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Baby stirbt nach Ärztefehler

Eine Mutter klagt an. Ihr Baby starb durch einen Ärztefehler. Doch statt sich zu entschuldigen, schickte das Krankenhaus nur Tage nach dem qualvollen Tod der kleinen Sarah eine Rechnung.

Nach zwei gesunden Buben erwartet Rebekka B. im Jahr 2003 ihr drittes Kind. Ein Mädchen. Die Freude ist groß. Am 22. Mai wird die kleine Sarah im Feldkircher Spital mittels Kaiserschnitt entbunden. Das Baby musste gleich nach der Geburt operiert werden, da es einen Nabelbruch hatte. „Das wussten wir bereits vor der Geburt, deshalb wurde Sarah auch geholt“, sagt die Mutter. Alles ging gut. Das Glück der kleinen Familie schien perfekt. Allerdings nicht lange.

„Etwa zwei Wochen nach der Operation gab es Komplikationen“, sagt die Mutter. Sarah musste nochmals operiert werden. „Eigentlich ein Routineeingriff.“ Eigentlich. Denn diese OP hat das Leben der jungen Familie komplett verändert. Tage nach dem Eingriff ist das Baby immer noch benommen. „Das kommt von den Medikamenten“, wiesen uns die Ärzte zurück. Die Eltern ließen nicht locker. „Dann hat man uns in einem Gespräch gesagt, dass einiges bei der OP schief gelaufen sei. Aber aus Fehlern würde man schließlich lernen.“ Rebekka stockt, hat Tränen in den Augen. Die kleine Sarah wurde – wie ein Gutachten belegt – bei der OP irreparabel geschädigt.

Qualvoller Tod

„Man sagte uns, dass sie körperlich und geistig stark behindert sei. Dazu gelähmt, blind, taub und stumm. Für uns ist eine Welt zusammengebrochen.“ Das sehnlich erwartete Wunschkind – durch einen Ärztefehler zum Tode verurteilt.

Nach wochenlangen Qualen starb die kleine Sarah schließlich am 29. Oktober. „Mit ihr ist auch ein Teil von mir gestorben“, sagt Rebekka traurig. Stundenlang hat die junge Mutter ihr Baby noch im Arm gehalten, dann schweren Herzens Abschied nehmen müssen. „Dieser Schmerz ist unbeschreiblich – und wird nie vergehen.“ Im November 2005 wurde die Anästhesie-Ärztin schließlich vom Bezirksgericht Feldkirch wegen fahrlässiger Tötung verurteilt. Die Ärztin legte beim Landesgericht Berufung ein, welche aber vor wenigen Tagen zurückgewiesen wurde. Somit ist die Verurteilung rechtskräftig. Die Ärztin muss zudem 1000 Euro Schmerzensgeld an die Familie bezahlen. “1000 Euro für das Leben meines Babys – lächerlich“, sagt die Mutter wütend.

Inkassobüro beauftragt

„Bis zum heutigen Tag hat sich niemand bei uns entschuldigt. Obwohl das Gericht ganz klar festgestellt hat, dass Sarah durch einen Ärztefehler sterben musste.“ Tage nach dem tragischen Tod flatterte der Familie sogar noch die Rechnung über den Krankenhausaufenthalt ins Haus. Mittlerweile hat das Spital sogar ein Inkassobüro mit dem Geldeintreiben beauftragt. Auch die Beerdigungskosten wurden vom Krankenhaus wie in solchen Fällen üblich noch nicht erstattet. Zahlt das Spital nicht innerhalb der nächsten Wochen, wird das Grab des Babys aufgelassen. „Das Verhalten des LKH Feldkirch ist vollkommen unverständlich und nicht nachvollziehbar“, sagt Sanjay Doshi, Rechtsvertreter (Kanzlei Brandtner) von Sarahs Eltern. „Die Ärzte tun sich offensichtlich äußerst schwer, Fehler einzugestehen“, so Doshi weiter. Das zeige sich auch darin, dass das Krankenhaus erst auf Druck des Anwalts Selbstanzeige erstattet habe.

Zum ganzen emotionalen Schmerz müssen sich Sarahs Eltern jetzt noch auf dem Gerichtsweg mit dem Krankenhaus anlegen. „Wir wollen nur Gerechtigkeit“, sagt Sarahs Mama. „Uns hat man die Sonne genommen – da kann es doch nicht zu viel verlangt sein, dass sich das Krankenhaus seiner Verantwortung stellt.“

„Ich kann nichts sagen“

Spitalsdirektor Luis Patsch konnte gestern gegenüber den „VN“ bei einer ersten Anfrage keine konkrete Stellungnahme über diesen tragischen Fall abgeben. „Ich weiß von nichts“, so Patsch.

Die „VN“ hakten nach – die Frage: „Herr Direktor – eine Ärztin aus ihrem Spital hat das Leben eines Babys auf dem Gewissen und sie wissen von nichts?“ dürfte den Spitalschef dann doch wachgerüttelt haben. Zwei Stunden später sagte Patsch in einer neuerlichen Stellungnahme, „dass ich mich erkundigt habe und jetzt auch erinnere, dass das Krankenhaus damals Selbstanzeige gemacht hat.“ Zum Urteil selber und etwaige Konsequenzen wollte sich Patsch aber nicht äußern. „Mir liegt das Urteil noch nicht vor – fairerweise kann ich deshalb nichts sagen.“

Angesprochen auf die Rechnung und die noch nicht bezahlten Beerdigungskosten meinte Patsch, „dass es sich um automatisierte Abläufe handelt, die im konkreten Fall sicherlich nicht gerade einfühlsam herausgekommen sind.“ Den Vorwurf von Sarahs Familie, lange nicht über den OP-Pfusch und die Folgen informiert worden zu sein, weist Patsch ungeprüft zurück. „Unsere Ärzte gehen gerade in solchen Situationen sehr einfühlsam vor und fangen die Hinterbliebenen auf. Das haben die Eltern in einer Schockreaktion vielleicht nicht richtig wahrgenommen.“ ##Toni Meznar##

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