Dass vieles offen ist, hat mit einem wenig spektakulären Wahlkampf zu tun, der sich im Wesentlichen um die Frage drehte, mit wem die ÖVP nach Verlust der absoluten Mehrheit in eine Koalition gehen würde. SPÖ und NEOS boten sich zwar auch an, aussichtsreicher in Stellung brachten sich aber Freiheitliche und Grüne, die zurück bzw. erstmals in die Regierung wollen.
NEOS mit Problemen
Der Verlust der schwarzen “Absoluten” schien vor allem ob der starken Ergebnisse der NEOS bei Nationalrats- und EU-Wahl zu Beginn des Wahlkampfs noch eine fixe Sache zu sein. Doch einerseits tourt die ÖVP seit Monaten mit all ihrer Personalmacht unermüdlich durchs Land, um all ihre Wohltaten zu verkünden und neu zu eröffnen, was irgendwo neu zu eröffnen ist, und andererseits rumpelte es bei den Pinken ganz ordentlich.
Die völlig unroutinierte Spitzenkandidatin Sabine Scheffknecht tat sich in den nicht weniger als vier Elefantenrunden mit den Routiniers an der Spitze der anderen Parteien sichtlich schwer. Dazu gesellten sich interne Querelen vor allem um den ausgebooteten Ex-Landessprecher Chris Alge. Zum Drüberstreuen kamen die NEOS kaum dazu, ihre eigenen Inhalte wie Schulautonomie und Kinderbetreuungsausbau zu platzieren, da sie ständig genötigt waren, VP-Attacken bezüglich Wasser- und Illwerke-Privatisierung zu dementieren.
Offensive SPÖ
Offensiv unterwegs war die SPÖ, deren Zwerge das mit Abstand auffälligste Wahlkampf-Mittel waren. Zumindest in Umfragen hat das Spitzenkandidat Michael Ritsch und sein Team bisher nicht vor dem Absturz in die Einstelligkeit bewahrt. Das Problem an der “Coolmen”-Kampagne: Zwar schaffte es der vermeintliche Zwergen-Diebstahl medial sogar bis Übersee, die von den Gnomen transportierten Botschaften wie Millionärssteuer oder Gratiskindergarten gingen in der öffentlichen Diskussion aber unter.
Gemäßigte FPÖ
Bleiben jene beiden Parteien, die wohl die größte Chance haben, im Fall des Verlustes der schwarzen “Absoluten” als Partner Gnade beim Landeshauptmann zu finden. Die Freiheitlichen fielen quasi nur im Vor-Wahlkampf auf, als sie den langjährigen “Vorarlberg heute”-Moderator Christoph Waibel, der vorher mit den NEOS geliebäugelt hatte, an sich banden. Die Kampagne von Dieter Egger war dann in der Ausländer-Frage für freiheitliche Verhältnisse gemäßigt. Eigene Inhalte fielen weniger auf als die Warnungen vor einer Regierungsbeteiligung der Grünen.
Grüne machen sich das Leben schwer
Diese machten sich das Leben für den Tag nach der Wahl insofern schwer, als sie sich in Sachen Feldkircher Stadttunnel und Verbindungsstraße in die Schweiz dermaßen einmauerten, dass sie in Koalitionsverhandlungen mit der ÖVP entweder umfallen müssen oder ihren Traum von der Komplettierung der schwarz-grünen “Westachse” rasch ausgeträumt haben werden.
Interessant ist, dass die Grünen als einzige Partei außer den Neulingen von den NEOS, die Auftritte ihres Vorarlberger Bundes-Parteichefs Matthias Strolz bitter nötig hatten, auch gerne Gäste aus Wien und den anderen Bundesländern empfingen. Selbst FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache schaute im “Ländle” nur für einen Clubbing-Kurzauftritt vorbei und SP-Spitzenkandidat Ritsch war soundso mit sich und seinen Zwergen zufrieden. Kanzler Werner Faymann (SPÖ) wäre im “Ländle” freilich auch kein echter Wahlhelfer gewesen.
ÖVP profitiert von Personalwechseln
Setzte die ÖVP bei ihrem “Vor allem Vorarlberg”-Wahlkampf zunächst ganz auf eine Leistungsschau der Landespartei garniert mit kleinen Giftpfeilen gen Wien, hat sich das mit den Personalwechseln der schwarzen Bundespartei etwas aufgeweicht. Dass mit Hansjörg Schelling nun ein Vertreter des Sparefroh-Landes Vorarlberg über die Staatsfinanzen wacht, passt dem Landeshauptmann gut ins Wahlkampf-Konzept. Entsprechend wurde der Finanzminister auch prompt im Landhaus empfangen. Sonst war nur Every Schwarzens Darling Sebastian Kurz (ÖVP) gerne gesehener Gast aus Wien.
Hörte man sich Mittwochabend im Frastanzer Festzelt um, hat die von Schlappen bei Nationalrats- und EU-Wahl gebeutelte Ländle-ÖVP wieder an Selbstbewusstsein zugelegt. Selbst die rund 47 Prozent, die für eine absolute Mandatsmehrheit reichen würden, hält man mittlerweile mit einem guten Finish für machbar, auch wenn eine Umfrage im Auftrag der “Vorarlberger Nachrichten” vor wenigen Wochen noch ein Absacken auf unter 40 Prozent auswies.
Wer mit wem am Tag nach der Wahl?
Aber selbst wenn es einen Koalitionspartner braucht, hat die ÖVP noch genug Auswahl. Entschuldigt sich FPÖ-Chef Egger für seinen antisemitischen Sager aus dem 2009er-Wahlkampf wie von Wallner gewünscht, stehen seine Chancen nicht schlecht. Den Grünen würde die Volkspartei wohl einiges in Sachen Verkehr und Tourismus zumuten. Die SPÖ wiederum würde wohl nur zum Zug kommen, stellten sich Blau und Grün besonders ungeschickt an. Als völlig chancenlos in Sachen Regierungsbeteiligung gelten die NEOS.
(APA)
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