Patzen verboten: McLaren zwischen Titelchance und Stallduell
Noch hat Lando Norris alles in den Händen, mit 22 Zählern Vorsprung (nach dem Sprintrennen am Samstag) auf seinen Teamkollegen Oscar Piastri und 25 auf Red Bulls Alleinunterhalter Verstappen. Eine Frage, die sich also am vorletzten Rennwochenende der Saison stellt: Was macht McLaren?
McLaren vor erneutem Stallduell?
Zwei gemeinsam (Norris als Titelanwärter und Piastri sein Helfer) gegen einen (Verstappen)? Oder muss Norris auch die Attacke seines eigenen Teamkollegen fürchten? Im Sprintrennen am Samstag hat Piastri jedenfalls schon einmal gezeigt, dass er Norris keine Punkte schenken wird, und seine Chance auf den Titel sicher nicht freiwillig hergibt.
Wie so ein Stallduell um den WM-Titel ausgehen kann, wissen sie gerade bei McLaren nur zu gut. 2007 schnappte ein gewisser Kimi Räikkönen beim bisher letzten Fahrertitel für Ferrari den McLaren-Piloten Lewis Hamilton und Fernando Alonso die Krone weg.
18 Jahre ist das her, Norris war damals sechs Jahre alt, Piastri vier, als Hamilton in seiner ersten Formel-1-Saison dem frischgebackenen zweimaligen Weltmeister Alonso so zusetzte, dass das Stallduell völlig eskalierte. Endstand damals: Räikkönen 110 Punkte – (es gab nur 10 Zähler für einen Sieg), Hamilton 109, Alonso 109.
Norris braucht Punkte – und Nervenstärke
Gewinnt Norris den Grand Prix in Katar, reichen ihm 25 Punkte Vorsprung auf Piastri und Verstappen. Gewinnt er ihn nicht, braucht er 26 Zähler mehr am Sonntagabend. Rechnerisch könnte es sogar dazu kommen, dass alle drei punktgleich nach Abu Dhabi weiterreisen. Norris dürfte sich dessen bewusst sein, nicht erst seit seinem fehlgeschlagenen Attacke-Manöver nach dem Start in Las Vegas.
Norris habe versucht, Verstappen nach dessen Regeln zu schlagen. "Das Problem ist nur, dass er die Regeln von dem Spiel nicht kennt", sagte David Coulthard, ehemaliger McLaren- und ehemaliger Red-Bull-Pilot. In der McLaren-Vorschau versichert Norris in einem insgesamt eher kurzen Statement: "Ich bin bereit für die Herausforderung, um den Sieg zu kämpfen."
Keine Nummer eins bei McLaren – auch jetzt noch?
Norris’ Teamkollege Piastri ist der, der noch in der ersten Saisonhälfte wie der Titelanwärter Nummer eins aussah. Sieben Siege, nach seinem bis dato aber letzten Ende August in Zandvoort führte er mit 34 Punkten vor Norris und 104 vor Verstappen. Während der gesamten Hochphase des Australiers hatten die McLaren-Bosse eine Nummer-eins-Akklamation verweigert. Gleiches Recht für beide Fahrer – der Titel sollte auf der Strecke entschieden werden.
Mit dem Aufstieg von Norris nach dem Tiefpunkt von Zandvoort begann der Niedergang von Piastri. Dass dieser bereits im Rennen danach Norris überholen lassen musste, weil die Crew einen Boxenstopp des Briten verpatzt und dieser hinter Piastri nach dem Reifenwechsel lag, sorgte bei manchen Fans für Unmut. In Mexiko und auch in Brasilien bekam Norris das zu spüren. Mit Pfiffen und Buhrufen nach seinen Siegen.
Neue Reifenregel für Katar
Klar ist, dass Verstappen zumindest dieselben Chancen auf den Titel hat wie Piastri. Beide müssen aber auf Patzer des WM-Spitzenreiters hoffen. 33 Punkte sind allein in Katar zu holen, acht für den Sprint-Sieger (8 Punkte die am Samstag an Piastri gingen, 6 an Norris und 5 an Verstappen), 25 im Rennen am Sonntag. Dass Pirelli und die FIA aus Sicherheitsgründen ein Reifenlimit – nur 25 Runden pro Satz – verhängt haben, wird beim Grand Prix die strategischen Möglichkeiten deutlich erhöhen.
Verstappen ist "All-in" – und was macht Piastri?
"All-in", schrieb Verstappen nach seinem Sieg in Las Vegas. Setzt auch Piastri alles auf eine Karte? Und bleiben die "Papaya-Regeln" beim britischen Traditionsrennstall bestehen? "Sollte das Gleiche passieren wie 2007, dann habe ich lieber diesen Ausgang als all die anderen Möglichkeiten, weil wir einen von beiden Fahrern favorisieren würden", sagte McLaren-Geschäftsführer Zak Brown vor nicht allzu langer Zeit. Teamchef Andrea Stella erklärte in der offiziellen Vorschau von McLaren auf das Katar-Wochenende: "Bei noch zwei ausstehenden Rennen verdienen beide die Chance, um den Titel zu kämpfen."
(APA/dpa)
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