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Internationale Pressestimmen zur Causa Snowden

Internationale Pressestimmen zur Causa Snowden.
Internationale Pressestimmen zur Causa Snowden. ©AP
Internationale Tageszeitungen beschäftigen sich auch am Mittwoch mit der Causa um den US-Informanten und früheren US-Geheimdienstlers Edward Snowden, der in verschiedenen Ländern - darunter auch Österreich - um Asyl ansuchte.

“Hospodarske Noviny” (Prag):

“Wladimir Putin hat es selbst am besten gesagt, als er seine Erklärung merkwürdig nannte. Aus seinem Mund hörte es sich seltsam an, als er das Asylangebot an Edward Snowden mit der Bedingung verknüpfte, der frühere Geheimdienstler dürfe den USA keinen Schaden mehr zufügen. Wahrscheinlich zeigt das nur, dass Moskau Snowden bereits als Quelle abgeschöpft hat. Und Putin als ehemaligem KGB-Offizier dürfte dieser junge Amerikaner, der Geheimnisse verrät, tief in der Seele zuwider sein. (…) Snowden wollte nicht mehr Teil des Systems sein, hat aber dabei übersehen, dass auch der Rest der Welt nicht nach Pfadfinderregeln spielt. Die amerikanische Macht ist zwar keine Garantie des Guten, aber andere Länder verhalten sich oft ebenso zynisch und skrupellos. Um Snowdens Daten mögen sie sich reißen, aber seine Ideale sind ihnen gänzlich gleichgültig.”

“L’Humanite” (Paris):

“Frankreich als Land der Menschenrechte sollte Warner ermutigen, die enthüllen, wie hinter demokratischer Verkleidung ein hinterhältiger Totalitarismus aufgebaut wird, und (Edward) Snowden auf seinem Boden empfangen. Die Menschenjagd gegen den einstigen Berater der National Security Agency durch die Regierung (von US-Präsident Barack) Obama muss als unerträglicher Angriff auf die Menschenrechte angeprangert werden – ein weiterer nach denen, die der Soldat (und Wikileaks-Informant Bradley) Manning mutig enthüllt hat, und nach den gezielten Hinrichtungen durch Drohnen, Kollateralschäden inklusive, die ohne die geringste Kontrolle von Weißem Haus und Pentagon angeordnet werden.”

“Süddeutsche Zeitung” (München):

“Snowden hat gegen das US-Gesetz, er hat gegen US-Geheimhaltungsvorschriften verstoßen; aber er kann sich auf Rechtfertigungs- und Entschuldigungsgründe berufen. Er hat Landesverrat begangen, ohne ein echter Verräter zu sein, weil er dem Rechtsstaat Nothilfe geleistet. Das verdient Anerkennung, durch Justiz und Staat, in Deutschland und in Amerika. Die Anerkennung durch den deutschen Staat könnte in einer, womöglich vorübergehenden Aufenthaltserlaubnis liegen; dann könnte Snowden versuchen, sich Asyl zu erstreiten. ”

“Der Tagesspiegel”:

“Europas Regierende müssen nicht bloß eingestehen: Ja, wir haben es geahnt, aber wir wollten es nicht so genau wissen, schließlich spielen unsere Geheimdienste das gleiche Spiel. Nein, außerdem sollten sie umgehend dem unwürdigen Treiben des Putin-Regimes mit dem Helden der Aufklärung ein Ende machen und Snowden das bieten, was er längst verdient: politisches Asyl. Richtig, das kann bei Obama und seinen Diensten böse Stimmung hervorrufen. Aber es wäre das richtige Zeichen. Nur wer Snowdens Verdienst anerkennt, kann glaubwürdig auf Abrüstung und Kontrolle aller Cyberarmeen in der Welt dringen. Die Verhandlungen könnten morgen beginnen. ”

“Frankfurter Rundschau:

“Snowden hat Millionen Europäern gezeigt, dass ihr Privatleben für die NSA nicht privat ist. So jemand ist kein Verräter. So jemand verdient Hilfe. Die allerdings verdienen Tausende andere auch. Snowden ist ein in der ganzen Welt bekannt gewordener Kämpfer für mehr Bürgerrechte und Rechtsstaatlichkeit. Viele Mutige bleiben anonym. Und ihre oft erfolglosen Versuche, in Deutschland Schutz vor Folter und Repression im Iran, in Syrien, Sierra Leone oder auch Russland zu erhalten, bleiben im Dunkeln – es sei denn, die Asylbewerber verlassen die ihnen zugewiesenen Flüchtlingsheime und bauen in Berlin oder München eine Zeltstadt auf. Dann spricht man über sie und über das deutsche Asylsystem. Aber im Alltag geht ihr Schicksal meistens unter.”

“Frankfurter Allgemeine Zeitung”:

“Dagegen ist die Bundesregierung auf Informationen angewiesen, die verlässlicher sind als die von Herrn Snowden stückweise verabreichten Unterlagen (…) Doch so lange sie diese Informationen nicht hat, muss sie wie Bundesinnenminister Friedrich am Dienstag in Wiesbaden glaubwürdig vermitteln, dass sie ahnungslos sei, dass die Schnüffel-Affäre vielleicht nicht das sei, was aus ihr gemacht werde, und dass andernfalls die Souveränitätsrechte Deutschlands verletzt worden seien. Den Worten Friedrichs ist zu entnehmen, dass die Bundesregierung im schlimmsten Fall eine Entschuldigung der amerikanischen Regierung erwartet. (…) Im ‘Neuland’ (Angela Merkel) der politischen und rechtlichen Einordnung der digitalen Welt ist das vielleicht der beste Dienst, den sie einem nüchternen Ausweg aus der Affäre erweisen kann.”

“Märkische Oderzeitung” (Frankfurt an der Oder):

“Entkleidet man den Fall Snowden von aller Lyrik, bleibt festzuhalten: Hier hat ein zorniger junger Mann, vielleicht in bester Absicht, Betriebsgeheimnisse verraten und einen Riesenskandal sichtbar werden lassen. Aber Interna würde sich auch keine mittelständische Schrauber-Bude straflos entreißen lassen – wie viel weniger eine staatliche Behörde, deren Geschäft es ist, Geheimnisse zu erfahren und nutzbringend zu verwerten. So intensiv und flächendeckend diese NSA arbeitet, wäre Erich Mielke stolz auf sie und ist man versucht, das Kürzel als Neue Stasi Amerikas zu übersetzen. Die vielen Asylanträge, die jetzt angeblich weltweit von Snowden eingereicht wurden, sprechen für gutes PR-Gefühl, aber sind nicht richtig ernst zu nehmen. Es ist ein Marketing-Gag, der die Handschrift der Wikileaks-Aktivisten trägt.”

(APA)

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