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„Bin Freerider, kein Freestyler“

Wilfried Hieble und seine Tochter Juanita sind die erste Adresse in Sachen Gesellschaftstanz im Ländle und choreografierten 2011 auch den Wiener Opernball.
Wilfried Hieble und seine Tochter Juanita sind die erste Adresse in Sachen Gesellschaftstanz im Ländle und choreografierten 2011 auch den Wiener Opernball. ©Matthias Rhomberg
Wilfried Hieble brachte ganz Vorarlberg das Tanzen bei. Im Talk mit W&W spricht er über alte Zeiten, Etikette und seine Passion Snowboarden.

WANN & WO: Auf welchen Hochzeiten tanzen Sie momentan?

Wilfried Hieble: Ich tanze im privaten Umfeld, bin ja in Pension. Ich gehe Windsurfen, fahre Snowboard und Trial-Cars – die, mit denen es einen auch mal überschlägt.

WANN & WO: Wie sind Sie zum Tanzen gekommen?

Wilfried Hieble: Ich habe mit 15 im Tanzkurs das Tanzen gelernt. Ein Jahr danach habe ich einen zweiten gemacht, dann war eigentlich Schluss. Erst als ich verheiratet war, hat das wieder angefangen. Meine Frau hat mich animiert – über den Turniertanz sind wir zur Tanzschule gekommen, die wir Ende der 70er übernommen haben.

WANN & WO: Wo hat im Ländle früher der Bär gesteppt?

Wilfried Hieble: Damals gab es noch viele Diskotheken. Als das aufgekommen ist, waren die Tanzflächen noch viel größer, das gibt es heute fast nicht mehr. Wir waren in vielen Diskotheken, die heute alle verschwunden sind. Draußen bei der Post gab es eine, der Sender war eine Disko. In Hard, gegenüber von der Alma, waren wir auch öfter mal tanzen.

WANN & WO: Hat sich die Tanzkultur stark verändert?

Wilfried Hieble: Ja, der ganze Stil hat sich geändert. Mit Aufkommen der Disko hat man zwar schon noch irgendwie miteinander getanzt – man hat sich angesehen – aber an sich war jeder für sich alleine. Wie man es von früher gewohnt war, dass man den Partner gehalten hat, war passé. Von Tuchfühlung keine Spur mehr (lacht).

WANN & WO: Sie haben ganz Vorarlberg das Tanzen beigebracht. Sind Sie ein strenger Lehrer?

Wilfried Hieble: Von Hörbranz bis nach Lech, im Bregenzerwald, quer durch. Früher waren wir noch strenger, da waren auch noch andere Zeiten. Es war nicht so, dass wir jemanden versohlt haben, aber man musste zeigen, wie der Hase läuft. Das hat es damals noch eher gebraucht als heute.

WANN & WO: Fällt Ihnen spontan eine Anekdote von den Kursen ein?

Wilfried Hieble: Über die negativen Dinge macht man sich keine Gedanken, früher hat man sich selbst auch mal daneben benommen (lacht). Es gab nette Sachen, an die man sich gern erinnert. Wenn man die Schüler nur kurz bei sich hat, verliert man sie auch wieder aus den Augen. Man hat es aber gemerkt, wenn im Kurs eine fremde Person war – es gab welche, die sich eingeschlichen haben.

WANN & WO: In den Tanzkurs?

Wilfried Hieble: Ja, es gab Rowdys, die nur gekommen sind, um zu stören. Da ist alles Mögliche passiert, wir mussten ab und zu sogar die Polizei holen. Die sind oben bei den Fenstern eingestiegen!

WANN & WO: Hat man als Tanzlehrer – speziell mit Schulklassen – mit einem schwierigen Alter zu tun?

Wilfried Hieble: Manche sind aufmüpfig, aber man hat ja Mittel und Wege. Einen hat es gegeben, der ist draußen stehen geblieben. Mit seiner Kappe auf dem Kopf fragte er, ob er auch hinein darf, er habe farbige Haare – sie waren knallrot. Einmal kam er mit grünen Haaren. Ich sagte, das stört mich nicht und war gespannt, wie er beim Ball auftauchen würde. Da hatte er normale braune Haare (lacht). Man muss die Jugend verstehen und sich in sie hinein versetzen. Ein anderer hat, als ich ihn gesiezt habe, gesagt: „Du kasch mi ruhig mit Du areda!“ Das war auch okay.

