Der Angeklagte bestritt sein Fehlverhalten nicht: In Hohenems wurden unter seiner Verantwortung Wahlkarten auch ohne Antrag des Wahlberechtigten ausgestellt. Mindestens vier Personen wurden Wahlkarten für nahestehende Personen mitgegeben, und auch eine per E-Mail eingegangene “Sammelbestellung” eines Seniorenheims für insgesamt 23 Personen wurde erledigt. Gesetzlich gedeckt war und ist diese Vorgangsweise allerdings in keiner Weise – laut Gesetz können Wahlkarten nur persönlich und unter Nachweis der Identität beantragt werden. Deshalb wurde das Wahlergebnis vom Verfassungsgerichtshof aufgehoben und eine Wiederholung der Stichwahl im Dezember 2015 angesetzt, bei welcher der damalige FPÖ-Parteichef Dieter Egger Amtshinhaber Richard Amann (ÖVP) als Stadtoberhaupt ablöste.
Vorgänger bestätigt Aussage des Angeklagten
Vor Gericht rechtfertigte der Stadtangestellte seine Vorgangsweise mit einer “lockeren Gesetzesauslegung”. Er habe Wahlkarten in der beanstandeten Form nur für solche Personen ausgestellt, die er persönlich kenne und wenn der Wahlausweis dieser Person vorgelegt worden sei. Den Wahlausweis habe er als Vollmacht interpretiert. Dass er Wahlkarten nur auf persönlichen Antrag hätte ausstellen dürfen, sei ihm nicht bekannt gewesen. Er sei bei der Vorarlberger Gemeindevertretungswahl 2015 zum ersten Mal in der Verantwortung zur Ausgabe der Wahlkarten gestanden, erklärte der Mann.
Der als Zeuge geladene Vorgänger des Stadtangestellten, der seit einigen Jahren in der Privatwirtschaft tätig ist, bestätigte die in Hohenems gehandhabte Vorgangsweise. Auch unter seiner Organisation seien Wahlkarten ohne persönlichen Antrag ausgestellt worden, etwa für Ehegatten. “Aber nur in Einzelfällen und wenn die Personen vertrauenswürdig und bekannt waren”, betonte der Zeuge. Schließlich habe man schon gewusst, dass Wahlkarten nur persönlich zu beantragen seien. Mails vom Seniorenheim seien ebenfalls “vorgekommen, das hat man gemacht”, sagte der Mann. In den anderen Vorarlberger Gemeinden sei es ähnlich abgelaufen.
Schöffensenat schenkt Angeklagtem Glauben
Für Staatsanwältin Gertraud Pfeifenberger stand sehr wohl fest, dass der Stadtangestellte gewusst habe, dass sein Tun dem Gesetz widerspricht. Mit seinem Verhalten habe er den Boden für eine Wahlmanipulation bestellt und damit das Recht eines jeden Bürgers auf eine ordnungsgemäß durchgeführte Wahl verletzt. Damit habe er Schaden billigend in Kauf genommen und sei zu verurteilen. Verteidiger Josef Giesinger berief sich darauf, dass die gesetzliche Bestimmung zur Anforderung einer Wahlkarte keineswegs eindeutig sei. Damit habe sein Mandant weder seine Befugnis missbraucht, noch habe er wissentlich gehandelt, noch habe er einen Schädigungsvorsatz gehabt: “Er hatte nur den Gedanken, bürgerfreundlich zu handeln”, sagte Giesinger.
Der Schöffensenat unter dem Vorsitz von Richter Andreas Böhler sprach den Mann schließlich frei. “Ihre Verantwortung, dass kein Schädigungsvorsatz vorlag, ist glaubhaft”, begründete Böhler das Urteil gegenüber dem Angeklagten. Das sei für den Freispruch entscheidend gewesen. Auch habe er nachweislich “alle gleich behandelt”, indem er die Wahlkarten nicht nach Parteizugehörigkeit ausgestellt habe. Die Staatsanwältin gab keine Erklärung ab, das Urteil ist deshalb nicht rechtskräftig.
(APA)
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