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Sonderschule soll bis 2020 zur Ausnahme werden

2015 soll in Steiermark Modellversuch starten
2015 soll in Steiermark Modellversuch starten
Das Modell der Sonderschule, in der behinderte oder verhaltensauffällige Kinder und Jugendliche separat unterrichtet werden, soll bis 2020 in Österreich zur Ausnahme werden. Stattdessen soll es flächendeckend inklusive Modellregionen geben, in denen Schüler mit und ohne besondere Bedürfnisse gemeinsam lernen. Ein Pilotprojekt dazu startet laut Bildungsministerium ab 2015 in der Steiermark.

Hintergrund dieser Reformpläne ist der Nationale Aktionsplan zur Umsetzung UN-Menschenrechtskonvention, die Österreich schon 2008 ratifiziert hat. Vorgesehen ist darin der gemeinsame Unterricht von Schülern mit und ohne Beeinträchtigung unter einem pädagogischen Dach, heißt es aus dem Bildungsministerium zur APA. Immerhin würden nicht nur Kinder mit Beeinträchtigung vom gemeinsamen Aufwachsen profitieren, sondern auch die anderen Schüler durch den Erwerb von mehr Konfliktfähigkeit und sozialen Kompetenzen.

Vorbereitung auf Matura und autonomes Leben

In der Praxis soll der inklusive Unterricht funktionieren, indem bei den Modellversuchen, an denen alle Schulformen von Volksschule bis AHS und BMHS teilnehmen müssen, die Bildungsziele individuell festgelegt sind: Werden die einen Schüler im Gymnasium auf die Matura vorbereitet, sollen die anderen dort an ein autonomeres Leben mit weniger Abhängigkeit von Eltern und Betreuungspersonen herangeführt werden. Dafür sollen Kinder mit speziellem Förderbedarf zeitweise auch aus der Großgruppe herausgenommen werden: “Inklusion heißt nicht, dass alle Kinder immer zusammen sein müssen, sondern dass sie auch temporär in speziellen Gruppen oder Einzelbetreuung sein können.” Klar sei jedenfalls, dass in diesem neuen Setting alle Lehrer für inklusives Unterrichten von Kindern mit und ohne Beeinträchtigung ausgebildet sein müssen. Das sei auch in der neuen Lehrerausbildung verankert.

Sonderschulen sollen nicht mehr notwendig sein

Bis 2020 soll es die inklusiven Modellregionen in ganz Österreich geben. Die Vision ist, dass dann auch keine Sonderschulen mehr notwendig sein werden: Wenn die pädagogische Qualität in der Inklusion so überzeugend sei, würden Eltern sich noch stärker als jetzt für Integration anstelle von Sonderschule entscheiden. Aber auch dann könne es noch immer sein, dass es für bestimmte Formen der Behinderung weiter Spezialangebote geben wird, die aber in einem Verbund oder in einem Campusmodell in einer nicht-aussondernden Weise angeboten werden. Allerdings sollen auch diese Kinder vom “Sozialen Miteinander” profitieren können.

61 Prozent werden bereits integrativ unterrichtet

Im vergangenen Schuljahr gab es bundesweit mehr als 30.500 Kinder und Jugendliche mit Sonderpädagogischem Förderbedarf (SPF), die wegen körperlicher oder psychischer Einschränkung spezielle Unterstützung im Unterricht benötigen. 61 Prozent der Schüler mit SPF wurden dabei integrativ und nicht in einer eigenen Sonderschule (Sonderpädagogisches Zentrum/SPZ) oder Sonderschulklassen unterrichtet. Der Anteil variiert allerdings je nach Bundesland stark: So werden in Tirol nur knapp 47 Prozent inklusiv unterrichtet, während es in der Steiermark 85 Prozent sind.

Bereits hoher Grad an Inklusion in Steiermark

Der bereits hohe Grad an Inklusion ist auch der Grund, wieso die Region Graz und Umgebung samt Voitsberg als erste inklusive Modellregion ausgewählt wurde. Nur besonders betreuungsintensive Kinder und Jugendliche werden hier derzeit noch separat unterrichtet. Ein Konsortium mit Akteuren aus dem Bildungs-, Sozial- und Gesundheitsbereich, Jugendwohlfahrt und Fahrtendiensten etc. erarbeitet nun ein Modell, wie bei einer Reduktion der Sonderschulen das Therapieangebot andernorts zur Verfügung gestellt werden kann.

Standorte mit spezieller Ausstattung

Man werde nicht überall für alle Gruppen (z.B. sehbehinderte Schüler) Angebote machen können, schränkt das Bildungsministerium ein. Es soll allerdings in jedem Bezirk einen Standort mit spezieller Ausstattung und einer Kernkompetenz etwa für blindengerechten Unterricht geben. Ziel sei zusätzlich, durch bessere Vorbereitung etwa durch bessere Absprache mit den Kindergärten schon den Bedarf künftiger Schüler kennt und der Standort sich damit besser auf die Bedürfnisse des einzelnen Kindes einstellen kann.

Entsprechend ausgebildete Lehrer notwendig

Eine sehr große Gruppe der Schüler mit SPF sind allerdings ohnehin nicht jene mit körperlicher Behinderung, sondern jene mit teils schweren Verhaltensauffälligkeiten und psychischen Störungen. Hier müsse man Konzepte entwickeln, bei denen die Schüler in manchen Phasen in ganz kleinen Gruppen oder eins zu eins beschult werden, in anderen aber in einer größeren Gruppe mitlernen. “Damit gibt es in der Integration bereits sehr gute Erfahrungen.” Klar sei aber auch, dass dafür nicht nur entsprechend ausgebildete Lehrer notwendig sind, sondern auch Unterstützungspersonal nicht nur aus dem Bildungs-, sondern auch Sozialbereich.

(APA)

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