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Tatort Standesamt: Drum prüfe, wer sich ewig bindet!

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Türken, die sich als syrische Flüchtlinge ausgeben, dreifach verheiratete Männer, die ihre Familien ins Ländle holen. WANN & WO wirft einen Blick in die Vorarlberger Standes­ämter und zeigt, wie unübersichtlich das Asyl- und Fremden­wesen sein kann.

von Harald Küng/Wann & Wo

Dass Menschen, die vor Krieg und Verfolgung fliehen, geholfen werden muss, sollte in einer modernen Gesellschaft, wie der unseren eine Selbstverständlichkeit sein – auch wenn die aktuelle Bundesregierung einen harten Kurs im Asyl- und Fremdenrecht fährt. Jüngstes Beispiel: das Ende der Lehre für Asylwerber. Mit ein Grund für die Verschärfungen: Wie überall im Leben gibt es auch bei den Asylwerbern schwarze Schafe – auf Kosten anderer Schutzsuchenden.

Der Weg zu Asyl

In der Regel können Asylanträge an jeder Polizeidienststelle eingereicht werden. Es folgt ein faktischer Abschiebeschutz, bis geklärt wurde, ob ein Aufenthalt gestattet wird. Danach erfolgt eine Befragung der jeweilgen Person im Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA), das über die Asylgewährung zu entscheiden hat. Das BFA trifft aufgrund dieser Erstbefragung eine Prognoseentscheidung. Mit dieser gilt der Asylantrag als eingebracht. Die entsprechende Person wird anschließend in eine Erstaufnahmestelle oder ein Verteilerzentrum überstellt, wo sie des Weiteren alle wichtigen Informationen über das Verfahren, ihre Betreuung sowie ihre Rechte und Pflichten erhalten und das Zulassungsverfahren beginnt. Im Zuge dieses Verfahrens wird geprüft, ob Österreich überhaupt für den Antragsteller zuständig ist, zudem werden Identität der Person sowie die Fluchtgründe genau geprüft. Und die Frage nach der Identität ist oftmals keine leichte. Denn immer wieder fehlen Dokumente wie Geburtsurkunden, auch sprachliche Hürden stellen Behörden und Ämter immer wieder vor große Herausforderungen. Und offenbar nicht immer ist die Person, die vor einem sitzt, auch wirklich der- oder diejenige, die der Mensch behauptet zu sein.

Probleme am Standesamt

Fehlen wichtige Dokumente, können diese im Standesamt beantragt werden. Wer bereits über ein Bleiberecht verfügt, darf zudem heiraten. Auch hier führt der Weg über die Standesämter und ist nur möglich, wenn gültige Papiere vorliegen. Als Ehepartner bekommen die Schutzsuchenden vereinzelt erweiterte Rechte, etwa in der Wohnungssuche. Der Standesbeamte ist dann gesetzlich aufgefordert, die Daten der Person sowie deren Familienverhältnisse im Detail zu prüfen. Und gerade hier kommen auch im Ländle immer wieder Probleme zum Vorschein, wie Werner Sallmayer, Vorarlberger Landesleiter des Fachverbands der Österreichischen Standesbeamten, gegenüber WANN & WO erklärt: „Für die Beamten ist es oft schwierig, die Daten zu prüfen. Es kommt immer wieder vor, dass eine Person bei uns vorspricht, allerdings keinerlei Dokumente vorlegen kann.“ Spricht die Person zudem kein Deutsch, wird eine Evaluierung beinahe unmöglich. „Es ist auch anhand der Muttersprache oft unmöglich, die Herkunft zu bestimmen“, so Sallmayer weiter, „stammt jemand etwa aus der Grenzregion zwischen der Türkei und Syrien, können sich Dialekte überschneiden. Ein Vergleich: Ein Norddeutscher kann einen Wiener zwar als Österreicher lokalisieren, ein Vorarlberger klingt für ihn aber eher nach der Schweiz.“

Hintergehung des Systems

Solche undurchsichtigen Situationen werden schließlich auch dazu genutzt, das System zu hintergehen. Und damit kommen wir wieder zu den eingangs erwähnten schwarzen Schafen. Sallmayer nennt zwei Beispiele aus seinem Alltag: „Einst kam ein mutmaßlicher syrischer Flüchtling in Begleitung eines Sozialarbeiters aufs Amt, um sich entsprechende Urkunden ausstellen zu lassen, damit er hier heiraten kann. Die anschließende Prüfung ergab, dass es sich dabei weder um einen Flüchtling noch um einen Syrer gehandelt hatte. Der Mann stammte aus der Türkei und war bereits verheiratet.“ Oder auch: „In einem Fall stellte sich heraus, dass die Person, die heiraten wollte, sich bereits in drei Ehen befand. Eine Ehefrau lebte hier, zwei weitere im Ausland. Diese folgten im Zuge einer Familienzuammenführung samt Kindern nach Österreich nach.“

Schaden durch Missbrauch

Derartiger Missbrauch des Systems führt in weiterer Folge dazu, dass jenen Menschen, die wirklich Hilfe brauchen und die ihre Familien vor Krieg in Sicherheit bringen wollen, immer mehr Steine in den Weg gelegt werden. Und dass wichtige Themen wie Asyl, Ehe und Familienzusammenführungen in der Gesellschaft immer noch kritischer beäugt werden.

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