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Für Snowden hagelt es Asyl-Absagen - Formfehler in Österreich

Putins Bedingungen sollen für Snowden unannehmbar sein.
Putins Bedingungen sollen für Snowden unannehmbar sein. ©AP/EPA
Der frühere US-Geheimdienstmitarbeiter Edward Snowden verzichtet nach Kreml-Angaben auf Asyl in Russland. Die meisten der von ihm gestellten 21 Asylanträge, darunter auch jener  in Österreich, wurden von den jeweiligen Staaten abgelehnt. Unterdessen steigt innerhalb der EU der Unmut über die von Snowden offenbarte US-Spionage in Europa.
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Snowden lehnte das von Russland angebotene Asyl ab, da die von Putin auferlegte Bedingung “den USA keinen weiteren Schaden zuzufügen”, unannehmbar sei. Das sagte Kreml-Sprecher Dmitri Peskow am Dienstag Agenturen zufolge in Moskau. Putin hatte am Vortag gefordert, dass der 30-Jährige aufhöre, mit seinen Enthüllungen den USA Schaden zuzufügen.

Putins Bedingungen unannehmbar

Wenn sich Snowden daran halte, könne er in Russland bleiben. Nach Darstellung von Peskow hält der US-Amerikaner diese Bedingung für unannehmbar. Snowden halte sich für einen echten Kämpfer für Wahrheit und Gerechtigkeit, sagte der Sprecher. Peskow bekräftigte zugleich, dass eine Auslieferung Snowdens an die USA nicht in Frage komme. “Kein Land kann Snowden an ein Land wie die USA ausliefern, wo die Todesstrafe angewendet wird”, sagte Putins Sprecher.

Mikl-Leitner: “Antrag nur direkt im Land”

Innenministerin Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) bestätigte am Dienstag vor dem Ministerrat, dass Snowden einen Asylantrag für Österreich gestellt hat. Dieser sei Montagnachmittag bei der österreichischen Botschaft in Moskau eingebracht und anschließend weitergeleitet worden. Mikl-Leitner betonte jedoch, dass ein solcher Antrag nur direkt im Land gestellt werden könne und nicht über die Botschaft. Als Kuriosum hatte sich Ex-Innenminister Ernst Strasser am Montag mit Snowden verglichen und einen Bezug zu seiner Lobbying-Affäre in Brüssel hergestellt.

Grüne fordern Asyl in Österreich

Der Sicherheitssprecher der Grünen fordert ein Asylverfahren in Österreich: “Außenminister Spindelegger muss bei den russischen Behörden sicherstellen, dass Edward Snowden nach Österreich kommen kann, um ihm so ein ordnungsgemäßes Asylverfahren zu ermöglichen. Oder es muss ihm die Innenministerin ein humanitäres Bleiberecht verschaffen. In den nächsten Tagen wird sich zeigen, ob Österreich auf der Seite der Bürgerrechte steht oder sich dem Diktat des amerikanischen Überwachungsstaates beugt.”

Auch Strache will Snowden Asyl geben

Nach Grünen-Chefin Glawischnig hat sich auch FPÖ-Obmann Strache für die Gewährung von Asyl für den ehemaligen US-Geheimdienstmitarbeiter Edward Snowden stark gemacht. “Wer, wenn nicht er?”, meinte Strache in der “Kleinen Zeitung”. Als Aufdecker und Kämpfer für mehr Bürgerrechte sei Snowden ein klassischer Fall für Asyl.

Asylanträge und die internationalen Reaktionen

Der Ex-Geheimdienstler Edward Snowden hat nach seinen Enthüllungen 21 Länder um politisches Asyl gebeten. Die meisten anderen Länder reagierten am Dienstag zurückhaltend. Der Stand der Dinge am frühen Dienstagabend:

  • Viele Staaten argumentieren mit formalen Mängeln. Asylanträge dürften nicht im Ausland, sondern müssten im Lande selber gestellt werden. Dazu gehören neben Österreich auch Deutschland, Finnland, Irland, Norwegen, Polen und Spanien. Auch Ecuador, wo der 30-Jährige nach seiner Flucht aus Hongkong Asyl beantragt hat, rückt mittlerweile von ihm ab. In Deutschland wird er kein Asyl erhalten. Klare Absagen gab es auch aus Brasilien und Indien.
  • Aus anderen Ländern heißt es, ein offizieller Asylantrag liege bisher nicht vor. Dazu gehören: Bolivien, Frankreich, die Schweiz und Venezuela.
  • Keine offizielle Stellungnahme gab es bis Dienstagnachmittag aus China, Island, Italien, Kuba, Nicaragua und den Niederlanden.

