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Die großen Herausforderungen für den neuen US-Präsidenten

Die Herausforderungen werden für Obama auch in seiner zweiten Amtszeit micht weniger.
Die Herausforderungen werden für Obama auch in seiner zweiten Amtszeit micht weniger. ©EPA
Die politischen Herausforderungen für den alten und neuen US-Präsidenten Barack Obama sind enorm. Vor allem im Kampf gegen die Schuldenkrise muss er auf parteiübergreifende Zusammenarbeit und Kompromissbereitschaft der Opposition setzen - doch gerade daran hat es in den vergangenen Jahren gemangelt.
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Neue Aufgaben in der Außenpolitik

Innenpolitisch steht bereits in den nächsten Wochen ein entscheidendes Ringen an: Sollten sich Demokraten und Republikaner nicht einigen, laufen im nächsten Jahr Steuererleichterungen aus, zudem treten Milliardeneinsparungen in Kraft. Experten sprechen von einer “Fiskalklippe” (fiscal cliff). Gemeint ist eine Barriere, die das laue Wirtschaftswachstum in den USA weiter dämpfen könnte.

Schulden und Investitionen ein großer Brocken

Eine Quadratur des Kreises sind auch die längerfristigen Aufgaben: Es geht um den Abbau der schwindelerregend hohen Schulden von derzeit 16 Billionen Dollar (12,5 Billionen Euro). Gleichzeitig müssen große Investitionen ins Auge gefasst werden, um die marode Infrastruktur der USA zu erneuern.

Brennpunkt Teheran

Außenpolitisch heißt das brennendste Thema Iran: Da Teheran trotz massiver Sanktionen sein Atomprogramm weiter vorantreibt, droht Israel immer massiver mit einem Militärschlag gegen die iranischen Atombunker.

Sollte der Iran nicht einlenken, rückt eine solche Aktion im nächsten Frühjahr in den Bereich des Möglichen. Die USA fürchten, in einen Waffengang mit hineingezogen zu werden. Der gesamte Nahe Osten würde in einen Hexenkessel verwandelt.

Nah-Ost bestimmt Außenpolitik

Auch das anhaltende Blutvergießen in Syrien stellt die USA vor Probleme. Wie lange kann Washington dem Töten noch unbeteiligt zusehen? Die Militärs wollen ein Eingreifen vermeiden, weil dies ein unkalkulierbares Risiko sei.

Auch im Konflikt zwischen Palästinensern und Israelis besteht Handlungsbedarf. Präsident Obama hat den Nahost-Friedensprozess zwar zur Chefsache erklärt, doch nicht zuletzt sein angespanntes Verhältnis zu Ministerpräsident Benjamin Netanyahu verhinderte mögliche Fortschritte.

Im Nahen Osten muss Obama einen Friedensplan vorlegen

Der ungelöste Nahost-Konflikt dürfte zu einer der größten Herausforderungen Obamas in den nächsten vier Jahren werden. Anders als in der ersten Amtszeit könnte er nun aber offensiver agieren.

“Der einzige Fehler seiner ersten Amtszeit, den Obama eingeräumt hat, ist sein Umgang mit dem Nahost-Frieden. Aber einen Plan hat er bisher nicht vorgelegt”, so kommentierte die Zeitung “Jerusalem Post” am Mittwoch. Die Probleme sind ungelöst und die Aufgabe ist gewaltig: Frieden zwischen Israel und den Palästinensern sowie die Verhinderung einer iranischen Atombombe. Nichts weniger soll der im Amt bestätigte Obama in den nächsten Jahren erreichen.

Die israelische Regierung baut auf die Fortsetzung der engen Partnerschaft mit Washington und ein robustes Auftreten gegenüber Teheran. Mögliche Verhandlungen der USA mit der iranischen Regierung über eine Entschärfung des Atomkonflikts wird Israel dabei mit Argusaugen beobachten.

Immer misstrauisch, dass den Mullahs doch noch der Besitz von Atombomben gestattet werden könnte. “Die strategische Allianz zwischen Israel und den Vereinigten Staaten ist stärker denn je. Ich werde die Zusammenarbeit mit Präsident Obama fortsetzen, um das grundlegende Bedürfnis der israelischen Bürger nach Sicherheit zu gewährleisten”, ließ Ministerpräsident Benjamin Netanjahu mitteilen.

Die Palästinenser hingegen erhoffen sich mehr Druck Obamas auf Israel, die seit Jahren eingefrorenen Friedensverhandlungen wieder aufzunehmen. “Wir hoffen, dass seine (Obamas) zweite Amtszeit eine Zeit des Friedens, der Stabilität und Demokratie sein wird, während derer die Zwei-Staaten-Lösung umgesetzt und Israel sich auf die Grenzen von 1967 zurückziehen wird”, sagte der palästinensische Chefunterhändler Saeb Erekat.

