Zugegeben, er wirkt sperrig. Ziemlich wortkarg. Das führt dazu, dass man ihm zuhört, wenn er spricht. Walter Bauer arbeitet im zehnten Jahr als Vorarlbergs Landesgeologe. In Tagen wie diesen schläft er mit dem Handy unterm Kopfkissen.
Hohe Verantwortung
Das regt ihn weiter nicht auf. Obwohl er infolge solcher Unwetterlagen immer wieder zum Angelpunkt essentieller Entscheidungen wird. Ob Evakuierte in ihre Wohnungen zurück dürfen? Alles schaut auf Walter Bauer. Ob Soldaten des Bundesheers im Rutschgebiet graben sollen? Alles schaut auf Walter Bauer. Wird der Hang stabil bleiben? Der Landesgeologe muss es wissen. Jedenfalls weiß es außer ihm garantiert keiner. Walter Bauer nennt das schlichtweg seine Arbeit. Stress ist das nicht. Warum auch? Da ist sehr viel sehr schnell sehr genau abschätzbar. Die tägliche Knochenarbeit bereitet ihm mehr Beschwerden. Wenn es etwa darum geht, dass ich einem Häuslebauer klarmachen muss, dass er dort nicht bauen darf . . . Bei diesem Thema läuft er warm: Wenn der Architekt dem Bauherrn ein großes Wohnzimmerfenster auf der Südseite einplant und eine produktive Rutschung genau davor liegt, beschreibt der Landesgeologe den prototypischen Augenblick, in dem sein Rat höchst unwillkommen ist. Wenn man mich überhaupt fragt . . . Oft aber wird das vermieden. Und wenn dann die Rutschung im Wohnzimmer Platz genommen hat, muss der Landesgeologe retten helfen, was zu retten ist.
Beispiele wie Sand am Meer
Dass nur selten Genehmigungsverfahren stattfinden, in denen er beigezogen wird, führt dazu, dass Walter Bauer tagtäglich geologische Bausünden vorfindet wie Sand am Meer. So nimmt er sich kein Blatt vor den Mund, wenn er kritisiert, dass Bauwerber sich keinen Deut um die Erfordernisse der Landschaft scheren. Dabei würde schon helfen, wenn etwa die Kellerfenster eines Hauses alle 20 Zentimeter über dem umgebenden Gelände angeordnet wären. Wie wurden die Öffnungen geplant? Hat man auf Abdichtungen verzichtet? Oft würden ganz preiswerte Maßnahmen Abhilfe schaffen. Stattdessen baut man derzeit reihenweise Häuser in Muldenlagen und geht einfach davon aus, dass da kein Wasser durchläuft. Dabei haben wir inzwischen bei jedem stärkeren Regen 30 abgesoffene Häuser. Wer sich die Großereignisse von 1999 oder 2005 zum Maßstab nimmt, müsste Bauten auf weit höhere Regenmengen auslegen, als sie vergangenen Dienstag zu verkraften waren. Wir haben im Schnitt alle 30 Jahre solche Dimensionen, und aus Walter Bauers Mund klingt das wie ein Appell, der Mensch möge sich endlich daran gewöhnen, dass Natur sich nicht beherrschen lässt. So, jetzt hat er viel über die Sache und nur wenig über sich erzählt. So will er das auch. Der gebürtige Lochauer, der zu Beginn seiner Dienstzeit Abfalldeponien plante, ist Geologe, weil es mir Spaß macht. Einen Chefsessel angepeilt hat er nie. Der Job ist Selbstzweck. Äußerlichkeiten und Hierarchien bedeuten ihm herzlich wenig.
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