Auch Deutschland lehnt Aufnahmegesuch ab

Am Dienstagabend hat auch Deutschland das Aufnahmegesuch Snowdens abgelehnt. “Die Voraussetzungen für eine Aufnahme liegen nicht vor”, teilten das Auswärtige Amt und das Innenministerium in Berlin mit. Snwoden, der sich in Moskau aufhält, hatte per Fax einen Antrag auf Asyl in Deutschland an die deutsche Botschaft in Moskau geschickt.
Nach deutschem Recht können Flüchtlinge politisches Asyl nur auf deutschem Boden beantragen, Snowden müsste dafür zunächst nach Deutschland gelangen. Aus dem Ausland möglich gewesen wäre aber eine Aufnahme aus humanitären Gründen oder bei Vorliegen eines “politischen Interesses” der Bundesrepublik.

Deutschlands Innenminister Hans-Peter Friedrich (CSU), dessen Haus für die Prüfung des Aufnahmeersuchens zuständig ist, hatte im Laufe des Tages Skepsis darüber geäußert, dass Snowden aus humanitären Gründen eine Aufenthaltserlaubnis bekommen werde – schließlich seien die USA ein Rechtsstaat mit demokratisch gewählten Vertretern.

Ecuador rückt von Snowden ab

Ecuador rückt offenbar immer weiter von dem früheren US-Geheimdienstmitarbeiter Edward Snowden ab. Präsident Rafael Correa sagte in einem Interview mit der britischen Zeitung “The Guardian”, sein Land habe dem US-Informanten nie zur Flucht verhelfen wollen und prüfe einen Asylantrag derzeit noch nicht. Snowden müsse erst ecuadorianisches Territorium erreichen, ehe das Land einen Asylantrag bearbeiten könne.

Correa sagte weiter, seine Regierung habe Snowden mit der Ausstellung von vorübergehenden Reisedokumenten nicht zur Flucht nach Hongkong verhelfen wollen. “Das war ein Fehler unsererseits.”

EU sieht US-Spionage als Provokation

Berlin und das EU-Parlament erhöhten unterdessen den Druck auf die USA, die mutmaßliche Datenspionage auch in diplomatischen Einrichtungen aufzuklären. EU-Parlamentspräsident Martin Schulz (SPD) sagte der ARD: “Die Vereinigten Staaten von Amerika spionieren jeden und alles aus und meinen, das sei rechtens.” Das sei aber nicht rechtens, sondern schlicht eine Provokation. Frankreichs Präsident François Hollande forderte in der US-Spionage-Affäre ein geschlossenes Auftreten der EU-Staaten: “Es ist notwendig, dass Europa eine abgestimmte gemeinsame Position hat.”

Wahlkampfthema in Deutschland

Heftig werden die Vorwürfe im besonders betroffenen Deutschland diskutiert: Wirtschaftsminister Rösler (FDP) sagte der Deutschen Presse-Agentur: “Wirtschaftsspionage unter engen Partnern ist nicht akzeptabel. (…) Sollte der Verdacht zutreffen, muss das abgestellt werden.” Innenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) meinte hingegen, bisher gebe es keine Beweise oder Fakten, sondern nur Medienberichte, dass die Bundesregierung, deutsche Botschaften oder deutsche Internetknoten ausgespäht wurden. Wäre dies der Fall, wäre das eine Verletzung der Souveränitätsrechte Deutschlands.

SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück erwartet von Bundeskanzlerin Merkel “eine klare Stellungnahme”, dass das Abhören durch US-Stellen “für sie genauso inakzeptabel ist wie für mich”. Er sehe derzeit nicht, wie die EU und USA über eine Freihandelszone verhandeln könnten.

Auch die deutsche Industrie zeigte sich beunruhigt, was mögliche Wirtschaftsspionage durch die USA angeht: “Wir wissen derzeit nicht, in welchem Umfang deutsche Unternehmen von den Aktivitäten der NSA betroffen sind”, sagte Stefan Mair, Mitglied der Hauptgeschäftsführung des Industrieverbandes BDI. Die Verhandlungen über ein Handelsabkommen sollten “im gegenseitigen Respekt und Vertrauen geführt werden”.

Freihandelsabkommen auf der Kippe

Die EU-Kommission und die USA hatten kürzlich am Rande des G8-Gipfels in Nordirland die Gespräche über den Aufbau der größten Freihandelszone der Welt offiziell begonnen. Die Wirtschaft hofft durch das Handelsabkommen EU/USA auf bis zu 100 000 neue Jobs allein in Deutschland sowie bis zu 200 Milliarden Euro mehr Wirtschaftsleistung auf beiden Seiten des Atlantiks. (APA/dpa/AFP/Reuters/red)

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