Neue Superkraft für Vorarlbergs Polizei: Gesichter erkennen im Blick

Die Exekutive setzt künftig auf Super Recognizer. Dabei handelt es sich um Menschen mit außergewöhnlich hoher Begabung, Gesichter zu erkennen. Im Rahmen eines Pilotprojekts sind seit Oktober 30 solcher Beamtinnen und Beamte in Niederösterreich und Vorarlberg im Einsatz. Wie der Generaldirektor für die öffentliche Sicherheit, Franz Ruf, und der Chef des Bundeskriminalamts, Andreas Holzer, bekanntgaben, soll das Projekt künftig auf ganz Österreich ausgeweitet werden.
"Super Recognizer haben natürliche Fähigkeiten, die nicht antrainiert werden können", erklärte Ruf im Rahmen eines Hintergrundgesprächs am Mittwoch im Innenministerium. "Selbst wenn sich Gesichter im Laufe der Zeit durch den Alterungsprozess verändert haben, selbst wenn schwierige Bedingungen vorherrschen wie im Fall einer großen Menschenmenge, die noch in Bewegung ist und wenn Gesichter nur kurzzeitig gesehen werden", sagte der Generaldirektor, könnten Treffer erzielt werden. "Sie sind fähig, Gesichter nach unten gedreht, nach oben schauend oder auch mit einem Bart zu erkennen", skizzierte Holzer ein weiteres Beispiel.
Nur drei Prozent Fehlerquote
Das Innenministerium will sich diese Fähigkeiten nun zunutze machen - nach Vorbild von Polizeibehörden in Berlin, München oder im Schweizer St. Gallen. In diesen Städten sei der Einsatz von Super Recognizern bereits erprobt. Ruf verwies in diesem Zusammenhang auf das Modell in St. Gallen. Dort seien im Rahmen eines einjährigen Testbetriebs rund 300 Ermittlungsansätze generiert worden, bei lediglich dreiprozentiger Fehlerquote. Alleine bei zwei Großveranstaltungen in St. Gallen seien 20 gesuchte Personen identifiziert worden, sagte Ruf. In insgesamt 60 Prozent der Identifizierungen sei schließlich ein Geständnis erfolgt.
Auf Basis dieser Erfahrungswerte sei die Entscheidung zur Implementierung in Österreich gefallen. Man habe Kontakt mit der Neurowissenschafterin Meike Ramon von der Berner Fachhochschule (BFH) aufgenommen, die als Entwicklerin des bisher einzigen Diagnoseverfahrens zur Erkennung von Super Recognizern im deutschsprachigen Raum gilt. "Sie hat es uns kostenlos zur Verfügung gestellt", erzählte der Generaldirektor. Daraufhin seien im November 2024 insgesamt 903 Exekutivbedienstete getestet worden.
Crosscheck mit Gesichtsfelderkennung
30 von ihnen (elf in Vorarlberg, 19 in Niederösterreich) zeigten schließlich diese Begabung. Sie sollen künftig im kriminalpolizeilichen Bereich eingesetzt werden - unter anderem in der Bildfahndung, bei der Zielfahndung, bei Observationen sowie Großveranstaltungen. Parallel dazu würden "Synergien mit etwa dem Gesichtserkennungssystem des Bundeskriminalamts geprüft", sagte Holzer. "Wenn es einen Treffer bei der Gesichtsfelderkennung gibt, wird das von den Kolleginnen und Kollegen noch mal crossgecheckt", sagte Holzer. Er sprach von einem "Match zwischen digitaler und analoger Ermittlung".
Die Koordination des Projekts erfolge in den beiden beteiligten Landeskriminalämtern. Die Super Recognizer bekämen regelmäßig Fahndungsfotos zugesandt. "Diese prägen sie sich dann ein und im Zuge ihres Dienstes nutzen sie ihr Wissen", sagte Ruf. Selbstverständlich sei auch ein Einsatz bei Schwerpunktaktionen denkbar, sagte Ruf.
Geringe Kosten
Holzer und Ruf strichen auch die geringen Kosten des Projekts vor dem Hintergrund des Spardrucks im öffentlichen Dienst heraus. "Wir nutzen das bestehende Potenzial in unserer Organisation", erklärte Ruf. Zudem sei das Projekt datenschutzrechtlich unbedenklich, da keine technischen Systeme genutzt würden.
Der Probebetrieb läuft nun bis Ende Februar 2026. Dann soll eine Evaluierung erfolgen. Die beiden leitenden Beamten betonten am Mittwoch, dass eine österreichweite Ausrollung das Ziel des Projekts sei. Er sei diesbezüglich "optimistisch", so Holzer. Es spreche "aus jetziger Sicht vieles dafür", ergänzte Ruf. Könnten Gefährderinnen und Gefährder auf diese Art früher erkannt werden, bedeute das letztlich "mehr Schutz für die Bevölkerung", betonte der Generaldirektor.
(VOL.AT)
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