WANN & WO: Sitze ich Knigge-konform?

Wilfried Hieble: Eine Hand in der Hosentasche geht nicht. Man sollte nicht herumlümmeln, Haltung an­­nehmen und dem Gegenüber vermitteln, dass man ihm zuhört.

 Matthias Rhomberg
Matthias Rhomberg ©Matthias Rhomberg

WANN & WO: Hat sich in Sachen Verhaltensregeln viel geändert?

Wilfried Hieble: Es ist nicht mehr so streng wie früher. Schon von der Kleidung her, sieht man heute vieles lockerer. Es kommt immer darauf an, wo man sich aufhält. Ich habe zu den Schülern immer gesagt, dass ich nicht mit Anzug in die Disko gehe. Heute unterrichte ich in Jeans und Hemd. Früher nur mit Anzug oder Sakko und Krawatte. Da hat sich viel verändert und der Anzug hat ein verstaubtes Image bekommen.

WANN & WO: Ist die Jugend von heute salonfähig?

Wilfried Hieble: Sicherlich, die Zeiten ändern sich eben. Als wir jung waren, haben wir uns auch anders angezogen, als die Eltern. Auch damals hat es geheißen, wie furchtbar die Jugend ist. Als die ersten mit farbigen Haaren gekommen sind, dachte man: „Oh Gott, oh Gott, was ist denn das alles?!“ Auf einmal wurden es immer mehr und bald fiel man eher auf, wenn man keine farbigen Haare hatte. Bei der Kleidung ist das genau gleich, das ändert sich einfach.

WANN & WO: Sind sie noch immer leidenschaftlicher Snowboarder?

Wilfried Hieble: Ja, irgendwann hört man aber wieder damit auf. In den 80er-Jahren ist das Snowboarden mit Burton von den USA zu uns herüber geschwappt. Es gab auch andere, aber ich war einer von den ersten, die das probiert haben. Damals hat man uns bei den Liften verjagt und darüber gelacht, dass da welche mit Schaltafeln den Berg runter fahren. Ich hatte ein Brett mit Schwalbenschwanz hinten. Heute kann man das vergessen – Tiefschnee geht, aber eine eisige Piste ist eine Katastrophe. Ich bin Freerider, kein Freestyler. Früher war man als Snowboarder ein Exot. Dann gab es auf einmal einen Hype und die Skifahrer waren fast schon in der Unterzahl. Die Skikleidung, die man heutzutage trägt, kommt ja von den Snowboardern. Ich war keiner, der in dieser Subkultur mit eigener Kleidung, Sprache, etc. aufgegangen ist – ich musste ja arbeiten und ein gebrochener Fuß als Tanzlehrer wäre nicht gerade das beste gewesen.

WANN & WO: Wie ist es, wenn Sie mit Eltern von Tanzschülern ins Gespräch kommen?

Wilfried Hieble: Da sind immer wieder welche dabei, die selbst schon bei mir das Tanzen gelernt haben. Viele haben schöne Erinnerungen an diese Zeit. Als man dem anderen Geschlecht zum ersten Mal näher gekommen ist. Erste Freundin und so, da gab es auch ab und zu mal Theater. Ich erinnere mich an einen Fall, wo einer partout nicht die Tanzpartnerin wechseln wollte: „Sie darf nicht wechseln, sie gehört mir“, hat er gesagt. Da habe ich erklärt, dass es so nicht geht. Er kann nicht über sie verfügen, sie sind ja nicht verheiratet. Das hat dann auch einigermaßen gut geklappt, aber beim Abschlussball gab es das Drama. Er saß da, in Tränen aufgelöst, weil sie ihm davon gerannt ist.

WANN & WO: War das früher auch noch anders?

Wilfried Hieble: Die meisten waren schüchterner als heute. Jetzt sind diese Berührungsängste nicht mehr so stark. Es gibt aber schon noch diese peinliche Stille, wenn es heißt, jetzt soll sich jeder eine Tanzpartnerin suchen.

WANN & WO: Wie machen die Hiebles Urlaub?

Wilfried Hieble: Im Sommer sind wir meistens in Spanien, da wir eine starke Verbindung zu dem Land haben. Meine Frau hat einen spanischen Ur-ur-ur-, ich weiß nicht genau, wieviele „Ur-“ es sind, -Großvater aus Pamplona. Als die Spanier auf den Philippinen waren, ist er ausgewandert und hat dort geheiratet.

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