Die im Gazastreifen herrschende radikal-islamische Hamas forderte gar ein Ende der einseitigen Parteinahme der USA für Israel.

Tatsächlich könnte Obama in den nächsten Jahren unabhängiger agieren, weil er sich nicht mehr um eine Wiederwahl Sorgen machen muss. “Die Regierung Obama wird vermutlich mehr öffentlichen Druck (auf Israel) ausüben”, erwartet auch die Zeitung “Yedioth Ahronoth”.

“Die US-Regierung wird es Netanyahu nicht länger gestatten, die Chance auf eine Einigung mit den Palästinensern – sei sie auch noch so klein – zu vertun”, so die Zeitung.

Experte: “Obamas größte Baustelle liegt zuhause”

Wie gewonnen, so zerronnen? Die Freude Barack Obamas über seinen Wahlsieg könnte bald im politischen Alltagsstress untergehen. Der Schulden- und Problemberg der USA ist riesig.

US-Präsident Barack Obama hat die Wahl gewonnen. Zeit zum Durchatmen bleiben ihm und seiner Partei aber nicht. Durch das enorme Haushaltsdefizit liege die größte Baustelle der Demokraten in den nächsten vier Jahren zuhause, sagt US-Wirtschaftsexperte Irwin Collier im Gespräch mit der Nachrichtenagentur dpa. Der Wissenschaftler arbeitet am John-F.-Kennedy-Institut für Nordamerikastudien der Freien Universität Berlin.

Im Repräsentantenhaus haben die Republikaner die Mehrheit. Kann Obama da überhaupt große Reformen anstoßen?

Collier: “Wenn sich die Republikaner Verhandlungen komplett verweigern, kann Obama wenig machen. Man wird aber die Frage stellen, wieso es für die Republikaner trotz der schwachen Wirtschaftslage nicht möglich war, das Weiße Haus zu erobern. Intelligente Leute lernen aus Fehlern. Da ist es die Frage, ob die rechtskonservative Tea-Party-Bewegung bei den Republikanern künftig einen so großen Einfluss behält. Falls da ein Umdenken einsetzt, könnten wir in den nächsten Jahren eine moderatere Republikanische Partei bekommen. Aber zunächst wird auch Obama demokratische Werte wieder ins Bewusstsein rufen und verteidigen müssen. In diesem Wahlkampf spielten sie kaum eine Rollen. Das war eher wie im Wilden Westen: Obama gegen Romney, Mann gegen Mann – wie in Dodge City.”

Was muss Obama in den nächsten vier Jahren unbedingt angehen?

Collier: “Er muss vor allem zuhause Ordnung schaffen. Er muss die Strukturdefizite in der amerikanischen Finanzpolitik angehen, am besten in einer Kombination von Steuererhöhungen und Ausgabenkürzungen. Da sind Kompromisse nötig. Dass die Republikaner bisher auf null Steuererhöhungen bestehen, macht es sehr schwierig. Die Steuern und Sozialabgaben reichen für Versprechungen wie Sozialleistungen nicht aus. Wenn da keine Lösung gefunden wird, könnte die USA langfristig echte Schwierigkeiten mit ihren Staatsschulden bekommen.”

Obama stand bisher dafür, sich der zunehmenden Spaltung zwischen Arm und Reich entgegenzustemmen. Kann er das überhaupt durchhalten?

Collier: “Das ist die große Frage. Es kommt darauf an, ob die Steuerkürzungen für die sehr Wohlhabenden aus der Amtszeit George W. Bushs zurückgenommen werden können oder nicht.”

Was bedeutet Obamas Wahlsieg für die Außenpolitik – von Europa bis Afghanistan?

Collier: “Die Werte der US-Demokraten sind weit mehr im Einklang mit europäischen Werten als die der Republikaner. Das ist für die langfristige Zusammenarbeit sehr wichtig. Neben manchen Irritationen, zum Beispiel über schrumpfende Verteidigungsetats sehe ich da keine neuen Probleme. Außenpolitisch ist Obamas größte Baustelle das Dreieck Iran, Israel, USA.

Da geht es um die Umkehrung der iranischen Rüstungspolitik und darum, mehr Gleichgewicht in diese instabile Gegend zu bringen. Den Abzug aus Afghanistan hat Obama ernst gemeint. Ich vermute auch, dass er in Bezug auf die Schließung des Gefangenenlagers in Guantánamo etwas mehr wagt als bisher. Er muss ja in vier Jahren nicht wiedergewählt werden.”

(APA)

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