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Snowden-Jagd in Wien: Morales nach 13 Stunden "Geiselhaft" abgeflogen

Verweigerung der Überfluggenehmigung zwingt Staatschef Morales zum Zwischenstopp in Schwechat.
Verweigerung der Überfluggenehmigung zwingt Staatschef Morales zum Zwischenstopp in Schwechat. ©EPA
Der bolivianische Präsident Evo Morales ist am Mittwoch nach 13 Stunden unfreiwilligen Aufenthaltes auf dem Flughafen Wien gegen Mittag zurück in seine Heimat geflogen. Wegen Gerüchten um den Mitflug des früheren US-Geheimdienstmitarbeiters Edward Snowden musste seine aus Moskau kommende Maschine in Wien zwischenlanden.
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Zuvor hatten mehrere europäische Staaten dem Staatschef das Überflugrecht verweigert. Nach einer “Freiwilligen Nachschau” in der Maschine durch die Flughafenpolizei in Schwechat konnte aber Entwarnung gegeben werden: Snowden sei nicht an Bord gewesen, bestätigte Außenminister Michael Spindelegger (ÖVP).

Zwangslandung in Wien

Noch am Dienstagabend hatten Spanien, Frankreich, Portugal und Italien dem bolivianischen Präsidenten die Überfluggenehmigung nicht erteilen wollen, weshalb dieser gegen 21.40 Uhr am Flughafen Wien-Schwechat landen musste. Grund dafür dürften Gerüchte gewesen sein, wonach sich Snowden, der Enthüller der Spähaktionen der USA, an Bord der Maschine befunden haben soll.

“Freiwillige Nachschau” im Flugzeug

Zwar habe es keine Durchsuchung der Maschine gegeben, jedoch eine “Freiwillige Nachschau”, wie Spindelegger sagte. In Absprache mit dem Piloten und mit Zustimmung von Morales hätte die Polizei die Maschine des Präsidenten kontrolliert und “Nachschau gehalten”, allerdings hätten sich die insgesamt elf Insassen – fünf Crew-Mitglieder und sechs Fluggäste – zu diesem Zeitpunkt nicht mehr an Bord befunden, sagte Innenministeriumssprecher Karl-Heinz Grundböck der APA.

Kaffee mit spanischem Botschafter abgelehnt

Morales selbst betonte jedoch, er habe einer Inspektion der Maschine nicht zugestimmt. Die spanische Regierung habe als Vorbedingung eine Inspektion verlangt, was inakzeptabel sei, erklärte der bolivianische Verteidigungsminister Ruben Saavedra vor Journalisten. Morales berichtete, dass er einen Vorschlag des spanischen Botschafters in Wien, mit ihm “einen Kaffee” in der Präsidentenmaschine zu trinken und über die Vorbedingungen zu sprechen, abgelehnt habe. Der Vorschlag bedeute eine Verletzung des Völkerrechts, hielt Morales fest. “Ich bin ja kein Krimineller.”

Morales: “In Geiselhaft”

Morales, der seit 2006 im Amt ist, gab sich in der Nacht vor Journalisten zwar geduldig – “Wir müssen abwarten” – jedoch erklärte er, dass er so etwas noch nie erlebt habe. Heftige Kritik übte Morales an Spanien, Italien, Frankreich und Portugal – die Länder, die dem Staatsoberhaupt zuvor die Überfluggenehmigung verweigert hatten. Er sei “in Geiselhaft” genommen worden, erklärte das Staatsoberhaupt.

Präsident spricht von “historischem Fehler”

Die für seine Festhaltung in Wien verantwortlichen Länder hätten einen “historischen Fehler” begangen. Er verstehe nicht, warum dies gemacht worden sei. Dass Frankreich das Überflugrecht “in letzter Minute” verweigerte, sei “eine große Überraschung” gewesen, kommentierte Saavedra, der Morales begleitete.

Saavedra: “Lüge” und “Komplott” der USA

Auf ausdrückliche Nachfrage von Medienvertretern bekräftigte Morales, dass sich der US-Geheimdienstenthüller Snowden nicht an Bord seiner Maschine befinde. Er kenne auch Snowden nicht. Er wisse nicht einmal, wie man dessen Namen richtig ausspreche, sagte er.

Saavedra bezeichnete die Gerüchte um Snowdens Anwesenheit in der Präsidentenmaschine als “absolute Lüge” und “Komplott” der USA. Würde der von den USA gesuchte Snowden um Asyl in Bolivien bitten, würde man den Antrag entsprechend der internationalen Normen prüfen, strich Morales hervor. Allerdings liege kein solcher Antrag vor.

Morales bedankt sich bei Österreich

Österreich gegenüber sprach Morales seinen ausdrücklichen Dank aus, er sei hier exzellent behandelt worden. Zugleich bedankte er sich bei den Pressevertretern für die umfangreiche Berichterstattung über seinen Fall. Bundespräsident Heinz Fischer, der Morales auf dem Flughafen traf, lud er zuvor zu einem Besuch in La Paz ein. Er habe sich persönlich vergewissern wollen, dass alle Abläufe im Zusammenhang mit dem Aufenthalt Morales’ in Wien völlig korrekt gewesen seien, und dass er gut behandelt worden sei, begründete Fischer das Treffen mit seinem Amtskollegen. Auch Vizekanzler Spindelegger traf mit dem bolivianischen Präsidenten zusammen, nachdem dieser um ein Gespräch ersucht hatte, wie Sprecher Alexander Schallenberg der APA mitteilte.

Opposition geniert sich für EU

Die drei Oppositionsparteien FPÖ, Grüne und BZÖ sahen in den jüngsten Entwicklungen in der Causa Snowden ein Armutszeugnis für die EU. Sie forderten die österreichische Regierung in Aussendungen auf, in der Abhöraffäre gegenüber den USA Flagge zu zeigen bzw. sich auch in der EU dafür einzusetzen. Zudem wünschen sie sich Asyl für Edward Snowden in Europa bzw. Österreich.

Snowden weiterhin in Moskau

Snowden sitzt seit mehr als einer Woche im Transitbereich des Moskauer Flughafens Scheremetjewo fest. Er beantragte in mehr als 20 Ländern Asyl, darunter auch in Österreich. Allerdings muss ein entsprechender Antrag im Land selbst gestellt werden, um gültig zu sein.

Snowden wird von den USA wegen Spionage per Haftbefehl gesucht. Der 30-jährige US-Bürger enthüllte Überwachungen europäischer Bürger und Institutionen durch den britischen und den US-Geheimdienst.

(APA)

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