen Sie zum Heiraten?

Barbara Balldini: Das Heiraten ist etwas, für das ich bis heute keinen Grund gefunden habe. Dieses „man steht zueinander“ ist viel ehrlicher, wenn man nicht verheiratet ist. Wer verheiratet ist, muss sich mitunter nicht mehr so sehr bemühen. Zu meiner – schon 20 Jahre dauernden Liebe – habe ich immer gesagt, du bist mein Liebster. Er ist mir die wichtigste Person, steht im Mittelpunkt, wird niemals an den Rand gestellt.

WANN & WO: Haben Sie Affären?

Barbara Balldini: Ja. Das habe ich mit meinem Liebsten aber von vorne herein abgesprochen. Ich wusste immer schon, dass ich nicht monogam veranlagt bin. Damit muss man lernen, umzugehen. Die Frage ist nur, wie mache ich das? Heimlich hinter seinem Rücken, oder sage ich ihm das jedes Mal? Das ist eine Auseinandersetzung, der man sich stellen muss. Er hat mir immer zu verstehen gegeben, wenn es unsere Beziehung nicht gefährdet, möchte er nichts davon wissen. Das ist der Deal, und auf den kommt es an. Natürlich wissen wir beide, dass es passiert. Aber wir machen kein Drama daraus und erzählen uns keine Details, das ist völlig uninteressant. Wir sind uns unserer Liebe sicher. Bei einer Affäre geht es ja nicht um Liebe – sondern meistens um Begierde und Neugierde. Das ist Freiheit.

WANN & WO: Gehen Liebe und Begierde nicht Hand in Hand?

Barbara Balldini: Es gibt Menschen, die man anziehend findet, die man attraktiv wahrnimmt und sich denkt: Oh Gott, mit dem wäre es jetzt schön, diesen schönen Mann möchte ich genießen. Aber das ist keine Liebe. Das hat – wenn wir ehrlich sind – etwas mit Egoismus zu tun.

WANN & WO: Haben Frauen weniger Lust auf Sex als Männer?

Barbara Balldini: Nein, Frauen haben unglaublich viel Lust auf Sex – auf den Richtigen.

WANN & WO: Wieso beklagen sich dann so viele?

Barbara Balldini: Ganz vielen Frauen vergeht die Lust. Sie glauben, der Mann muss sie glücklich machen, muss wissen, wo ihre Knöpfe sind. Das stimmt aber nicht. Wie soll das denn der Mann wissen? Wenn man zum Autohändler geht, bekommt man erklärt, welcher Hebel für was ist – oder man fummelt in der Gegend herum und wundert sich, was dann passiert. Genauso ist das bei Frauen. Sie muss dem Mann sagen, da mag ich es, das gefällt mir nicht. Die Männer tappen also im Dunkeln, die Frauen machen den Mund nicht auf und haben früher oder später keine Lust mehr.

WANN & WO: Was war Ihr schlimmstes Sex-Erlebnis?

Barbara Balldini: Das kann ich nicht auf ein Erlebnis reduzieren. Am schlimmsten finde ich, wenn ein Mann nicht mich persönlich meint, wenn er nur auf die eigene Befriedigung aus ist und ich ihm als Person völlig egal bin. Sprich: Es ist wurst, mit wem er ins Bett steigt, Hauptsache er hat gevögelt. Viele Menschen haben Sex, und sind trotzdem alleine, weil es jeder für sich macht. Sie hat die Augen zu und stöhnt, er rammelt und denkt an etwas Anderes. Alleine sein beim Sex, das finde ich schlimm. Die Hoppalas passieren, die sind egal, wenn der Partner nahe ist.

WANN & WO: Wie war Ihr erstes Mal?

Barbara Balldini: Das war die Katastrophe schlecht hin (lacht) – „a bsoffene Gschicht“.

WANN & WO: Wie viele Sexpartner hatten Sie schon?

Barbara Balldini: Das werde ich Ihnen nicht sagen, das weiß nicht einmal mein Mann.

WANN & WO: Haben Sie Grenzen, wenn es um die sexuelle Ausrichtung geht?

Barbara Balldini: Natürlich. Gewalt und Erniedrigung sind ein Tabu. Man kann aber im Leben alles ausprobieren.

WANN & WO: Können Sie ein bisschen aus Ihrer Kindheit erzählen?

Barbara Balldini: Ich wurde als Säugling in einem Kloster ausgesetzt und bin dort behütet bei Nonnen aufgewachsen. Sexualität war dort in keiner Weise ein Thema. Ich kannte nicht einmal die Unterschiede zwischen Mann und Frau. Meine Theorie war, Frauen haben dünnere Haut als Männer – und wenn sie älter werden, wachsen ihnen Brüste. Meine Kindheit war aber wirklich schön. Es wurde erst schwierig, als ich mit 14 in ein Internat in Vorarlberg geschickt wurde. Ein richtiges Schockerlebnis, ich war sehr einsam und nahm an Gewicht zu. Eine dicke Jugendliche, sehr schwierig. Alle Mädchen hatten schon ihre Freunde, zu mir sagten sie nur: Du kriegst eh nie einen, so rund wie du bist, deshalb haben sie mir nichts darüber erzählt.

WANN & WO: Wie sind Sie mit der Tatsache ohne Eltern aufgewachsen zu sein, klar gekommen?

Barbara Balldini: Was man nicht kennt, vermisst man nicht. Ich habe Kinder, die ihre Eltern kannten, oft sogar bemitleidet, weil Mama und Papa schwierig sein können (lacht). Schwierig war, herauszufinden: Wer sind deine Eltern? Das war ein Schockerlebnis. Ich war froh, das nur einmal gemacht zu haben. Ich hatte keinen Bezug zu diesen Menschen, das waren nur meine Erzeuger.

WANN & WO: Ist unsere Generation „oversexed but underfucked“?

Barbara Balldini: Ja, definitiv. Die jungen Männer schauen regelmäßig Pornos. Das ist einfacher, als mit einer Frau ein Gespräch zu führen, sie zu verführen und schlussendlich ins Bett zu bekommen. Aber sie sind ja trotzdem befriedigt, weil sie ihren Orgasmus schon in der Früh gehabt haben. Frauen sagen, sie machen keine Kompromisse, der Mann muss ihnen etwas bieten, jede will etwas Besonderes sein, er muss sie erobern. Also haben beide keinen Sex: Frauen, weil sie mitunter zu anspruchsvoll sind und Männer, weil es ihnen zu mühsam ist, eine Frau zu erobern. Menschen ab 50 aufwärts haben heutzutage mehr Sex, als die Jungen. Das ist hundertprozentig so. Natürlich kann man einen Aufriss machen nach der Disco – und das tun die Jungen auch, aber dann sind sie so gefrustet von dem One-Night-Stand dass sie sich sagen: Das hätte ich mir auch sparen können. Es ist gar nicht mehr so einfach, jung zu sein.

WANN & WO: Sie stehen sehr in der Öffentlichkeit und polarisieren auch. Haben Sie mit Anfeindungen zu tun?

Barbara Balldini: Nein.

WANN & WO: Also nur positives Feedback?

Barbara Balldini: Ausschließlich. Es gibt natürlich Menschen, die ein Problem mit mir als Person haben oder mit Themen, mit denen ich mich beschäftige, nichts anfangen können, oder sogar Angst be kommen. Aber niemand hat mich jemals respektlos behandelt. Vielleicht machen sie es ja hinter meinem Rücken, das ist mir auch egal, weil sie dann eh mit meinem Hintern reden.

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